Bad Reichenhall
"Die Einsatzbereitschaft steht über allem"

05.02.2019 | Stand 05.02.2019, 19:00 Uhr

Wohin führt Brigadegeneral Jared Sembritzki seine rund 4500 Gebirgsjäger von der Hochstaufen-Kaserne aus? Konkret auf die Reiter Alpe zur Gefechtsübung Berglöwe und nach Mali in den internationalen Einsatz. −Foto: Sabine Zehringer

"Die Truppe kann das Gefecht nicht mehr so", stellt Brigadegeneral Jared Sembritzki nüchtern fest. Das sind seiner Einschätzung nach die Folgen von 20 Jahren Stabilisierungseinsätzen wie Afghanistan, Kosovo oder auch Mali. Da gab es viel Verwaltung, viel Vorsicht, Angst vor zivilen Opfern und viel Herumgerede um den heißen Brei, erklärt der Kommandeur der Gebirgsjägerbrigade 23 gestern beim Jahresgespräch, in dem er selbst kein Blatt vor den Mund nimmt.

Ausufernde Bürokratie in der Bundeswehr, wie der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels beklagte? Mit dieser Kritik geht Sembritzki konform, konkretisiert sie aber selbstkritisch: "Da lauert nicht irgendwo ein Bürokratiemonster dem Militär auf, da sind wir selbst dran schuld." Der General hat eine gewisse Bequemlichkeit in der Truppe geortet, kämpft gegen Zeiterscheinungen wie die Bedeutung des pünktlichen Feierabends oder das Abschieben von Verantwortlichkeit. Von seinen Offizieren erwartet der Brigadegeneral, dass sie den tieferen Sinn der Regeln und Befehle erkennen und entsprechend umsetzen, dabei nicht jede Einzelheit nachfragen. Dann würde es schon erheblich weniger Bürokratie geben.

Von der Mannschaft fordert er soldatisches Denken. "Wir müssen Einsatzbereitschaft nicht nur personell und materiell herstellen, sondern auch geistig verankern." Das fängt bereits beim Handy an, auf das junge Soldaten selbst in der Übung nicht mehr verzichten möchten, und hört bei der europäischen Arbeitszeitrichtlinie nicht auf, die durchaus mal ins Feld geführt wird. "Da sage ich nur: Nö, die ist eine Mär, ihr müsst schon auch mal für 36 Stunden raus zum Üben." Ohne Handy. Und im Zweifel ohne die komplette Ausrüstung. Auf Bedenken, weil beispielsweise Nachtsichtgeräte fehlen, reagiert der gebürtige Berliner gerne auf die Art, die im Restdeutschland als typische Schnodderschnauze der Hauptstädter bekannt ist: "Stimmt, aber wir können deshalb den Krieg nicht absagen." – ze

Mehr dazu lesen Sie in Reichenhaller Tagblatt/Freilassinger Anzeiger in der Ausgabe von Mittwoch, 6. Februar