Der Schlossherr, der gerne Hausmeister wäre

Von <F>Hans-Rainer Buchmüller </F> kann man vieles lernen. Zum Beispiel, den eigenen Ideen Zeit zum Entstehen und Wachsen zu geben. Das hält er mit der Klinik Angermühle so. Und auch mit Schloss Offenberg. Am Mittwoch feierte er seinen 70. Geburtstag.

20.04.2019 | Stand 21.09.2023, 5:03 Uhr

Dr. Hans-Rainer Buchmüller und seine Frau Ingrid mit den Kindern (v.l.) Leopold, Sophia, Anton und Maximilian. Im Hintergrund ist Schloss Offenberg zu sehen, das die Buchmüllers 1997 gekauft haben und seitdem renovieren. −Fotos: Roland Binder

Unprätentiös. Das ist Hans-Rainer Buchmüller. Ihn drängt es nicht mit Macht ans Licht. Mag er noch so sehr Schlossherr oder Klinikchef genannt werden, noch so viele Visionen auch tatsächlich umsetzen − das ist es nicht, was seine Familie an ihm schätzt. "Er ist zuverlässig, treu und fürsorgend. Ich kann mich total auf ihn verlassen", antwortet seine Frau Ingrid auf die Frage, was sie besonders an ihrem Mann schätze. Keine schlechte Bilanz nach über 30 Jahren Ehe und vier gemeinsamen Kindern. "Warmherzig, total lieb und sehr gebildet" – das mag Tochter Sophia an ihrem Vater. Sie ist mit 25 Jahren das jüngste Kind der Buchmüllers. Es folgen die Söhne Leopold (26), Anton (29) und Maximilian (30). Ihnen lassen die Eltern Liebe, Wärme, Werte und Bildung angedeihen. Alle sind auf einem guten Weg. Maximilian hat Medizin studiert, Anton ist Historiker, Leopold studiert Psychologie und Sophia ist Kulturhistorikerin und Innenarchitektin. Groß geworden sind alle in Berg in der Gemeinde Metten, wo die Familie ihr Zuhause hat. Dort erwartete den Jubilar am Morgen seines Geburtstags eine besondere Überraschung: Die Bernrieder Blasmusik spielte ihm ein Ständchen.

Am 17. April 1949 – einem sonnigen Ostersonntag – wurde Hans-Rainer Buchmüller in Goslar/Harz als fünftes von sechs Kindern geboren, und das nicht mit einem goldenen Löffel im Mund. Trotz einfacher Verhältnisse ermöglichten die Eltern all ihren Kindern ein Studium und das prägt Hans-Rainer Buchmüller bis heute. "Die fleißigen Arbeiter haben unser Land wieder aufgebaut, nicht die Millionäre."

Buchmüller ist ein kluger Kopf. Er studierte in Heidelberg Medizin, Psychologie und Philosophie. Er promovierte 1978, machte seinen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie an den Universitätskliniken in Heidelberg und Mannheim, war nebenberuflich als Anstaltsarzt der dortigen Justizvollzugsanstalt im Einsatz. Bis heute arbeitet er als niedergelassener Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalytiker, Gruppenanalytiker und Supervisor. Zeitweise war Buchmüller Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Deggendorf-Regen und Vizepräsident des Bayerischen Kulturrats. Vielen würde das für zwei Leben reichen.

Ingrid und Hans-Rainer Buchmüller, die sich seit 1987 kennen, haben "nebenbei" auch Herz und Händchen für historische Gemäuer. 1997 kauften sie Schloss Offenberg und entpuppten sich als Glücksfall für die Gemeinde. Sie machten das Schloss wieder öffentlich zugänglich, renovierten und renovieren es fast ausschließlich zusammen mit regionalen Betrieben, sind Gastgeber vieler Veranstaltungen kultureller, kulturpolitischer und gesellschaftlicher Art. Auch als Hochzeits-Location ist das Schloss mittlerweile weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt und arbeitet hier Hand in Hand mit Schloss Egg.

"Seit wir das Schloss gekauft haben, sind wir am Renovieren", erzählt Buchmüller. Mittlerweile sind der Innenhof, die Beletage, der Alte Marstall und die Schmiede unten im Dorf wieder richtige Schmuckstücke. Demnächst sind Erdgeschoß und Obergeschoß an der Reihe. Das Schloss soll ein Kulturobjekt mit Hotelcharakter werden.

"Die Dinge sind immer im Prozess. Es ist wichtig, auf dem Weg zu bleiben. Da lasse ich mich von nichts und niemandem verschrecken", beschreibt Buchmüller seine Herangehensweise. Er hat die Visionen, seine Frau die Zahlen im Kopf. So sieht ein unschlagbares Team aus. Er plant. Sie verwirft. Er überzeugt sie mit neuen Plänen. Sie lassen es gemeinsam wachsen, suchen das Ziel beim Gehen, bis plötzlich alles ganz schnell geht. Deggendorfs ehemalige Oberbürgermeisterin Anna Eder beschreibt das so: "Er hat bisher alles gehalten, was er versprochen hat."

So war es auch mit der Alten Kaserne, die 2003 in den Besitz der Buchmüllers überging. Inmitten des Stadtparks ist seitdem ihre Klinik Angermühle darin untergebracht. Gegründet 1994, werden seit 25 Jahren viele tausend Patienten pro Jahr behandelt: in der Tages- und Nachtklinik, auf der Station für Psychosomatik, der Facharztpraxis Neurologie und Psychiatrie oder im Schlaflabor – das größte seiner Art in Bayern. Einige Wegbereiter waren Gäste beim 70. Geburtstag: Deggendorfs Alt-Oberbürgermeister Dieter Görlitz, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Barthl Kalb oder Gerard Zacher. Zum Erfolg der Klinik trägt auch die Kooperation mit dem Bezirksklinikum Mainkofen bei. Mainkofen und die Angermühle arbeiten komplementär und profitieren beide davon.

Hans-Rainer Buchmüller ist ein kulturell vielseitig interessierter Mensch. Wäre es mit der Medizin nichts geworden, er hätte es wahrscheinlich auch als Profimusiker Er hätte es auch als Profimusiker weit gebracht zu etwas gebracht. Er spielt Trompete, Kontrabass, Altblockflöte und kann gut singen. Die Kultur allgemein ist für ihn ein Produktivfaktor. Buchmüller ist ein kompromissloser Vertreter des Primats der Kultur, ein Kämpfer für geistige Freiheit und Kreativität. "Das Primat der Ökonomie steht für mich ganz unten", bekennt er.

Hans-Rainer Buchmüller wünscht sich eine offene Gesellschaft. Eine Welt, in der andere Kulturen nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung angesehen werden. Stets hungrig im Geiste, diskutiert er gerne und klug, ist offen für fast alle Argumente: "Ich mag nur kein hohles Getöse." Vor allem erträgt er keine Schönredner und Einschmeichler um sich herum.

150 Gäste hatte er zur Feier seines 70. Geburtstags in den Alten Marstall eingeladen. Ein Blick auf die Gästeliste offenbart, wie vernetzt die Buchmüllers sind: Wegbegleiter wie Barthl Kalb, Kulturschaffende wie Rudolf Klaffenböck oder Dr. Bernhard Kirchgessner, Ärzteschaft, Wissenschaft, Justiz, Politiker wie Minister Bernd Sibler, die Kommunalpolitik und vor allem auch Kollegen, Mitarbeiter und natürlich die Familie waren gekommen, um bis weit nach Mitternacht zu feiern. Für beste Unterhaltung sorgten die Opernsänger Dr. Christine Gräfin Esterhazy, Johannes Schweiger und Tessa Lang, Kabarettist Rudi Schöller und die Musiker Robert Eid und Barbara Clear. Kulinarisch verwöhnt wurde die Geburtstagsgesellschaft von Michael Ammon vom Gasthaus Jakob in Perasdorf und dessen Team. Weiterer Höhepunkt war eine spektakuläre Lasershow im Marstall.

An diesem Abend stand Hans-Rainer Buchmüller im Mittelpunkt. Das hat er ansonsten nicht so gerne, denn: "Ich kämpfe für Entpersonalisierung. In der Klinik zählt meine wertvolle Mitarbeiterschaft und nicht ich. Sie sind die Klinik, nicht ich." Und so gibt es für Hans-Rainer Buchmüller – ob im Schloss oder in der Klinik – kein schöneres Kompliment als dieses: "Wenn mich jemand für den Hausmeister hält."