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Chanda Rule im Porträt: Von Chicago nach Wien und Passau

03.12.2021 | Stand 25.10.2023, 10:39 Uhr
Florentina Czerny

Jazzsängerin Chanda Rule, geboren in Chicago, lebt mittlerweile mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Wien. Einmal im Monat tritt sie mit ihrer Jazz-Vesper in Passau auf, eine Art musikalisches Gebet am Sonntagabend. Am 10. Dezember gibt sie dort ein Weihnachtskonzert. −F.: Agentur

An ihren allerersten Auftritt erinnert sich Chanda Rule noch ganz genau. Sie war zwei Jahre alt, der Song weltbekannt: "Twinkle, Twinkle, Little Star", in Deutschland kennt man die Melodie zum Text "Morgen kommt der Weihnachtsmann". "Ich erinnere mich, dass die Leute lange geklatscht haben", erzählt die Jazzsängerin. "So lange, dass ich das Lied noch einmal gesungen habe. Beim dritten Mal wurde ich von der Bühne gezogen!" Und dann lacht sie ein einnehmendes und ansteckendes Lachen.

Chanda Rule bei ihrer Jazz-Vesper hören Sie hier

Heute ist Chanda Rule in der Jazzmusik zu Hause. Die 46-jährige Amerikanerin ist eine renommierte Jazz- und Gospelsängerin. Der Liebe wegen ging sie nach Wien, wo sie mit ihrem österreichischen Mann und ihrem Sohn wohnt. Wie einst in New York ist sie heute in Wien wie auch in Salzburg und Passau auf den Bühnen präsent und gefeiert. Neben dem Beruf als freischaffende Sängerin arbeitet sie außerdem als Gesangscoach und Autorin − ihr Theologiestudium in New York qualifiziert sie, über Gesellschaft und Gemeinschaft zu schreiben.

"Solange ich mich erinnern kann, hat es immer Musik gegeben", erzählt die Sängerin. Ihre Mutter, engagierte Chorsängerin, hat den Gospel in die Familie gebracht, musiziert wurde Chandas gesamte Kindheit hindurch. Geboren und aufgewachsen ist Rule in einem kleinen Ort nahe Chicago – die Gemeinde war überschaubar und sicher, aber auch engstirnig. "Die Hautfarbe und Herkunft spielte bei den Leuten eine wichtige Rolle. Mir fiel es immer schwerer, dort zu leben."

Mit gerade einmal 17 Jahren ging Chanda Rule nach Washington, mit Anfang 20 wagt sie sich ins New York der späten 1990er. "Ich liebte es, in Brooklyn zu leben. Die Leute waren offen, überall gab es Kunst, Musik, Poetry und Partys im Park", schwärmt sie. Eine Gesangskarriere strebte Chanda Rule dort nicht an – den Traum wagte sie zu diesem Zeitpunkt ihres Lebens noch nicht zu träumen. "Ich mochte es, zu schreiben", erinnert sie sich, die Werbebranche hatte es ihr angetan. "Doch ich habe schnell gemerkt, dass das überhaupt nicht zu mir passte." Erst als sie ihr Glück bei einer Theatergruppe versuchte und dort zu ihrer eigenen Verwunderung sofort genommen wurde, fand sie ihren Weg zum Gesang zurück. "Die Leute dort haben zu mir gesagt, Chanda, du musst singen." Und genau das tat sie.

Chanda Rule steht mit einer bemerkenswerten Präsenz auf der Bühne, sie zu beobachten und ihrer Stimme zu lauschen ist eine unheimliche Freude. Weich und soulig klingt sie, ein andermal voller Gefühl und Kraft. "Badubaduba Wee Wee", von der tiefen Lage springt sie ein, zwei Oktaven in die Höhe, dabei improvisiert sie mit Leichtigkeit und Treffsicherheit.

"Ihre Stimme ist wie Wasser, das sich um meine Töne schmiegt", sagt der österreichische Jazz-Pianist Christian Wegscheider, "sie ist die bessere Musikerin von uns beiden, und es ist eine Freude, mit ihr zu musizieren."

Mit ihm steht Chanda Rule an diesem Abend im Passauer Café Museum auf der Bühne. Seit dem Lockdown im Februar nimmt sie regelmäßig den Weg aus Wien auf sich, um an einem Sonntagabend im Monat vor den Passauer Jazz-Liebhabern und vor einem Livestream-Publikum in aller Welt eine Jazz-Vesper zu singen. Die Vespern stellen eine Art Gebet dar, ein sicherer Ort zum Ankommen, Meditation. "Liebe und Musik bringt Menschen zusammen, und eine Gruppe zu haben, die einen unterstützt und in der man willkommen ist, bedeutet wahnsinnig viel", sagt Rule.

Bis sie zu dem Punkt gekommen ist, Menschen mit ihrer Musik, ihrem Gesang so einzunehmen, wie sie es heute kann, hat es viele Jahre gedauert. "Ich war unsicher, nervös, habe mich sehr unwohl gefühlt auf der Bühne", erzählt sie. Heute ist das anders. Die Bühne ist für Chanda Rule ein Zuhause geworden, ein Ort, an dem sie sich gut fühlt − ihr größter Erfolg, wie sie selbst findet. "Singen bedeutet für mich Freiheit. Es ermöglicht mir, in einer Gemeinschaft zu sein und Menschen zu vereinen."

Florentina Czerny



Winterprogramm im Café Museum

Mit 2G+ läuft im Passauer Café Museum das Programm weiter:

5.12.Eric Alexander Quartet

6.12.Pablo Held Trio
(beide auch im Livestream)

7.12.Daniel Wild Session

10.12.Jazzweihnacht mit Chanda Rule (Niedernburg)

15.12.Insomnia Brass Band

17.12.Cold Heat Blues Band

27.12. – 2.1.22Christmas Jazz Week; täglich mit Stephane Belmondo und Kirk Lightsey

14.1.Oliver Mally & Hubert Hofherr

17.1.Harry Allen Quartet
18.1.Claus Spechtl Trio

29.1.Maurer Maurer Quartet

20.3.Edmar Castañeda & Grégoire Maret

3.4.Hubert Hofherr & Abi Wallenstein
24.4.Joel Frahm Trio