Vilshofen
Der Inbegriff von Heimatpflege

Ludwig Maier, mit 85 Jahren gestorben, wusste jedes historische Detail aus der Region

08.02.2022 | Stand 20.09.2023, 23:25 Uhr

Ludwig Maier (2.v.r.) war hochgeachtet, wie dieses Bild aus dem Jahr 2011 zeigt. Als Gesprächspartner war er geschätzt bei Prof. Dr. Ferdinand Kramer, Lehrstuhlinhaber Bayerischer Landesgeschichte (v.l.), dem damaligen Landrat Franz Meyer und dem damaligen Bezirkstagspräsidenten Manfred Hölzlein. Das Bild entstand beim Festakt anlässlich der Ernennung von Dr. Klaus Rose zum Ehrenbürger von Vilshofen. −Foto: Rücker

Wer weiß, wann welcher Redner beim Politischen Aschermittwoch in Vilshofen aufgetreten ist? Frag den Ludwig Maier! Wer könnte wissen, wann die Kapelle in Welln gebaut worden ist? Wenn das überhaupt einer weiß, dann der Ludwig Maier! Wann gab es den letzten großen Eisstoß auf der Donau? Ludwig Maier wusste nicht nur den letzten, sondern alle Eisstöße der letzten hundert Jahre. Der Mann, der wie kein anderer die historischen Daten aus der Region zumeist im Kopf und auf jeden Fall niedergeschrieben hatte, ist tot. Welch‘ ein Verlust!

Ludwig Maier hat Jahrzehnte in die Heimatforschung gesteckt. Für ihn war das Suchen in Archiven und alten Schriftstücken hochspannend. Immer wieder fand er neue Daten und Begebenheiten und wusste sie historisch einzuordnen. Er hielt Hunderte von Vorträgen. Vor allem die ältere Generation wusste er mit seiner Begeisterung für die Heimat zu fesseln. Erinnerungen wurden geweckt.

Ludwig Maier hatte ein beeindruckendes Gedächtnis. Doch damit nicht genug. Er schrieb alles akribisch nieder – nach alter Methode auf Papier und nicht auf irgendeiner Computer-Festplatte abgelegt. Am liebsten doppelt und dreifach, damit ja nichts verloren geht. Seine Unterlagen hütete er wie einen Schatz, was sie auch waren. Der Stadt übergab er 20 Aktenordner mit allen Unterlagen zum Politischen Aschermittwoch und anderen Ereignissen, die die Stadt betreffen. "Das sind äußerst wertvolle Unterlagen", sagt Stadtarchivarin Klaudia Wittig.

Auch wenn er ein Otterskirchener war und seine Liebe zu seinem Geburtsort nie verleugnen konnte, so wurde Ludwig Maier trotzdem zu einem überzeugten Vilshofener. Wer so viel zu einem Ort erforscht hat, wer weiß, wann welches Geschäft eröffnet wurde, wann eine Familiendynastie endete, der entwickelt eine besondere Beziehung zu dem Ort. "Willkommen in der schönsten Stadt der Welt", begrüßte er die Gäste bei seinen unzähligen Stadtführungen stets.

Seine berufliche Laufbahn verbrachte Ludwig Maier bei der Bahn. Bei Vereinen, bei Wanderungen oder bei Kirchenbesichtigungen hielt er sachkundige Vorträge, so dass der damalige Vilshofener Bürgermeister Hans Gschwendtner erkannte, dass Ludwig Maier ein idealer Kreisheimatpfleger sein könnte. Ab 1995 war er als solcher tätig und zuständig für die Städte und Gemeinden Vilshofen, Griesbach, Aldersbach, Aidenbach, Beutelsbach, Haarbach und Ortenburg. Nach 20 Jahren verließ ihn – gesundheitlich angeschlagen – die Kraft und er bat, die ehrenamtliche Aufgabe in jüngere Hände zu legen. Soweit es seine Gesundheit zuließ, arbeitete er weiter, verfasste Artikel für Chroniken, Festschriften oder Zeitungen. Im Anzeigenblatt "Donaubote" erschien regelmäßig eine Rubrik von ihm.

Maier fehlte seit 1959 bei keinem Politischen Aschermittwoch. Er hat eine große Fotosammlung angelegt und alles dokumentiert. Gerne erzählte er, wie er im Wolferstetter Keller von der Empore aus Franz Josef Strauß am Rednerpult etwas zurief und dieser gleich darauf einging.

"Mit ihm geht viel verloren", sagt Hans Gschwendtner, der ihn ein langes Stück seines Weges begleitet hat. Die Zusammenarbeit sei immer hervorragend gewesen. Maier sei sehr selbstbewusst gewesen, sei keiner Auseinandersetzung aus dem Weg gegangen, wenn es galt, Historisches zu bewahren. Als die Donaupromenade gebaut wurde, war er offen dagegen, hatte aber die Größe, sich später zu entschuldigen: "Das ist doch etwas geworden."

Ludwig Maier hat zu Lebzeiten viel Anerkennung erfahren, nicht nur als Applaus oder Schulterklopfen nach seinen Vorträgen, sondern auch in Festakten. 2004 erhielt er die Bürgermedaille der Stadt Vilshofen, 2006 den Kulturpreis des Landkreises Passau und bei seiner Verabschiedung als Kreisheimatpfleger 2015 die Landkreis-Münze in Silber. Vereine machten ihn zum Ehrenmitglied. Er gehörte zum Gründerkreis des Kultur- und Geschichtsvereins Vilshofen, war Gründungsmitglied der Sektion Vilshofen des Bayerischen Wald Vereins, prägte jahrzehntelang die Bürgerbruderschaft Vilshofen.

"Er war ein hellwacher Mensch", sagt Dr. Klaus Rose, Historiker und Nachbar. "Ludwig Maier hat sehr, sehr wertvolle Arbeit für die Heimatpflege geleistet." Landrat Raimund Kneidinger würdigt die Arbeit Maiers mit den Worten: "Mit Ludwig Maier verlieren wir einen akribischen Forscher und Kenner der Kunst- und Kulturgeschichte unserer Region. Sein Vermächtnis ist unschätzbar. Denn es bewahrt für nachfolgende Generationen, was die Identität unserer Heimat ausmacht."