Bad Reichenhall
Die letzten Tage des Luisenbads in Reichenhall

17.02.2019 | Stand 17.02.2019, 6:57 Uhr

Gute Zeiten für das Luisenbad: In den Weltkurort Bad Reichenhall kamen Gäste in Scharen. −Foto: Luisenbad

Ein älterer Herr steht im Eingangsbereich des Parkhotels Luisenbad. Auf einen Gehstock gestützt, stolz aufgerichtet blickt Helmut Herkommer den letzten Gästen entgegen, die das Hotel seiner Familie verlassen. Als würde er sie verabschieden, nickt der 87-Jährige ihnen zu oder lächelt leicht. Es ist Sonntag, der 10. Februar , kurz vor 17 Uhr und bald schließt das Luisenbad seine Pforten.

"Schau her, da haben wir gegessen", tönt es von irgendwoher beim Betreten des großen Ludwigsaals. Der weiße Flügel ist zugeklappt. Auf ihm klebt bereits ein Blatt Papier: "Alles verkauft." Zwölf Jahre lang hat Nevo Mavar auf ihm gespielt. Zu Beginn vier Mal die Woche, am Ende nur noch ein Mal. Im November hatte der 78-Jährige seinen letzten Tag. Jetzt spielt er nicht mehr. "Ich blicke mit Zufriedenheit zurück. Ich war mein eigener Herr, habe die Stücke selbst ausgewählt und oft eigene Musik gespielt." Im Luisenbad hat die Atmosphäre immer gestimmt. "Die Leute waren angenehm. Immer schön angezogen, immer gut aufgelegt. Und danach sind wir zusammen an die Bar. Was will man mehr?", erinnert sich der Pianist. Dort, wo einst die Reichen und Schönen seinem Klavierspiel lauschten, stapeln sich jetzt Parmesandosen, altes Silber und Dekorationen auf den Tapeziertischen unter den mannshohen Lüstern.

Es ist Samstag, Tag eins des großen Abverkaufs. Schon am Vormittag drängen sich die Leute zwischen den weißen Säulen im ehemaligen Restaurant. Geschirr, Waagen und "Reserviert"-Schildchen stehen zum Verkauf. Auf den Sesseln im Foyer liegen Bettwäsche, Handtücher und Bademäntel ordentlich übereinander. In Großküche und Kühlhaus beraten die Besucher, welcher der überdimensionierten Edelstahlschränke in die heimische Küche passen könnte. An einer Tür hängt ein Kalender. Die Monate Dezember und Januar sind durchgestrichen. Die Zeichen stehen auf Abschied.

Vor gut einem Jahr wurde offiziell, was sich seit Langem anbahnte. Die Herkommers verkauften das Luisenbad samt seinem 8.000 Quadratmeter großen Grundstück inmitten der Fußgängerzone an die Immobilienfirma Hillebrand aus Wals-Siezenheim. Das Unternehmen wird das Hotel im März oder April abreißen und auf dem Areal ein neues errichten. Außerdem sind Gewerbeflächen und zwischen 50 und 60 Wohnungen geplant. – amr

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