Das Montafon bietet Bergerlebnisse der besonderen Art

25.06.2022 | Stand 20.09.2023, 2:08 Uhr

Mit dem Bikespezialisten durch die Berge: Markus Fessler-Jenny (vorne) kennt nicht nur die besten Trails sondern auch spannende Geschichten aus der bewegten Vergangenheit des Tals. −Fotos: Lakota

Es geht um mehr als die reine sportliche Herausforderung: Im Montafon, dem südlichsten Tal Vorarlbergs, warten Bergerlebnisse der besonderen Art. Egal ob beim Wandern, Klettern oder Biken.

Er hätte noch so viel zu erzählen. Doch manchmal, findet Markus Fessler-Jenny (50), ist es besser, einfach mal gar nichts zu sagen, ganz bei sich selbst zu sein. Er sitzt auf seinem Bike, gleichmäßig tritt er in die Pedale. Leise surrt der Elektromotor, unter den Rädern knirscht der Schotter, in den Bäumen zwitschern ein paar Vögel. Ansonsten: Stille. Steil geht es nach oben, enge Serpentinen schlängeln sich durch den Wald, der sich nach ein paar Kilometern lichtet und den Blick freigibt auf mächtige Berge und imposante Gipfel. Markus Fessler-Jenny stoppt, lehnt das Rad an einen Baum und lässt den Blick schweifen. Dann sagt er nur: "Einzigartig."

Es ist ein Wort, das Markus Fessler-Jenny ziemlich oft benutzt, wenn er über das Montafon spricht. Wie eine tiefe Furche fräst sich das Tal durch das österreichische Bundesland Vorarlberg, fast 40 Kilometer von der Bezirksstadt Bludenz bis hinauf zur Bielerhöhe oberhalb der Silvretta-Hochalpenstraße. Die mächtigen Gebirgsmassive Rätikon, Silvretta und Verwall werden am Ausgang vom höchsten Berg gekrönt, dem 3312 Meter hohen Piz Buin. Die Gebirgsgruppen mit unterschiedlichster Entstehungsgeschichte sorgen für eine extreme landschaftliche Vielfalt: Mal sanft und malerisch, mal völlig unberührt, dann wieder schroff und hochalpin. Elf kleine Orte gibt es im Montafon, "dem natürlichen Feind des Stöckelschuhs", wie sich das Tal in einem Werbeslogan einmal selbst bezeichnet hat.

"Es geht nicht darum, als Erster auf dem Berg zu sein"

"Wir haben tatsächlich sehr viele Aktivurlauber. Die Gegend hat sportlich einfach wahnsinnig viel zu bieten", sagt Markus Fessler-Jenny. Vor 17 Jahren hat er seinen gut bezahlten Job in der Großstadt gekündigt und führt seither als Rad-Guide Urlauber durchs Montafon. Er, Extremsportler mit drahtigem Körper und spitzem Gesicht, war hier schon auf jedem Gipfel: die Sulzfluh, die drei Türme, die Zimba. "Manche vergleichen die Zimba mit dem Matterhorn", sagt er. Gleich hinter der Bergkette beginnt die Schweiz. Auf den Pässen und abgelegenen Pfaden über den Rätikon, wo heute viele Wanderer die malerische Landschaft genießen, seien früher die Schmuggler unterwegs gewesen. "Zucker, Zigaretten und Kaffee waren knapp im Tal", erklärt er. Dafür seien die Schweizer ganz scharf auf Kleidung, Tanzschuhe und Tabakpfeifen aus Österreich gewesen. Und auf den "Sura Kees", ein Sauermilchkäse, der als Spezialität der Region gilt und meist mit Essig, Öl und Zwiebeln zubereitet wird.

Markus Fessler-Jenny steigt wieder aufs Rad, biegt auf einen schmalen Weg ein. Er findet hier jeden Trail, weiß die besten Touren und schönsten Plätze. Aber er kennt auch die Geschichte des Tals, seine bewegte Vergangenheit, die alten Gebräuche und Sagen der Einheimischen – und erzählt auf seinen Touren davon. "Es geht nicht darum, als Erster auf dem Berg zu sein. Es geht um einen schönen Tag, um tolle Erlebnisse, eine schöne Einkehr und um das einzigartige Panorama", sagt er.

Einzigartig. Da ist es wieder, das Wort, das Markus Fessler-Jenny so gerne benutzt. Auch wenn er über das Gästeprogramm BergePlus berichtet. Täglich werden im Montafon vom Tourismusverband geführte Touren angeboten. Wandern, Klettern, Biken, verschiedenste Routen, verschiedenste Schwierigkeitsstufen – die Möglichkeiten sind extrem vielfältig, vor allem in den Sommermonaten. Vom Lama-Trekking für die ganze Familie bis zu einer Gletscherwanderung in der Silvretta ist so ziemlich alles möglich. Und das sogar kostenlos. Zumindest für all diejenigen, die in einem der rund 200 angeschlossenen Partnerbetriebe nächtigen. "Das gibt es so wohl nirgends", sagt Markus Fessler-Jenny, der zugleich darauf verweist, dass der Fokus der Touren nicht nur auf der sportlichen Herausforderung liegt. "Wir geben unseren Gästen schöne Erlebnisse mit. Das wird immer wichtiger. Denn der Stress im Alltag nimmt zu, die Leute stehen beruflich oft unter Druck. Einen perfekten Urlaub verbringen sie dann, wenn sie sich in wenigen Tagen entspannen und ihren Stress abstreifen. Das gelingt nur mit unvergesslichen Erlebnissen."

Dank E-Bike kommen immer mehr hoch hinaus

Für diese Erlebnisse sorgen die durchwegs einheimischen Rad- oder Bergführer, die neben technischer Tipps und Tricks alles über Land und Leute wissen, nun schon seit mehreren Jahren. Die Resonanz auf das Programm ist groß, vor allem die Zahl der Radler steigt stetig an. Durch die Einführung des E-Bikes, sagt Markus Fessler-Jenny, seien viele Touren jetzt auch für weniger ambitionierte Sportler möglich. "Aber es gibt auch richtig anspruchsvolle Trails mit steilen Passagen und über 2500 Höhenmeter, die selbst Profis an ihre Grenzen bringen."

Sich quälen oder genüsslich auf einem der zahlreichen Güterwegen entlang zuckeln. Sportlich wandern oder gemütlich spazieren. Klettern an der mächtigen Staumauer des Silvrettasees oder doch lieber Waldbaden im Bergdörfchen Gargellen. "Das Schöne am Montafon ist die Vielfalt", sagt Monika Dönz-Breuss. Auch die Wildbiologin arbeitet als Guide im Rahmen des BergePlus-Programms. Eine ihrer beliebtesten Touren ist die Wanderung zur Alpguesalpe im Europaschutzgebiet Verwall, dem mit rund 120 Quadratkilometern größten Schutzgebiet Vorarlbergs, in dem sich noch völlig unberührte Natur findet und viele Tiere ihre Heimat haben.



Andere Einblicke − dank einer Wildbiologin als Guide


Ein schriller Pfiff. Sofort blickt Monika Dönz-Breuss nach oben. "Gefahr aus der Luft", sagt sie. "Wenn ein Murmeltier einmal pfeift, heißt das, dass sich ein Feind von oben nähert." Und tatsächlich. Wenig später taucht ein Steinadler auf, schwebt lautlos über die mächtigen Gipfel und verschwindet dann nach ein paar großen Kreisen wieder hinter einer Bergkuppe. Monika Dönz-Breuss setzt sich hin, kramt aus ihrem Rücksack ein großes Stück Stoff hervor. In ein altes Leintuch hat sie die Form eines Steinadlers geschnitten, sie breitet es aus, erst jetzt sieht man die enorme Spannweite des Vogels, die über 2,30 Meter erreichen kann. Noch gewaltiger sind die Flügel des Bartgeiers (Spannbereite bis zu 2,90 Meter). Ein Pärchen dieser Art sei ebenfalls in der Gegend unterwegs, berichtet Monika Dönz-Breuss.

Sie geht weiter. Zwei Pfiffe, die Murmeltiere warnen nun vor Feinden am Boden. Doch von der Wandergruppe haben die kleinen Nager nichts zu befürchten. Es geht über schmale Pfade, manchmal auch Schotter und Geröll, rauf, runter, wieder rauf. Vorbei an kristallklaren Bergseen, Mooren und kleinen Wasserfällen. Immer wieder hält Monika Dönz-Breuss auf der Wanderung an. Sie erzählt über Blumen und Tiere, berichtet von der harten Arbeit der Bauern, die früher ihr Vieh mühsam heraufgetrieben haben auf über 1700 Meter. Auch heute sömmern auf der Alpguesalpe noch die Mutterkühe mit ihren Kälbern. "Bis in die 1950er Jahre wurden hier auch Butter und der Sura Kees produziert", erzählt sie.

Keine Frage: Die Wanderung ist weit mehr als eine sechsstündige Bergtour mit 800 Höhenmetern. Viele Eindrücke, noch mehr Erkenntnisse – oder wie würde Monika Dönz-Breuss’ Kollege Markus Fessler-Jenny sagen: Ein ziemlich einzigartiges Erlebnis.

Redakteur Andreas Lakota recherchierte vor Ort auf Einladung von Montafon Tourismus.

Das Montafon ist das südlichste Tal im österreichischen Bundesland Vorarlberg. Hier verläuft die Grenze zwischen Ost- und Westalpen. Zudem treffen drei Gebirgsgruppen mit unterschiedlichster Entstehungsgeschichte aufeinander: das Verwall, die Silvretta und der Rätikon. Es gibt elf Orte mit insgesamt rund 17000 Einwohnern.

ANREISEN
Die Region Montafon ist relativ einfach mit dem Auto zu erreichen. Aus Deutschland fährt man am besten durch den Pfändertunnel auf der Rheintalautobahn A14 bis zur Abfahrt Bludenz/Montafon.

ÜBERNACHTEN
Schruns-Tschagguns sind die beiden Hauptorte im Montafon und liegen auf 700 Metern Seehöhe. Sie sind der ideale Ausgangspunkt für Berg-Touren aller Art und bieten zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten. Eine sehr gute Wahl für Familien sind die Adler Alpenappartements mitten in Schruns. Die Ferienwohnungen sind neu, hochwertig ausgestattet und verfügen über einen eigenen Wellness-Bereich.

AUSFLUGSTIPPS
Zahlreiche Attraktionen vor allem für Familien bietet der Erlebnisberg Golm. Im Sommer sorgen ein Forschungspfad, ein Waldseilpark sowie Flying-Fox oder Alpine-Coaster für Abwechslung. Highlight ist der neu geschaffene Waldrutschenpark. Sieben Rutschen mit unterschiedlicher Länge und Steigung verkürzen den Weg ins Tal und sorgen für viel Spaß und Abwechslung beim Wandern. Ebenfalls einen Besuch Wert ist das Alpenbad Montafon in Schruns, das größte Erlebnis-Freibad der Region.

Mehr zum Gästeprogramm BergePlus gibt es im Internet unter www.montafon.at/de/ Veranstaltungskalender/BergePLUS.

www.montafon.at