Passau/München
Die Baulöwen im Fokus der Justiz

20.11.2011 | Stand 21.11.2011, 13:02 Uhr

Das Bau- und Immobilienunternehmen Bayernareal mit Sitz in Passau ist derzeit im Visier der Kriminalpolizei sowie der Justizbehörden, wie die Am Sonntag in ihrer heutigen Ausgabe berichtet. Hintergrund sind gleich zwei pikante Vorgänge: Zum einem drohen geprellte Anleger mit einer Klagewelle gegen den Baugiganten. Zum anderen soll eine Mitarbeiterin über Jahre hinweg Gelder veruntreut und sich damit ein Luxusleben finanziert haben.

Mit angeblich "firmenstrategischen Überlegungen" hat die Bayernareal die Verlegung ihres Standorts von Passau in den Osten der Republik begründet. Es existiert zudem ein ganzes Geflecht an Tochterfirmen. Zuletzt residierte das im Jahr 1970 gegründete Unternehmen, welches auch Filialen in München und Dresden unterhält, in der Neuburger Straße 76. Laut Internetauftritt von Bayernareal befindet sich dort immer noch die Firmenzentrale. Aber inzwischen verraten nur noch große Leuchten an der Fassade, dass hier einmal ein stolzes Werbeschild prangte. Bereits im August hat die Firma das Gebäude angeblich Hals über Kopf verlassen. Die Büros wurden leergeräumt. Laut einer Nachbarin sollen Akten "einfach aus dem Fenster geschmissen" worden sein. Nach Information der AS haben die Baulöwen allerdings ein nach außen nicht namentlich erkennbares Büro am Bayernhafen in Passau bezogen.

Anwalt Holger Buck aus München mag nicht so recht an die lapidare Erklärung der Firma glauben. Er arbeitet für die Kanzlei "Mittil und Kollegen", deren Schwerpunkt die Betreuung von geprellten Anlegern ist. Drei Verfahren, in denen es allerdings noch um vergleichsweise kleine Summen zwischen 10 000 und 30 000 Euro geht, hat Buck bereits am Landgericht in Passau eingereicht. Doch es kommt noch schlimmer für Bayernareal: 50 weitere Klagen sind nämlich noch in Vorbereitung − eine wahre Klagewelle. Die Mandanten von Buck fühlen sich um ihre Geldanlagen betrogen. Es soll insgesamt um einen Betrag von rund einer Million Euro gehen.

Der Anwalt erklärt: Die Bayernareal habe die Gelder als kurzfristige Darlehen mit einer Laufzeit von einem bis zu drei Jahren eingesammelt und dafür Zinsen in Höhe von neun Prozent versprochen. Bereits 2010 sollten die Gelder, die zur Finanzierung eines Luxusprojekts im Münchner Petuelpark verwendet worden sein sollen, zurückfließen. Im Februar 2011 habe die Bayernareal schließlich eingeräumt, dass sie wohl nicht in der Lage ist, den größten Teil der Anlagegelder zurückzuzahlen. Andernfalls drohe die Insolvenz. Bereits zuvor habe man die Anleger immer wieder um die Stundung der Zinsen gebeten. Es sei behauptet worden, dass 80 Prozent des Kapitals für das Projekt Petuelpark verloren sind. Buck zufolge verkaufte die Bayernareal das Projekt allerdings an eine Holdingfirma in Regensburg.

Mit dem Einsammeln der Anlagegelder als Darlehen hat die Bayernareal nach Einschätzung von Experten vermutlich ihre Kompetenzen überschritten und faktisch als Bank gehandelt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist nach Auskunft von Holger Buck bereits mit der heiklen Sache befasst.

In Passau wurde die Firma Bayernareal unter anderem als Bauträger für das Nibelungencenter und das Hotel Passauer Wolf bekannt. Neben Geschäftsgebäuden und Hotels tritt Bayernareal aber auch als Investor exklusiver Wohnanlagen, vor allem im Raum München, auf.

Geld veruntreut, Luxus finanziertBestätigt haben Polizei und Staatsanwaltschaft in Passau mittlerweile die Festnahme einer Mitarbeiterin von Bayernareal diese Woche. Sie soll in den vergangenen Jahren die Firma durch Unterschlagung und Veruntreuung um fast 500.000 Euro geschädigt haben, um damit ihr aufwendiges Luxusleben samt Reisen, Schmuck und Designerklamotten zu finanzieren. Sie sitzt derzeit in U-Haft in einem bayerischen Gefängnis ein. Für eine Anfrage der Am Sonntag war bei Bayernareal seit Freitag niemand persönlich zu erreichen.