Traunstein
Biopapier und -becher aus Traunsteiner Blühpflanzen?

Weitere Nutzungsmöglichkeit und ein neuer Absatzweg für die Durchwachsene Silphie: Labor-Versuche laufen

29.07.2022 | Stand 20.09.2023, 0:36 Uhr

Die Durchwachsene Silphie ist eine Energiepflanze mit hoher Biogasausbeute und kann als Maisersatz in Dauerkultur bis zu 15 Jahren dienen. Sie nützt zudem als Bienen- und Insektenweide. Mit der Produktion von nachhaltigem Papier und Verpackungen könnten sich eine weitere Nutzungsmöglichkeit und ein neuer Absatzweg auftun – hier Produktmuster aus dem Testlabor. −Fotos: Chiemgau GmbH Wirtschaftsförderung

Im Landkreis Traunstein gibt es rund 100 Biogasanlagen. Deren Betreiber stehen momentan vor unsicheren politischen Weichenstellungen, teilte die Chiemgau GmbH Wirtschaftsförderung mit: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) solle gerade einmal zwei Jahre nach der letzten Novelle zum 1. Januar 2023 grundlegend überarbeitet werden. Hierbei zeichne sich wie im vorgehenden Gesetz ab, dass der Bioenergie eine schwierige Rolle zugewiesen wird, für das Jahr 2030 peile die Bundesregierung die Erhaltung des Status quo an. Zwar solle durch die Flexibilität von Bioenergie eine schnelle und kurzfristige Abdeckung von Spitzenlasten gewährleistet werden können, langfristige Planungssicherheit für die Betreiber liefere die Novelle damit aber nicht.

Um die Biogasanlagenbetreiber im Landkreis auf dem Weg zu einem nachhaltigen Betrieb zu unterstützen, war im Rahmen des Regionalmanagements des Landkreises bereits 2017 ein Biogasforum gegründet worden, das unter anderem die Erzeugung von regionaler erneuerbarer Energie, die Biodiversität und die Stromdirektvermarktung forciert. Im Zuge des Forums finden regelmäßige Infoveranstaltungen und Netzwerktreffen für interessierte Landwirte und Biogasanlagenbetreiber aus der ganzen Region statt, zuletzt Ende Juni in Kienberg mit dem thematischen Schwerpunkt der Energiepflanze Durchwachsene Silphie, die ebenso seit 2017 einen festen Baustein des Biogasnetzwerks darstellt. 2018 war in Zusammenarbeit des Regionalmanagements, der Aktion "Blühender Landkreis", des Bayerischen Bayernverbandes (BBV), des Maschinenrings (MR) Traunstein und mit großem finanziellen Engagement der Landwirte mit dem ersten landkreisweiten Versuchsanbau von 67 Hektar begonnen worden (wir berichteten).

Die Durchwachsene Silphie ist eine Energiepflanze mit hoher Biogasausbeute und kann als Maisersatz in Dauerkultur bis zu 15 Jahren dienen. Sie nützt zudem als Bienen- und Insektenweide und blüht von Juli bis September. Mittlerweile steht die Silphie bei 34 Landwirten auf fast 100 Hektar Fläche im Landkreis Traunstein und trägt zur Bereicherung des Landschaftsbildes bei.

In 2021 durchgeführte Bodenuntersuchungen von Silphien-Flächen im Landkreis zeigen, dass der Reststickstoffgehalt, also der im Frühjahr für die Pflanze verfügbare Stickstoff, durch die Nutzung der Silphie günstige Werte aufweist – vergleichbar zu Werten der extensiven Grünlandnutzung, so Raphael Röckenwagner, Projektpartner und Geschäftsführer des Maschinenrings Traunsteins. Der Wasserschutzgebietsbetreuer Wolfgang Hutterer erläutert, dass durch die ganzjährige Bewurzelung die für die Grundwasserbelastung mit Nitrat besonders bedeutsame Auswaschung im Spätherbst vermieden werden kann.

Neben der Verwertung der Silphie über die Biogasanlage gewinnt die mehrjährige Pflanze derzeit auch durch eine weitere Nutzungsmöglichkeit und einen neuen Absatzweg an Bedeutung: Denn aus den Fasern der Pflanze können nachhaltiges Papier und weitergehend Verpackungen entstehen. Hierfür werden die Fasern über ein Druck-Verfahren abgespalten, die restliche organische Masse der Pflanze kann weiterhin über die Biogasanlage verwertet werden. Mit den gewonnenen Fasern führt die Kiefel GmbH aus Freilassing aktuell verschiedene Labor-Versuche zum Einsatz der Silphie im sogenannten "Fiber Moulding Prozess" durch. Dabei handelt es sich um einen Herstellungsprozess von Töpfen und Schalen aus einer wässrigen Lösung wie bei der Papierproduktion. Die ersten Produktmuster wurden in Netzwerkgesprächen bewertet und inspiziert. Dabei bestand Einigkeit bei den Forumsteilnehmern, dass die Versuche zu nachhaltigem Papier und Produkten aus dem Landkreis fortgesetzt werden sollen.

− red