Es muss sich gut anfühlen, Ed Sheeran zu sein. Knapp drei Jahre ist der Brite inzwischen offenkundig glücklich verheiratet, seit kurzem Vater einer kleinen Tochter, anerkannt und beliebt bei prominenten Kollegen von Taylor Swift über The Weeknd bis zu Elton John. Und nicht zuletzt ist er der momentan erfolgreichste Singer-Songwriter der Welt, mit Alben in Millionen-Auflage und milliardenfach gestreamten Liedern – ein Gitarrenmann, der vor gut zehn Jahren noch in Pubs spielte und jetzt Stadien ausverkauft.
Video "Visiting Hours"
Im Interview gibt der vierfache Grammy-Gewinner so überzeugend den freundlichen Knuddelbären, dass man sich fragt, ob ein so märchenhaft perfektes Musikerleben wirklich wahr (oder doch nur inszeniert) sein kann. Das mit Spannung erwartete fünfte Sheeran-Album, das am Freitag erscheint, wird am Erfolg des 30-jährigen Superstars aus Halifax in England wenig ändern.
Die ersten daraus veröffentlichten Lieder kündigten bereits weitere Hits an: Die Gitarrenballade "Visiting Hours" zeigte Sheerans Qualitäten als gefühlvoller Sänger, das bisschen Gospel-Kitsch ließ sich verschmerzen. Zwei Singles mit modischen Elektro-Beats und Ohrwurmmelodien wurden zu weltweiten Abräumern. "Bad Habits" belegte nahezu überall den Spitzenplatz der Hitparaden: Fast 200 Millionen Aufrufe bei Youtube und mehr als 585 Millionen Streams bei Spotify zwischen Juni und Oktober, das schafft derzeit kaum ein anderer Popmusiker. "Shivers" steuert seit September auf eine ähnliche Hit-Größenordnung zu, auch dieser Song wurde bei Spotify weit über 160 Millionen Mal abgerufen. Man muss kein Prophet sein für die Annahme, dass unter den anderen elf Stücken noch mehr Volltreffer sind. Vielversprechende Songtitel wie "The Joker And The Queen", "Stop The Rain", "Overpass Graffiti" oder "Love In Slow Motion" sollten sich die Fans schon mal für ihre Playlists vormerken.
Video "Shivers"
Erneut hat Sheeran die Platte mit einem mathematischen Zeichen benannt: Sie heißt "=", im Englischen ausgesprochen als "equals". Nach dem Debüt "+" (2011), "x" (2014) und ":" (2017) war das "No. 6 Collaborations Project" (2019) ein Zwischenschritt. Nun nimmt der Sänger seine ungewöhnliche Titelserie wieder auf.
Apropos Serie: Wie auf einer Perlenschnur reihen sich die bisherigen Erfolgsalben des Sängers, der 2017 mit 26 Jahren von Prinz Charles die Auszeichnung "Member of the Order of the British Empire" (MBE) erhalten hatte.
Dabei wirkt dieser Star auch in seinen jüngsten Auftritten so normal wie nur möglich. T-Shirt, schwarze Cargo-Hose, Sneakers – so kreuzte Sheeran im September zum RTL-Interview auf. Dort erzählte er, dass seine Frau Cherry "montags und dienstags" arbeite, und dass sein größtes Glück Töchterchen Lyra sei: "Ich liebe es, Vater zu sein. Es ist einfach das Beste." Sheerans Glückssträhne ist allerdings hart erarbeitet: "Ich habe in den letzten paar Jahren ungefähr 230 Songs geschrieben", verriet er dem Magazin "GQ". "Man muss in einem regelmäßigen Schreibfluss sein – wie wenn man einen Muskel trainiert." Und wie schätzt er selbst das aktuelle Ergebnis ein? "Zuallererst soll sich diese Platte wie eine warme Umarmung anfühlen." Einfach ein netter Kerl, dieser Ed Sheeran.
Werner Herpell
•Warner Music, CD ca. 18 Euro
