Botanischer Garten München
Die Wildnis im Topf: Kulturgeschichte der Zimmerpflanze

11.08.2019 | Stand 11.08.2019, 15:59 Uhr

Der Botaniker Andreas Groeger ist Modeerscheinungen unter Zimmerpflanzenfreunden nachgegangen und hat die Kulturgeschichte des grünen Lebens im Topf erforscht. −Foto: Sabine Busch-Frank

Wenn der ansonsten sehr sympathische Andreas Groeger von seinen Freunden nicht mehr nach Hause eingeladen werden sollte, braucht er sich nicht zu wundern. Sein Blick auf Zimmerpflanzen gebiert Komplexe: Die stolze Orchidee am Fensterbrett? Nur eine billige Meristem-Vermehrung! Die Zamioculcas, auch Glücksfeder genannt, mit ihren satt glänzenden Blättern? Wuchert wie Unkraut! Der Botaniker arbeitet als Oberkonservator im Münchner Botanischen Garten und hat sich gerade auf heikles Terrain begeben: die Erforschung der Zimmerpflanze, welche ganz anderen Lebensbedingungen standhalten muss als ihre edle Konkurrenz in den Gewächshäusern. Das Ergebnis seiner Mühen ist derzeit in der Ausstellung "Als die Tropen unsere Wohnzimmer eroberten: Kleine Geschichte der Zimmerpflanzen" zu bestaunen.

Erst zweihundert Jahre währt ihre Geschichte. Zuvor gab es für Privatleute überwiegend Nutzgärten und in Wohnungen höchstens mal ein Veilchensträußchen. Die Bedingungen von Export und Transport, aber auch die Bausubstanz mussten passen, damit Exoten auf europäischen Fensterbänken Einzug halten konnten. Abenteuerlich war die Reise der Ableger: Sie wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Pflanzenjägern auf der ganzen Welt nahe exotischer Hafenstädte eingesammelt und in Behältnisse gestopft, bevor sie im Rumpf schwankender Schiffe monatelang auf See waren.

Bald zogen Pflanzen als Renommierobjekte in die Salons der Gründerzeit ein. Bei einigen war Kenntnis und Sorgfalt gefragt, wenn sie in zugigen und wechselhaft beleuchteten Räumen gedeihen sollten. War einst üppig und groß angesagt und sollten Dornen und prächtige Blüten Eindruck schinden, machten in kleineren Wohnungen der Nachkriegszeit zierliche Pflanzen das Rennen. Später standen Topfblumen unter Spießerverdacht, Hippies liebten Flaschengärten. Derzeit sind wieder großblättrige Pflanzen angesagt: Kinder der 60er und 70er finden viele alte Bekannte wie Bogenhanf, Yucca, Ficus und Pfennigbaum . . .

Bis 3.9., Botanischer Garten München, Menzinger Straße 65, tägl. 9−18.30 Uhr, ab September bis 17.30 Uhr, zur Ausstellung ist eine Broschüre erhältlich

Mehr zum Thema lesen Sie am 12. August im Feuilleton der Passauer Neuen Presse.

Das Kultlied zur Topfpflanze