Ortenburg
Ein perfektes Bayern-Jahr – "und wir sind nicht dabei"

Mitglieder des Fanclubs Wolfachtal sehnen Rückkehr ins Stadion herbei – Vorstand Albert Krautstorfer: "Eine komische Zeit"

28.01.2021 | Stand 20.09.2023, 6:17 Uhr

Dank an den "Kult-Busfahrer": Fanclub-Vorstand Albert Krautstorfer (r.) überreicht Bernhard Dobler zum 50. Geburtstag ein signiertes Bayern-Trikot. −F.: B. Krautstorfer

"Es ist schon eine komische Zeit." Albert Krautstorfer, der Vorstand des FC Bayern-Fanclubs Wolfachtal, ist hin- und hergerissen. Freudig, weil "seine Bayern" mit fünf gewonnenen Titeln das erfolgreichste Jahr der Vereinsgeschichte hinter sich haben. Und doch auch traurig, weil die Anhänger des deutschen Fußball-Rekordmeisters seit fast einem Jahr nicht mehr live dabei sein dürfen in der Allianz-Arena.

"Sicher schaut man sich jedes Spiel im Fernsehen an. Aber es wäre doch viel schöner, wenn man das mal wieder zumindest in der Gemeinschaft mit den anderen Fanclub-Mitgliedern machen dürfte. Das gesellschaftliche Miteinander fehlt uns schon sehr. Aber das geht in diesen Zeiten leider allen Vereinen so", sagt der 64-Jährige. Zumindest im Kreise der Familie wird jedes Bayern-Spiel doch zum kleinen Event gemacht. Ehefrau Birgit, Sohn Uli (25), die beiden Töchter Kerstin (22) und Anna (18) sowie Enkel Niclas (3) sind ebenfalls eingefleischte "Rote". "Für mich wurde schon am Tag meiner Geburt der Mitgliedsantrag beim Fanclub ausgefüllt. Ein richtiges Mitspracherecht hatte ich also nicht. Aber das passt schon", lacht Tochter Kerstin. Die 22-Jährige ist mittlerweile als Beisitzerin in der Vorstandschaft des 150 Mitglieder zählenden Vereins aktiv. Im Hause Krautstorfer wird übrigens Toleranz groß geschrieben. "Wir haben nichts gegen Sechziger-Fans. Das ist ja auch ein bayerischer Verein. Und überhaupt war mein Vater ein Anhänger des 1.FC Nürnberg", schmunzelt Papa Albert.

Er hatte 1994 die "Wolfachtaler" mitgegründet und gleich die Verantwortung als Vorstand übernommen. Als sich dreifacher Nachwuchs einstellte, nahm er eine siebenjährige Auszeit, seitdem fungiert er wieder als "Präse". "Mir macht dieses Amt einfach Spaß. Es ist schön zu sehen, dass die Leute gerne dabei sind. Wir sind auch immer bemüht, etwas auf die Beine zu stellen. Letztes Weihnachten haben wir beispielsweise jedem Mitglied ein kleines Geschenk geschickt. In Zeiten, wo man sich nicht wie gewohnt treffen darf, haben sich darüber alle richtig gefreut", erzählt der Ortenburger. Auch in der Heimatgemeinde bringen sich die Bayern-Fans immer wieder ein. "Wir machen regelmäßig Aktionen zusammen mit dem Seniorenheim, wie Maibaumaufstellen oder Ähnliches. Zudem reichen wir gerne Spenden an den Wildpark oder den Kindergarten weiter", zählt Krautstorfer auf.

Natürlich steht und fällt aber ein Fanclub mit den Fahrten zu den Spielen des FCB. Das ist aber schon einige Zeit her. "Das letzte Mal haben wir die Allianz Arena 2019 bei einer Stadion-Besichtigung mit vielen Kindern im Rahmen unseres Ferienprogramms von innen gesehen", erinnert sich Kerstin Krautstorfer. Auch das sei ein schönes Erlebnis gewesen. Fußball live ist aber doch eine ganz andere Hausnummer. "Es ist zwar für uns als kleinen Fanclub nicht ganz leicht, immer an Karten zu kommen. Dank der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit den Vilstaler Kollegen ist das aber immer gut gelungen. Mir tun die vielen Menschen leid, die normalerweise als Ordner, Securitys oder Verkäufer bei solchen Spielen beschäftigt sind. Oder die zahlreichen Busunternehmen, die regelmäßig die Fans chauffieren. Sie alle müssen derzeit schmerzliche Einbußen hinnehmen. Ich hoffe, dass diese strengen Beschränkungen vielleicht im Sommer oder dann spätestens nächstes Jahr wieder aufgehoben werden", wagt Albert Krautstorfer einen Blick nach vorne.

Kürzlich hatte der Fanclub-Chef Gelegenheit, sich beim Kult-Busfahrer der "Wolfachtaler" erkenntlich zu zeigen. Bernhard Dobler vom gleichnamigen Ortenburger Bus-Unternehmen, feierte seinen 50. Geburtstag und wurde mit einem signierten Bayern-Trikot beschenkt. "Seit mehr als 25 Jahren bringt er uns sicher ans Ziel und wieder heim. Wir blicken zurück auf unvergessliche Fahrten nach Dortmund, Berlin, Nürnberg, Kaiserslautern oder sogar Mailand, wo 2001 das Endspiel in der Champions League gewonnen wurde", lobt Krautstorfer. "Damals waren unsere Leute noch meist als Hardcore-Fans mit Kutte unterwegs", erzählt Kerstin Krautstorfer. Mittlerweile sei man vornehmlich mit Familien auf Tour. Und das auch regelmäßig im Sommer beim gemeinsamen, von Bernhard Dobler organisierten Kurz-Urlaub an der Adria in Bibione oder Jesolo.

Auf den Italien-Ausflug musste man im letzten Jahr verzichten, auch heuer will man sich eventuell auf Trips in der Region beschränken. Und auch wenn die Aussichten auf eine Rückkehr in die Allianz Arena bescheiden sind, so ganz gibt man die Hoffnung nicht auf. Albert Krautstorfer: "Natürlich wird die Nachfrage riesig sein, wenn man mal wieder ins Stadion darf. Aber die Atmosphäre vor dem Fernseher in leeren Arenen ist doch eher trostlos. Da ist ja auf den Plätzen in Ortenburg oder Dorfbach mehr Stimmung."