Triftern:
Ausstellung "Zeitlang": Segensreich für Geist und Seele

04.05.2022 | Stand 20.09.2023, 22:07 Uhr
Imme Rosenberg

Freuten sich über die gelungene Ausstellung: (vorne von links) Fotograf Sebastian Beck, Texter Hans Kratzer, Christoph Duschl (Schatzmeister des Vereins "Kunst & Kultur Triftern"), Laudatorin Ursula Fürst, Hausherr Bernd Stöcker sowie die Vorsitzende von "Kunst & Kultur Triftern, Karin Haslböck. −Fotos: Rosenberg

Mit der Fotoausstellung "Zeitlang" ist in der "Alten Post" in Triftern ein "Glanzlicht der bayerischen Kultur" eröffnet worden. So bezeichnete die Vorsitzende des ausrichtenden "Verein für Kunst & Kultur Triftern", Karin Haslböck, die Schau mit 62 großformatigen Fotos von Sebastian Beck und Texten von Hans Kratzer.

Nach der langen Kulturpause durch Corona, ist nun auch in der "Alten Post" der langersehnte Anfang gelungen. Und es ist legitim, mit dem "Glanzlicht der bayerischen Kultur" ein wenig zu übertreiben. Stilvoll wurden die Pausen der einführenden Reden vom Duo "Äl spuid auf" gefüllt, mit Blues auf der Slideguitar, Gesang und treibendem Kontrabass. Sänger und Gitarrist Andreas Lindinger, ein geborener Trifterner, und Bassist Markus Holzner kamen extra aus Regensburg.

Im sonnigen Innenhof des 225 Jahre alten Wirtshauses begrüßte Haslböck die illustren Gäste aus Kunst, Kultur und Politik, darunter die ehemalige Landtagsabgeordnete Reserl Sem, Altbürgermeister Walter Czech mit Frau Kathrin, MdL Martin Wagle, Schauspieler Hans-Dieter Luibl, Bildhauer oder Grafiker Anton Kirchmair. Trifterns Bürgermeisterin Edith Lirsch sinnierte über die Doppeldeutigkeit des Titels "Zeitlang" und meinte, "die Fotos bilden uns ab, wie wir sind". Lirsch dankte ihrem Vorgänger Walter Czech sowie Bildhauer und Eigentümer Bernd Stöcker dafür, trotz großer Hindernisse am Projekt "Alte Post" festgehalten zu haben. "So können Ereignisse wie dieses hier entstehen und Kulturschaffende hätten nach einer schweren Zeit wieder die Möglichkeit sich zu präsentieren." Den Mitgliedern des Vereins "Kunst & Kultur Triftern" dankte sie für das große Engagement, die Post wieder mit Leben zu erfüllen.

MdL Martin Wagle war sich sicher, dass die Ausstellung erfolgreich sein würde. Und Reserl Sem erinnerte daran, dafür gekämpft zu haben die Post zu einem kulturellen Mittelpunkt zu machen.

Der Kulturbeauftragte des Landkreises, Dr. Ludger Drost, nahm auf die Unvollständigkeit des Ausstellungsortes Bezug. "Trotz Aufbau rührt sich was in der alten Post." Das Thema "Zeitlang" sei interessant, weil es außerordentlich breitgefächert sei.

"Sonst zerstören wir unsere Geschichte"

Hauptrednerin war Architektin Ursula Fürst, die gemeinsam mit Hausherr Bernd Stöcker die Fotos auf zwei Etagen unkonventionell gehängt hatte. Sie zog Parallelen von den Geschichten, die das über 225 Jahre alte Wirtshaus erzählt, zu den Geschichten die aus jedem einzelnen Bild sprechen. "Es ist wichtig", betonte Fürst, "dass wir Verbundenheit mit den Orten schaffen, in denen wir leben. Wenn wir das Bestehende vernachlässigen, wird es verschwinden und wir zerstören unsere Geschichte."

Manche dargestellte Szene scheine kurios, meinte Fürst. Aber immer sei der Blick des Fotografen "mild" und ohne Häme. "Ihr schont uns nicht und zwingt uns hinzuschauen – auch dorthin, wo wir irritiert sind", sprach sie die Autoren an. "Ihr weitet den Blick auf Bayern. Und wir freuen uns, dass wir dies hier zeigen dürfen."

Von 62 ausgestellten Bildern haben 21 Motive aus einem Umkreis von 25 Kilometern zum Ausstellungsort. Die zusammenfassenden Texte von Hans Kratzer verdeutlichen mit spitzer Feder die Spannungsfelder in den Bildmotiven.

Wie Fotograf Sebastian Beck meinte, gehören die Bilder an den "Tatort ihres Entstehens" zurück." Ihn interessierten insbesondere Blickwinkel des "anderen Bayern" fern der üblichen Tourismusströme. "Es gibt auch grandiose Landschaften und interessante Menschen anderswo," meinte Beck, der im Hauptberuf Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung ist. Mit SZ-Kollege Hans Kratzer wollte Beck ursprünglich nur das Buchprojekt "Zeitlang" machen, als Reminiszenz an unentdeckte bayerische Plätze. Doch das Buch stellte sich als Selbstläufer heraus, und so entschlossen sich die beiden zu einer Fotoausstellung. Triftern ist – neben Burghausen und München – die dritte Station, wo die Bilder gezeigt werden.

Das alte Wirtshaus "Zur Post" ist in seiner "kratzigen" Ursprünglichkeit ein ganz besonderer Ort um farbstarke, kontrastreiche Fotos, belichtet auf Alu-Dibond-Platten, zu präsentieren. Auf mehrfach abgeriebener Wandfarbe erscheinen die fototechnisch hochwertigen Belichtungen besonders konträr, was die Absurdität mancher Motive noch unterstreicht. Ein Raum gehört zum Beispiel den Portraits der schönen Landshuterinnen aus den Theaterproben zur Landshuter Hochzeit und erinnert (gewollt?) an die Sammlung König Ludwig I. der "Schönen Münchnerin" im Nymphenburger Schloss.

Zum Thema der Ausstellung "Zeitlang" schreibt Hans Kratzer in einem seiner einfühlsamen Texte, welche die Schau abrunden: "Zeitlang ist ein Gefühl, das den Kern der menschlichen Existenz berührt. In dem Wort steckt mehr Poesie als in einem Dutzend Schmalzromanen…" Zeitlang bedeute nicht nur Heimweh und Sehnsucht, es drücke auch Langeweile aus. Ein Zustand der segensreich für Geist und Seele sei.

Die Ausstellung geht bis zum 29. Mai. Öffnungszeiten sind samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr. Führungen mit Sebastian Beck gibt es am Sonntag, 8. Mai, sowie am Samstag, 28. Mai, jeweils um 14 und 15 Uhr. Mit Hans Kratzer kann man die Ausstellung am Samstag, 21. Mai, um 14 und 15 Uhr besuchen. Anmeldung ist wegen begrenzter Teilnehmerzahl unter kuk-triftern@gmx.net erforderlich.