Landshut
Dekra warnt vor "Zeitbomben im Recyclinghof" nach Brand in Wörth

25.07.2019 | Stand 20.09.2023, 6:27 Uhr
Alexander Schmid

Die Feuerwehr löscht ein Feuer auf einem Recyclinghof. Nach dem spektakulären Brand in der Recycling-Anlage bei der Firma Koslow in Wörth an der Isar im Juni reagierte das Landratsamt schnell. −Symbolfoto: dpa

Nach dem spektakulären Brand in der Recycling-Anlage bei der Firma Koslow in Wörth an der Isar im Juni reagierte das Landratsamt schnell. Der Betrieb wurde einstweilen stillgelegt und bekam strenge Auflagen. In den sozialen Medien verbreitete sich auch deshalb schnell die Ansicht, auf dem Recyclinghof sei unsachgemäß gearbeitet worden. Wochen nach dem Brand weht der Wind jetzt aber aus einer anderen Richtung. So warnt die Prüfgesellschaft Dekra vor den "Zeitbomben im Recyclinghof" durch unsachgemäß entsorgte Lithium-Batterien, wöchentlich würde es zu Bränden in Deutschland kommen - und das Landratsamt Landshut plant Änderungen auf seinen 35 Wertstoffhöfen für eine bessere Mülltrennung.

Nach dem Brand hatte der Koslow-Werksleiter in Wörth an der Isar, Michael Kannengießer, der PNP erklärt, dass auch dieses Mal wohl ein falsch entsorgter Lithium-Ionen-Akku in der Anlieferung eines Wertstoffhofs das Feuer verursacht hat. Er forderte, dass auf den Wertstoffhöfen besser auf die korrekte Mülltrennung geachtet werden müsse. Das Landratsamt Landshut reagierte darauf verschnupft und teilte in einer Stellungnahme mit, dass laut dem Sachgebiet Abfallwirtschaft des Landratsamts die Altstoff-Sammelstellen im Landkreis Landshut "im Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien höchste Sorgfaltsstandards erfüllen." Damit ist es allerdings wohl doch nicht so weit her, wie sich jetzt zeigt.

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Die Erfahrung einiger Landkreis-Bürger, die genau das testeten, ließen an den "höchsten Sorgfaltsstandards" schnell Zweifel aufkommen. So berichtete ein Landkreisbürger der Redaktion, dass er mit einem ausrangierten Lithium-Ionen-Akku auf Wertstoffhöfen den Test gemacht habe. Mitarbeiter der Sammelstellen hätten den Akku zum Teil als solchen gar nicht erkannt, niemand habe ihn daran gehindert, ihn in irgendeinen Container zu werfen. Auch andere Bürger hatten ähnliche Erfahrungen gemacht, wie sie gegenüber der Redaktion erklärten.

Falsch entsorgte Akkus Grund für Brände

Ein Problem, das es nicht nur im Landkreis Landshut gibt, wie sich jetzt zeigt. Laut einer Mitteilung der Prüfgesellschaft Dekra kommt es durch falsch entsorgte Akkus "schätzungsweise wöchentlich" aus diesem Grund in Recycling-Unternehmen zu Bränden. "Einzige Lösung: strikte Mülltrennung durch die Verbraucher sowie wirksame Kontrollen."

Die fehlerhafte Entsorgung hatten die Dekra-Experten bei mehreren Überprüfungen festgestellt. "Immer mehr Lithium-Batterien landen offenbar unkontrolliert im Restmüll sowie im Elektro- und Metallschrott", heißt es in einer Erklärung. Und weiter: "Schon einfache mechanische Beschädigungen am Schutzmantel der Lithium-Ionen-Batterie durch Fallenlassen oder Verbiegen können zum Kurzschluss des Akkus führen. Durch Selbstzündung entstehen Metallbrände mit Temperaturen von 1.000 bis 2.000 Grad Celsius." In Recyclingbetrieben würden deshalb Müllberge unkontrolliert brennen und könnten Giftstoffe verbreiten.

"Akkus werden häufig von den Verbrauchern nicht wie gesetzlich vorgeschrieben vom übrigen Müll getrennt", sagt Andreas Biermann, Entsorgungsexperte bei Dekra. "In vielen Wertstoffhöfen wird zudem der Schrott bei der Anlieferung nicht sorgfältig kontrolliert." Ein weiteres Problem ist die Bauart vieler Elektrogeräte mit eingekapselten Batterien, die oft nur vom Fachmann ausgebaut werden können. Für den Transport und die Lagerung von Lithium-Ionen-Batterien gelten umfangreiche Vorschriften und Sicherungsmaßnahmen. Landen aber die Lithium-Ionen-Batterien unerkannt im Müll und kommen so zum Recyclingunternehmen, "laufen diese Regelungen ins Leere", so die Dekra.

Elektrogeräte in Zukunft nicht mehr in Containern entsorgen

Im Landratsamt Landshut hat man offensichtlich erkannt, dass auch auf den Wertstoffhöfen etwas passieren muss. Wie die Behörde auf einer Bürgerversammlung am Dienstag in Wörth an der Isar zu dem Thema erklärte, sollen Elektrogeräte in Zukunft nicht mehr in Containern entsorgt werden dürfen. Es wird in den rund 35 Wertstoffhöfen in Zukunft für solche Geräte eine Art Thekenabgabe bzw. Sortierwagen geben. Akkus werden in Zukunft in separaten Gitterboxen gelagert. Außerdem soll das Personal dort geschult werden und die Akkus, bzw. die Geräte, die sie enthalten, vorab aussortieren.

Allerdings muss nicht nur der Landkreis Landshut reagieren. Denn das Unternehmen Koslow erhält Müll aus über 20 Landkreisen. Wenn dort auf den Wertstoffhöfen nicht auch penibel getrennt wird, dann brennt es wieder in Wörth.