Leser der Viechtacher Ausgabe der Passauer Neuen Presse kennen diesen Musiker – trotz seiner Jugend – schon seit vielen Jahren. Leonard Beckers Begabung, Fleiß und musikalische Meisterschaft fällt auf, im Schulkonzert, bei Jugend musiziert, bei Profi-Wettbewerben. Jetzt hat der Gitarrist seine Debüt-CD veröffentlicht, die erneut von einer begeisternden Frische und Reife zeugt.
Zu hören ist darauf die eingängige, hochmelodische und doch schwer zu meisternde Musik von Mario Castelnuovo-Tedesco, der von 1895 bis 1968 lebte und als einer der wichtigsten Komponisten Italiens im 20. Jahrhundert gilt. Nach seiner Begegnung mit dem wegweisenden spanischen Gitarristen Andrés Segovia, der die klassische Gitarre weltweit populär machte, schrieb der Italiener über hundert Werke für Gitarre, zu deren klassischem Charakter sich oft eine iberische Inspiration gesellt, oder auch ein Anklang von Filmmusik – nicht umsonst studierte bei Castelnuovo-Tedesco auch ein gewisser John Williams, der später die Melodien für "Star Wars", "Der weiße Hai" und "Harry Potter" schreiben sollte.
Diesen Komponisten stellt der Viechtacher Gitarrist als Komponisten erlesener Kammermusik vor: Auf der Debüt-CD zu hören sind das rund 25-minütige Quintett op. 143 für Gitarre und Streichquartett, die bukolischen Ecloghe op. 206 für Gitarre, Flöte und Englischhorn, die Fantasia op. 145 für Gitarre und Klavier sowie die Sonatina für Flöte und Gitarre op. 205.
"Manche Gitarrenkomponisten schränken sich in der Harmonik sehr ein", sagt Leonard Becker. "Aber Castelnuovo-Tedesco hat sich ans Klavier gesetzt, komponiert und sich nicht gekümmert, ob die Musik auf der Gitarre realisierbar ist. Da muss man kreativ sein und ein paar Töne weglassen oder auch hinzufügen." Er findet es schade, "dass bei der Gitarre das Solospiel so überhöht wird, denn es gibt so viel wunderschöne Kammermusik für Gitarre." Sein Musikertum versteht er so, "dass man nicht sechs Stunden am Tag im Elfenbeinturm sitzt und übt, sondern dass man sich mit Leuten trifft und gemeinsam miteinander Musik macht". In seinem Fall sind diese Leute: Louis Vandory, Valerie Steenken, Elisabeth Buchner, Marton Braun, Chloe Dufossez, Clara Isabella Siegle – Mitstudenten von der Münchner Hochschule für Musik und Theater, wo Becker seit 2017 bei Franz Halasz studiert, ab Herbst im Masterstudiengang. Zusammen mit den vier erstgenannten bildet Leonard Becker das Tedesco-Quintet.
Die Aufnahme der CD in Thomas Bauers berühmtem Konzerthaus Blaibach mit Tonmeister Michele Gaggia im Februar 2020 war der bisherige Höhepunkt der steten musikalischen Fortentwicklung: 2015 gewann der 1999 geborene Leonard Becker einen ersten Preis beim Bundeswettbewerb Jugend musiziert, 2017, im Jahr des Abiturs, erhielt er den Nachwuchs-Kulturpreis im Landkreis Regen, 2019 gewann er den ersten Preis beim Kammermusikwettbewerb "Gerhard Vogt" – mit derselben Besetzung und demselben Stück, das dem Ensemble und der CD den Namen gab: "Tesesco-Quintett". Becker schickte die fertige gemischte Aufnahme an Plattenfirmen, das bekannte Label Naxos sagte zu.
Die Hochschule hat die Musiker sehr unterstützt, mit Unterricht, Kontakten und mit der Leihgabe eines Instruments von Matthias Damann aus Neuburg am Inn. Mehrfach spielte Leonard Becker im Konzerthaus Blaibach, im Sommer 2022 ist sein Quintett wieder auf der Bühne zu erleben.
Raimund Meisenberger
Mario Castelnuevo-Tedesco: Guitar Quintet, Naxos, ca. zehn Euro
