München
Die "Katakomben" von München: Serie startet bei Joyn

11.03.2021 | Stand 19.09.2023, 5:51 Uhr
Nach einem Brand während eines Raves unter Münchens Hauptbahnhof vermisst Nellie (Lilly Charlotte Dreesen, l) ihren Bruder Max. −Foto: Foto: Arvid Uhlig/Joyn/NEUESUPER/dpa

Kaum eine andere Stadt ist so mit Klischees behaftet, wie München: Oktoberfest, Gemütlichkeit, die Schönen und die Reichen. Doch es gibt auch andere Ecken, jenseits der schicken Einkaufsmeilen. Menschen, die in bitterer Armut leben. Die hochspannende, neue Serie "Katakomben" mit Aglaia Szyszkowitz, Sabine Timoteo und Lilly Charlotte Dreesen bringt beide Welten zusammen. In sechs Folgen entfaltet sich eine Mischung aus Drama und Coming-of-Age-Geschichte, zu sehen seit Donnerstag bei Joyn Plus+.

Für eine illegale Rave-Party steigen verwöhnte Rich Kids in die unterirdischen Gänge unter dem Münchner Hauptbahnhof hinab. Wo sonst Obdachlose und Gestrandete Unterschlupf finden, feiern sie, trinken, nehmen Drogen. Plötzlich bricht ein Brand aus und die Teenager fliehen ins Freie. Nur drei Jugendliche tauchen nicht wieder auf. Bei den Ermittlungen wird ein Netz aus Geheimnissen offenbar, in das auch Stadtbaurätin Anna Mahler (Szyszkowitz) verwickelt ist. Seltsam verhalten sich auch die Bundespolizistin Magdalena (Timoteo) und Lisa (Marleen Lohse), die ein riesiges Bauprojekt am Hauptbahnhof betreut.

Regisseur Jakob M. Erwa ("Die Mitte der Welt") inszeniert intensiv, rasant und schnörkellos. Schon die ersten Momente fesseln, auch dank der großartigen Bilder von Kameramann Julian Krubasik. Jugendliche in Glitzeroutfit und Feierstimmung laufen durch den menschenleeren Hauptbahnhof, vorbei an einer Obdachlosen, die sich zum Schutz vor Kälte in ihren Schlafsack eingewickelt hat. Was die Partygänger nicht wissen: Für einige von ihnen wird der Abend zum Horror.

Schlimm ist es vor allem für Nellie. Ihr Bruder Max zählt zu den Verschwundenen. Mit ihrem besten Freund Janosch (Yasin Boynuince) macht sich Nellie auf die Suche und taucht ab in eine Welt, von deren Existenz sie bislang nichts wusste.

Geschickt vermeidet Regisseur Erwa Klischees und setzt auf Szenen, die auch mal an die Schmerzgrenze gehen, weil sie so ehrlich sind. Das ist auch das Verdienst der Schauspieler, allen voran Lilly Charlotte Dreesen ("SOKO Köln - Schrei nach Liebe") als Nellie. Verzweifelt sucht sie nach Max (Nick Romeo Reimann - "Die Wilden Kerle"). Für das Mädchen ist es ein Schock, als sie mit der anderen Seite Münchens jenseits von Champagner, Architektenhaus und Edelmarken konfrontiert wird. Stattdessen sieht sie Menschen, die verzweifelt um Existenz und Würde kämpfen.

Szyszkowicz hatte auf die Rolle der Stadtbaurätin große Lust, auch weil sie selbst in München wohnt und sich dort auskennt. "Es gibt einen großen Reichtum und bittere Armut", sagt die 53-Jährige und warnt: Solche Gegensätze könnten eine sprengstoffhafte Wirkung entfalten. Deshalb sei es wichtig, aufeinander zuzugehen: "Zuhören, nachfragen, verstehen... und helfen. Wo man kann.".

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