Gastbeitrag
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: "Kinderrechte gehören ins Grundgesetz"

20.11.2020 | Stand 20.09.2023, 3:18 Uhr

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). −Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will Kinderrechte im Grundgesetz verankern. Das schreibt sie in einem Gastbeitrag für die PNP.

"Kinderrechte gehören ins Grundgesetz. Das Wohlergehen von Kindern sollte uns ein ganz wichtiges Anliegen sein. Dies wollen wir künftig besser und klarer zum Ausdruck bringen. Der wahre Charakter der Gesellschaft zeigt sich darin, wie sie ihre Kinder behandelt" – diese Bemerkung von Nelson Mandela verdient es nach wie vor, überall Gehör zu finden. Auch und gerade in der Politik. Mit einer Grundgesetzänderung haben wir die große Chance klarzustellen und zu betonen, dass Kinder in unserer Gesellschaft etwas ganz Kostbares sind.

Wir sollten alles daran setzen, dass Kinder gut behandelt werden. Deshalb wollen wir die Kinderrechte in den Mittelpunkt stellen: in unser Grundgesetz. Fast alle Bundesländer haben die Kinderrechte bereits in ihre Landesverfassungen aufgenommen. Zuletzt haben 2018 in Hessen bei einer Volksabstimmung fast 90 Prozent der Wählerinnen und Wähler dafür gestimmt.

Grundgesetz gibt Richtung vor



Es ist wichtig, diese Rechte auch im Grundgesetz festzuschreiben. Denn in den Grundrechten kommen unsere gesamtgesellschaftlichen Wertentscheidungen zum Ausdruck. Sie machen deutlich, was uns als Gesellschaft besonders wichtig ist. Und was das Grundgesetz vorgibt, das ist ganz unmittelbar für alle staatlichen Stellen verbindlich. Für die Verwaltung. Für die Justiz. Und auch für den Gesetzgeber. Bei der Auslegung und Anwendung aller Gesetze gibt das Grundgesetz die Richtung vor.

Konkret wollen wir im Grundgesetz drei Dinge festschreiben: Erstens, dass die Rechte der Kinder zu achten, zu schützen und zu fördern sind. Das umfasst vor allem das Recht der Kinder, sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten zu entwickeln. Denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie haben ein besonderes Schutzbedürfnis. Zweitens schreiben wir fest, dass das Kindeswohl immer angemessen zu berücksichtigen ist. Und drittens wollen wir den Anspruch des Kindes auf rechtliches Gehör im Grundgesetz verankern. Kinder sollen die Gelegenheit haben sich zu äußern, wenn Gerichte oder Behörden Entscheidungen über ihre Lebenssituation treffen.

"Elternrechte werden nicht hin zum Staat verschoben"



Mit der geplanten Grundgesetzänderung verschieben wir keine Rechte von den Eltern hin zum Staat, also zum Beispiel zu den Jugendämtern. Das Verhältnis der Rechte von Kindern, Eltern und Staat ist fein austariert. Ganz bewusst tasten wir dieses Verhältnis nicht an. Die Eltern sind es, denen das Recht und die Verantwortung zukommt, ihre Kinder zu pflegen und zu erziehen. Nur dann, wenn die Eltern das Kindeswohl gefährden, dürfen staatliche Stellen eingreifen. Dabei bleibt es auch in Zukunft. Die Richterinnen und Richter haben die Rechte von Kindern und das Kindeswohl auch heute schon im Blick. Eine Ergänzung des Grundgesetzes bringt es aber noch stärker ins Bewusstsein. Denn bei Juristinnen und Juristen gilt nichts anderes als in anderen Berufen auch: Besonders prägend ist, was wir in der Ausbildung lernen. Und da spielt unser Grundgesetz zurecht eine besonders große Rolle.

− pnp