Energie
BIHK: Russischer Gasstopp wäre "verheerend"

30.03.2022 | Stand 19.09.2023, 22:50 Uhr
Zwei Gasflammen brennen auf einem Küchenherd. −Foto: Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild

Industrie- und Handelskammern in Bayern warnen für den Fall eines russischen Erdgas-Lieferstopps vor verheerenden Folgen für die bayerische Wirtschaft. Besonders betroffen wären demnach energieintensive Branchen, darunter Zement- und Ziegelfabriken, Metallindustrie, Lebensmittelhersteller und die komplette chemische Industrie. "In diesen Branchen stehen in Bayern mehr als 200.000 Jobs auf dem Spiel", sagte am Mittwoch Manfred Gößl, der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags. "Die Dominoeffekte durch Produktionsausfälle und massive Preissprünge quer durch alle Sektoren wären verheerend."

Der Bund hatte zuvor die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte den Bund zur Sicherstellung der Energieversorgung auf und plädierte für einen Krisenstab im Kanzleramt. "Der Bund muss absolut sicherstellen, dass genügend Energieversorgung da ist, denn ansonsten drohen massive Einschnitte für die Wirtschaft", sagte Söder in München. Er warnte vor einer ansonsten drohenden "Massenarbeitslosigkeit".

In der Wirtschaft ist allerdings Konsens, dass sich ein Erdgas-Lieferstopp kurzfristig gar nicht auffangen ließe. Nach dem Notfallplan gibt es drei Krisenstufen: Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe.

Erst in der Notfallstufe greift der Staat in den Gasmarkt ein. Haushaltskunden wären dann besonders geschützt. Aktuell gibt es nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck keine Versorgungsengpässe.

Auch nach Beginn des Ukraine-Kriegs waren die russischen Gaslieferungen über die Ukraine nicht unterbrochen worden und zeitweise sogar wieder gestiegen, wie aus den Daten der niederländischen Gasbörse TTF ersichtlich, dem wichtigsten Handelsplatz für Erdgas in Europa.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) forderte den Bund auf, bereits jetzt Gas zu sparen, wo immer möglich. Aiwanger plädierte dafür, neben den erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung vorrangig Kohlekraftwerke einzusetzen, soweit technisch möglich. "Dafür müssen die Rahmenbedingungen gesetzt und die Kohlevorräte maximal aufgefüllt werden", sagte Aiwanger.

Mit der Frühwarnstufe des Notfallplans Gas wird ein Krisenteam des Bundeswirtschaftsministerium aktiv, in dem ein Mitarbeiter des bayerischen Wirtschaftsministeriums Süddeutschland vertritt.

"Betriebe, die auf Erdgas angewiesen sind, sollten spätestens jetzt Notfallpläne aufstellen, um Schäden an Anlagen und Produktionsgütern durch Erdgas-Lieferstopps so gut wie möglich zu vermeiden", appellierte BIHK-Chef Gößl an die Unternehmen. Er verwies auf eine Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, der zufolge im Falle eines russischen Erdgas-Embargos viele Fabriken stillstehen würden. Demnach könnten nur acht Prozent des gesamten industriellen Erdgasverbrauchs ersetzt werden. "Die Industrie würde damit von einem Lieferstopp voll getroffen werden, ohne dass realistische kurzfristige Optionen einer Energieträgersubstitution bestehen", heißt es in dieser Studie.

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