Altenmarkt/Traunstein
B304-Ortsumfahrung Altenmarkt: Bauernverband fordert Planungsstopp

04.03.2022 | Stand 21.09.2023, 3:39 Uhr

Höchst umstritten ist die geplante Brücke über die ökologisch wertvollen Alzauen bei Trostberg-Nock. Der BBV-Kreisverband prangert vor allem den großen Flächenverbrauch durch den Bau der B304-Ortsumfahrung Altenmarkt nach den derzeitigen Plänen an. −Grafik: Staatliches Bauamt Traunstein

Der Kreisverband des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) fordert unisono mit mehreren Umweltverbänden und Trassengegnern, dass die Planung der B304-Ortsumfahrung Altenmarkt (Bauabschnitt 2) mit der aktuell vorgesehenen Trassenführung gestoppt wird. Dies wird in der Pressemitteilung deutlich, die der Geschäftsführer der BBV-Geschäftsstelle Traunstein, Matthäus Michlbauer, am Freitag geschickt hat. Die Politik solle den Koalitionsvertrag dahingehend umsetzen, "dass alle anstehenden Projekte unter Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit, Kosten-Nutzen-Analyse und des Flächenverbrauches überprüft werden", so der BBV Traunstein.

In einem informellen Online-Meeting habe man sich mit verschiedenen Interessensvertretern ausgetauscht, berichtet Michlbauer. Mit dabei waren Anwohner aus Trostberg, Vertreter der Bürgerinitiativen ARGE B304 St. Georgen und Matzing, der Kreisgruppe des BUND Naturschutz, des Umweltschutzverband es Alztal und Umgebung (UVA), des Landesbundes für Vogelschutz und des evangelisch-lutherischen Umweltteams der Christuskirche Trostberg.

50 Hektar nutzbare Fläche nur für den BA2 verbraucht

Die derzeitige Planung des zweiten Bauabschnitts (BA 2) der B304Ortsumfahrung Altenmarkt umfasst eine Strecke von 6,3 Kilometern mit neun Brückenbauwerken von insgesamt 450 Metern und ist veranschlagt mit Kosten von 84,7 Millionen Euro. "Neben erheblichen Eingriffen in die Natur würde diese Streckenführung nach ersten Hochrechnungen alleine für den BA 2 eine landwirtschaftlich nutzbare Fläche von rund 30 Hektar, zuzüglich Kompensation beziehungsweise Ausgleichsfläche von rund 20 Hektar und damit gesamt rund 50 Hektar nutzbare Fläche unwiederbringlich verbrauchen", rechnet der BBV vor.

Der BBV spricht sich seit vielen Jahren für eine Reduzierung des Verbrauchs von landwirtschaftlichen Flächen aus. "Auf ganz Bayern betrachtet wurden von 1960 bis 2016 rund 840000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche verbraucht, das entspricht der landwirtschaftlichen Fläche von Schwaben und Unterfranken zusammen. Derzeit stehen uns damit in Bayern noch rund 3, 1 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung. Mit 11,6 Hektar täglichem Flächenverbrauch liegen wir deutlich über der vom Bayerischen Bauernverband geforderten und mit der Staatsregierung vereinbarten Reduzierung auf fünf Hektar Flächenverbrauch je Tag", betont der BBV Traunstein.

Boden für Lebensmittel und nachwachsende Rohstoffe

Matthias Pöschl, BBV-Mitglied und betroffener Landwirt, brachte in die Diskussion ein: "Die landwirtschaftliche Fläche ist wichtig für die Produktion hochwertiger Lebensmittel mit hohen Standards, nachhaltig und regional. Auf der Fläche kann durch Pflanzenwachstum CO2 gebunden werden. Über den Aufwuchs sind auch Energie und nachwachsende Rohstoffe zu erzeugen. Böden dienen als Wasserfilter für Grundwasservorräte und haben Speicher- beziehungsweise Rückhaltefunktionen. Mit jedem Hektar Land verlieren wir ein Stück Biodiversität".

Sebastian Siglreitmayer, Kreisobmann des BBV im Kreisverband Traunstein, stellte heraus, dass der Bayerische Bauernverband stets auch Lösungsansätze geliefert habe: "So fordern wir seit Jahren eine flächenschonende Bauweise, zum Beispiel durch mehrgeschoßiges Bauen, Tiefgaragen statt Riesenparkplätzen, Dachbegrünung oder Nutzung der Dachflächen mit Photovoltaik sowie ein besseres Leerstandsmanagement, darüber hinaus den Verzicht auf Kompensationsflächen bei Projekten der Energiewende und zum Hochwasserschutz."

Neben den Belangen der Landwirte stünden aber auch noch wichtige Belange des Lärm- und Umweltschutzes bis hin zu klimatischen Auswirkungen, so Michlbauer. In der Pressemitteilung wird auch auf die Argumente der anderen Meeting-Teilnehmer hingewiesen. So betonte Beate Rutkowski, Kreisvorsitzende des BUND Naturschutz Traunstein, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes der Bundesverkehrswegeplan überarbeitet werden müsse, da das Ziel der Klimaneutralität eingehalten werden müsse und ausschließlich wirtschaftliche Belange (Kosten-Nutzen-Analyse) keinen Bestand mehr hätten. Nur klimaneutrale Projekte ohne Flächenneuversiegelung dürften künftig zugelassen werden.

UVA-Vorsitzender Reinhold Schopf kündigte an, dass der UVA rechtliche Schritte vorbereite. Ein weiterer Schritt, um die Trassen zu verhindern, wäre ein gemeinsamer, notarieller Zusammenschluss der betroffenen Grundstückseigentümer. Der UVA bittet die Grundeigentümer, dieses Mittel ernsthaft in Erwägung zu ziehen und stehe für Informationen zur Verfügung. Markus Schupfner, Stadtrat in Traunreut, Kreisrat und stellvertretender Kreisvorsitzender der Bayernpartei, wies darauf hin, dass kein Rückbau von bestehenden Straßen vorgesehen sei, so dass zusätzliche riesige Einschleifungen, Anbindungen und Brückenbauwerke entstehen.

Alle Argumente mündeten in die Forderung: "Es braucht eine zeitgemäße flächensparende Lösung." Die Planung müsse an Umweltaspekte und Flächenschonung angepasst werden, so der BBV Traunstein.

− luh