Waging am See
Die "Weihnachtsfeier", die keine war - Anonyme Vorwürfe

14.01.2021 | Stand 19.09.2023, 23:15 Uhr

Anonyme Schreiben und Transparente: In der VG Waging am See rührt sich etwas. −Foto: Sojer

Dass Nachbarn bei Polizei und Behörden angeschwärzt werden, ist seit Beginn der Corona-Pandemie nichts Neues. In Waging trifft es nun den Bürgermeister und fast die halbe Rathaustruppe, das ist allerdings schon ein Novum. Vom Geschäftsstellenleiter über den Kämmerer und die Abteilungsleiter bis hin zu den Gemeindewerken und Teilen des Gemeinderates.

Der Vorwurf in dem Schreiben an die Heimatzeitung: Eine illegale Weihnachtsfeier am 18. Dezember. Es sei bekannt geworden, dass eine Person darunter Covid-positiv war. "Von Bürgermeister und Geschäftsstellenleiter wurde angeordnet, sollte die Sache bekannt werden, müssen alle, auch diejenigen, die gar nicht eingeladen waren, sagen, es hätte sich um eine dienstliche Veranstaltung gehandelt." Soweit der "O-Ton". Unterzeichnet wurde die "Mitteilung" wie das Schreiben genannt wurde, mit "Aufmerksame Bürger".

Bürgermeister Matthias Baderhuber war zunächst einmal sprachlos. "Das stimmt definitiv nicht", äußerte er sich gegenüber der Südostbayerischen Rundschau. "Es hat keine Weihnachtsfeier gegeben." Man sei bei einer Besprechung vielleicht noch "etwas länger" als eine Viertelstunde zusammengesessen. "Aber es hat nix zu essen gegeben, koa Platzerl, nix!" "Ja, Wahnsinn! Das ist eine Unterstellung!", so der Rathauschef. An der Sache "ist gar nichts dran". Derjenige, der das Schreiben verfasst hat, solle sich selber bei ihm melden. "Auf anonyme Sachen, da geh’ ich normalerweise nicht ein. So etwas haben wir öfter im Briefkasten." Dass der Absender vielleicht anhand des Schriftbildes zu ermitteln sei, das funktioniert hier nicht. Der Brief ist auf dem PC verfasst.

Und warum saß man im Rathaus noch die Viertelstunde länger zusammen? "Weil’s halt so war", sagt Baderhuber und schiebt nach, dass das nicht ganz konform gewesen sei.

"Die Vorwürfe beziehen sich auf etwas anderes", glaubt der Bürgermeister. "Wir hatten einen Covid-Fall im Rathaus, aber da ist damals sofort reagiert worden." Da bringe jemand etwas durcheinander. "Vielleicht outet sich derjenige ja bei der Bürgerversammlung."

Im Übrigen würden im Rathaus sämtliche Vorgaben in der Corona-Pandemie eingehalten. Andere Behauptungen weise er entschieden zurück. Die FFP2-Masken, die ab Montag in Bus und Bahn sowie in Supermärkten zu tragen sind, verwende man schon seit Monaten bei Besprechungen. Auch sei er bei einem Covid-Fall in der Schule seiner Tochter vorsichtshalber in freiwillige Quarantäne gegangen, betont Baderhuber.

"Was gibt es denn für Alternativen?"

Nicht nur anonyme Briefe, sondern auch "über Nacht" angebrachte Protesttransparente sind Folgen der Pandemie-Beschränkungen. "Lockdown beenden − wir sind frei" hieß es da am Montagmorgen – schön groß geschrieben – in Tettenhausen. Genauer gesagt, am Zaun der Stockschützenanlage des EC, die Gemeindeeigentum ist. Vorstand Thomas Winkler geht davon aus, "dass es wohl jemand aus dem Dorf war." Das Plakat hing gerade mal einige Stunden, dann räumten es Bauhofmitarbeiter weg. "Inhaltlich kann ich so etwas nicht dulden", sagt Wagings Bürgermeister. Es gebe eine Plakatierverordnung und "wir sind nicht ,frei’". Er meine, was Covid betrifft, korrigiert sich Baderhuber. Derzeit habe die Verwaltungsgemeinschaft etwas über 100 Corona-Fälle. Natürlich könne man die wirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns diskutieren, "aber was gibt es denn für Alternativen zum Vorgehen Söders?" Er verstehe die Sorgen vieler, aber es gelte, die Pandemie in Griff zu bekommen, die Kontakte zu beschränken. "Ich bin sogar der Ansicht, wir haben mit dem Lockdown zu lang gewartet", sagt der Wonneberger. "Das Schlimmste wäre doch, wenn das Gesundheitssystem kollabiert."

Dass viele Eltern ihre Kinder gerne wieder auf der Schulbank sähen, kann Baderhuber nachvollziehen. "Wenn die Schulen in der Verwaltungsgemeinschaft Luftreinigungsfilter wollen, dann bekommen sie sie auch. Das haben wir schon kommuniziert." Pro Schüler koste diese Maßnahme etwa 7,50 Euro. "Aber es hilft nichts, wenn ein Schüler positiv ist", gibt der Rathauschef zu bedenken. "Denn dann geht die ganze Klasse in Quarantäne."