Tittmoning/Bujumbura
Botschafter aus Oberbayern berichtet von Aufständen in Burundi

19.01.2020 | Stand 20.09.2023, 6:56 Uhr

Botschafter Dieter Reinl mit einem Vertreter des burundischen Außenministeriums. −Fotos: privat

Der deutsche Botschafter Dieter Reinl in Burundi stammt aus Tittmoning (Landkreis Traunstein). Im Interview mit der Heimatzeitung spricht er über den Zustand des ostafrikanischen Landes, seine Aufgaben und die deutschen Interessen in Burundi.

Wie muss man sich das alltägliche Leben in Burundi vorstellen?
Reinl: Burundi ist eines der ärmsten Länder der Welt. Über 90 Prozent der Bevölkerung sind in der Landwirtschaft tätig, überwiegend Subsistenzwirtschaft. Die Wirtschaft ist schlecht entwickelt, entsprechend schwach ist die Infrastruktur. Wie man sich leicht vorstellen kann, ist der Alltag der meisten Menschen dort wirklich hart. Viele Menschen sind auf Nahrungsmittelhilfe internationaler Geber angewiesen. Auch wenn sich unser Leben in vielen Punkten nicht von dem der einheimischen Bevölkerung unterscheidet, sind wir natürlich, was die Versorgung betrifft, privilegiert. Auch wenn es keine Supermärkte gibt, wie wir sie kennen, bekommt man mit einigem Suchen doch vieles, auch Importprodukte, die aber entsprechend teuer und damit für viele Burundier unerschwinglich sind. Ansonsten wird der Rhythmus des Tages sehr stark durch die ganzjährig gleichlangen Tage und Nächte bestimmt. Die Sonne geht kurz vor sechs auf und verlässlich um etwa halb sieben unter. Da man sich in der Dunkelheit, jedenfalls in vielen Teilen der Stadt, möglichst nicht draußen bewegen sollte, ist das der Rahmen.

Ist Ihre persönliche Sicherheit durch die lokalen Unruhen in Gefahr?
Reinl: Für Burundi gilt aufgrund der angespannten Sicherheitslage nach dem gescheiterten Putschversuch von 2015 eine Krisenstufe mit besonderen Sicherheitsmaßnahmen. Man muss aber klar sagen, dass deutsche Einrichtungen oder der deutsche Botschafter nicht konkret bedroht sind. Die Gefahr lauert eher in der Unsicherheit allgemeiner Unruhen, die leicht gewalttätig werden können. Dann ist man sehr schnell ,mittendrin’, auch deshalb, weil die Botschaft in unmittelbarer Nähe zum staatlichen Rundfunk liegt. Solche Einrichtungen sind ja zentrale und sofort umkämpfte Machtinstrumente bei Umsturzversuchen oder Aufständen.

Die nüchternen Daten wirken eher abschreckend, aber welche positiven Erlebnisse hatten Sie in Burundi?
Reinl: Burundi ist ein wunderbares Land. Es wird auch das Land der tausend Hügel oder die Schweiz Afrikas genannt. Es ist landschaftlich unglaublich schön und abwechslungsreich. Der riesige Tanganyika-See mit 680 Kilometern Länge prägt das Bild von Bujumbura. Der Blick auf den See lässt einem jeden Tag aufs Neue das Herz aufgehen. Dass man, auch in der Regenzeit, das ganze Jahr über stabile Temperaturen zwischen etwa 22 und 32 Grad und viel Sonne hat, ist natürlich angenehm. Meine Frau und mich beeindrucken aber vor allem die Menschen. Die Würde, mit der sie trotz der Mühen des Alltags und der täglichen Not, durchs Leben gehen, ringen uns allergrößten Respekt ab. Wir lernen hier viel. Das sind persönliche Erfahrungen, die wir nicht missen wollen.

Zum Schluss: Gibt es noch etwas, das Sie loswerden wollen?
Reinl: Vielleicht nur den Wunsch, dass wir Augen und Herz für das schwierige Leben von so vielen Menschen anderswo auf der Welt öffnen und uns bewusst sind, wie zufällig wir in Europa vom Ort der Geburt privilegiert wurden. Für die Tittmoninger in diesem wunderschönen Winkel unseres Landes trifft das natürlich besonders zu. Und dass wir daraus die Verantwortung schöpfen, dumpfer Fremdenfeindlichkeit, wo immer sie uns begegnet, mutig entgegenzutreten.
Das vollständige Gespräch lesen Sie in der Samstagsausgabe (18. Januar) der Südostbayerischen Rundschau.