Drama: Druckerei Erdl geht in Insolvenz

1992 trat Oskar Erdl von der Spitze des Unternehmens ab. Die Verleger-<F></F>familien Erdl/ Wolfgang Huber setzten in Folge verschiedene Geschäftsführer ein. Aber sie hatten es schwer, denn vor allem mit der Druckerei ging es bergab, bis sie schließlich in die Insolvenz gehen musste. Es war ein Drama in Trostberg.

19.10.2018 | Stand 19.10.2018, 4:00 Uhr

Die im September 2001 eingeweihte Rotation war sieben Millionen Euro teuer, lief aber nie richtig. Es war die größte Fehlinvestition des Verlags. −Fotos: red

Aber der Reihe nach: Oskar Erdl – in die Jahre gekommen – holte mit Lothar Wild einen Betriebsleiter. Er war ein absolut fähiger Mann, sehr streng, aber konsequent. Verlag und Druckerei liefen zu diesem Zeitpunkt bestens. Mit Fritz Föttinger schickte er eine der am besten ausgebildeten Führungskräfte des Hauses auf Kurse. Aber dann folgte der große Knall: Wild und Föttinger verließen das Unternehmen gemeinsam und bauten im nahen Kienberg eine eigene Druckerei F&W auf, die heute floriert und Druckaufträge bis aus den USA erhält. Die Kienberger sind auch "Hausdruckerei" des FC Bayern München.

Millionenauftrag platzteFür Oskar Erdl war das ein bitterer Schlag. Jetzt galt es, das Schlimmste zu verhindern und die Arbeitsplätze zu sichern. Sohn Oskar Erdl jun. arbeitete kurze Zeit in der Führung mit, entschied sich dann aber, den Buchladen, den bereits seine Mutter geführt hatte, am Vormarkt in Trostberg zu übernehmen. Michael Grethe kam ins Haus, arbeitete zusammen mit Wolfgang Bonin, der sich im Hause Erdl hochgearbeitet hatte, in der Führungscrew.

1992 trat Oskar Erdl ab. Ab da galt Wigbert H. Schacht als großer Hoffnungsträger, musste nach diversen Rückschlägen und einem langen Arbeitsgerichts-Streit mit dem leitenden Redakteur Karlheinz Kas nach vier Jahren aber das Haus verlassen.

Alles überwacht wurde damals aus München von Dr. Alois Erdl, der sich erstmals intensiv auch ins Tagesgeschäft in Trostberg einmischte. Schacht hatte aber auch Pech. Ein Millionenauftrag aus Salzburg platzte. Riesige Investitionen waren dafür in der Technik getroffen worden.

Im Januar 1997 schied der technische Leiter, Wolfgang Bonin, ein echter Trostberger, auf eigenen Wunsch aus. Es war das Jahr, in dem die Gesellschafter mit Georg Blank einen neuen Geschäftsführer unter Vertrag nahmen. Blank konnte aber erst am 1. Juli 1997 starten, so dass für ein halbes Jahr Robert Biendarra (früher Süddeutsche Zeitung) bevollmächtigt wurde, das Unternehmen in allen Belangen zu vertreten.

Georg Blank schied am 12. Januar 2006 aus dem Unternehmen aus. Unter seiner Regie wurde die Erdl KG zu Beginn des Jahres 2004 getrennt. Verlag und Druckerei wurden in zwei selbstständige Firmen aufgeteilt, blieben aber noch unter einem Dach an der Gabelsberger Straße 4 - 6.

Nach Georg Blank kam Michael Scholl, der zunächst für Verlag und Druckerei verantwortlich zeichnete, nach dem Einstieg von Heinz Alt aber nur noch Geschäftsführer der Druckerei war. Alt kam vom Süddeutschen Verlag nach Trostberg und arbeitete hier sieben Jahre. Er hatte erste Erfahrungen als Objektleiter des Jugendmagazins "Jetzt" des Süddeutschen Verlags gesammelt, war danach Anzeigenleiter für den Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag in Flensburg und Verlagsleiter der "Frankenpost" in Hof.

Neues Gesicht für die LokalzeitungAlt trieb in Trostberg die Restrukturierungsmaßnahmen voran. Er richtete Verlag und Redaktion neu aus. So wurde Karlheinz Kas, der heute 43 Jahre der Redaktion angehört, die alleinige Verantwortung übertragen. Neun Redakteure arbeiteten in Trostberg und Traunreut – so wie heute auch.

Die Lokalzeitung bekam unter Alt auch ein neues Gesicht. Die Titelseite war nicht mehr ausschließlich politischen Themen vorbehalten, sondern den wichtigsten Nachrichten aus der Region. Die Leser schätzten vor allen Dingen den starken lokalen Anspruch auf Seite 1. Sie hatten den Relaunch (Neugestaltung) auf Anhieb angenommen. So konnte der Erdl-Verlag bundesweit auch für Aufsehen sorgen, als zum achten Mal in Folge bei der Auflage die Quartalszahlen des Vorjahres gesteigert wurden.

Heinz Alt hatte aber auch schwere Zeiten zu überstehen. So war er es, der für die Druckerei Insolvenz anmelden musste. Verschiedene Versuche, die Druckerei in Trostberg doch noch am Leben zu erhalten, scheiterten. Vor allem die Firma Zuber, die bis dato eine kleine Druckerei in Trostberg betrieb, hängte sich gewaltig rein. Das Aus war aber nicht zu verhindern. Es war ein Drama für Dutzende Beschäftigte, die viele Jahre mit Erdl verwurzelt waren und plötzlich auf der Straße standen.

Mehrere Mitarbeiter heuerten bei F&W in Kienberg an, einige gingen vorzeitig in Ruhestand, andere versuchten ihr Glück vor dem Arbeitsgericht, und wieder andere wechselten die Branche. Für den Trostberger Arbeitsmarkt war die Druckerei-Insolvenz in jedem Fall ein brutaler Schlag.

Es war auch deshalb so bitter, weil immer wieder in modernste Anlagen investiert worden war und die Auftragslage stimmte. So kam im Jahr 2001 die erste Achtfarben-Offsetmaschine an die Gabelsberger Straße. Es dauerte Wochen bis sie stand. Das Hause Erdl war auch im Bereich des Bogenoffsetdrucks mit einem hervorragenden Maschinenpark ausgestattet.

Im Jahr 2003 erfolgte nach Aufbau und Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2000 durch den TüV Bayern. Das war am 11./12. März – auch ein großer Tag in der Erdl-Geschichte. Und auch die folgenden Überwachunsgaudits − es gab drei pro Jahr – fielen allesamt positiv aus.
Eine Rotation, die nie richtig liefDer größte unternehmerische Fehler in der langjährigen Trostberger Druck-Historie passierte 2001. Für sieben Millionen Euro und mit großer Euphorie wurde im September eine eigene Druckhalle gebaut und eine neue Zeitungsrotation eingeweiht. Damit sollte die Alois Erdl OHG für die Zukunft bestens aufgestellt sein. Aber es war die größte Fehlinvestition in der Zeitungsgeschichte. Die neue Maschine lief nämlich nie richtig rund.

Es handelte sich um eine MAN Roland aus Augsburg, 410 Tonnen schwer, modifiziert von der Maschinenbaufirma Clauberg in Berlin. Die neue Rotation war über zehn Meter hoch, hatte eine Länge von 16 Metern und war 3,50 Meter breit. Die Produktionsgeschwindigkeit stellte alles bisher in Trostberg Dagewesene in den Schatten, denn es konnten 60000 Exemplare in Doppelproduktion gedruckt werden.

Die Maschine hatte drei Mal 120 PS und eine Leistungsaufnahme von 300 Kilowatt, was in etwa dem Bedarf von 30 Haushalten entsprach. Sie bestand aus zwei Satelliten-Druckwerken, einem Achter-Turm und einem U-Druckwerk und war für 64 Seiten ausgelegt.

So weit so gut. Aber schon beim Aufstellen kamen erste Zweifel. Augenzeugen berichten, dass die ersten ausgepackten Teile komplett rostig waren. Die Maschine, die gebraucht gekauft wurde, war bereits mehrere Jahre in Spanien gelaufen, dort abgebaut, generalüberholt und in Trostberg neu errichtet worden.

"Alois Erdl OHG für die Zukunft gerüstet – Die neue Rotation bringt für die Tageszeitung mehr Übersichtlichkeit und Farbe", so titelte das Trostberger Tagblatt am 15. September 2001 in einer Sonderbeilage, die anlässlich eines Tages der offenen Tür herauskam. Tags zuvor war die Maschine eingeweiht worden.

Keine Originalteile mehr aufzutreiben. Das große Problem: Weil die Firma Clauberg in insolvent war, waren keine Original-Ersatzteile mehr aufzutreiben. So hatte die Rotation nur eine kurze Lebenszeit. Schon nach sechs Jahren wurde sie wieder verkauft – zum Schrottpreis.

Für die Rotation hatte auch eine eigene Halle gebaut werden müssen. Im August 1999 hatten dazu erste Gespräche zwischen dem Bauherrn und dem Architekten stattgefunden. Ein Nebengebäude war dafür abgebrochen worden, und am 30. Juni 2000 hatte die Grundsteinlegung auf der Rückseite des Gebäudes, am Lüftenweg, stattgefunden.

Seit 2009 werden Trostberger Tagblatt, Traunreuter Anzeiger und Südostbayerische Rundschau in Passau gedruckt.

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