Zum zweiten Mal in Folge fällt das Pfingstfest in Moos (Lkr. Deggendorf) aus. Den Traditionstermin hat die OZ zum Anlass genommen für ein Gespräch mit Brauereidirektor Holger Fichtel: "Ich hätte es mir vergangenes Jahr nicht vorstellen können, dass es heuer wieder kein Pfingstfest gibt", räumt er ein. Statt sich um Gäste und Geschäftspartner zu kümmern und am Freitagabend mit Auszug und Anzapfen das Fest zu eröffnen, ist Fichtel gestern nach Eschenbach/Stadt Eltmann in Unterfranken gefahren – zur Privatbrauerei Eschenbach, dem "jüngsten Kind" der Arco-Brauerei-Gruppe.
2018 hat die Arco-Gruppe die Privatbrauerei Wagner übernommen. Die Entwicklung der vergangenen drei Jahre bestätige das Potenzial der Brauerei, führt Fichtel aus. Er hat große Pläne mit der Brauerei, die seit dem 18. Jahrhundert im Besitz der Familie Wagner war. An dem unterfränkischen Standort soll der jährliche Ausstoß von derzeit etwa 70000 Hektoliter auf fast das Doppelte gesteigert werden.
Dafür soll ein neues Bier sorgen, das "Franz Josef Bayerisch Helles". Ähnlich wie die "Mooser Liesl" unter dem Dach von Arcobräu soll es zur Monomarke unter dem Dach der Privatbrauerei Eschenbach werden. Andere Ähnlichkeiten mit der "Mooser Liesl" wird das "Franz Josef Bayerisch Helle" aber nicht haben: "Das ist ein ganz anderes Bier", versichert Fichtel. Es sei leichter, habe eine Stammwürze von 11,8 Prozent und werde in einem besonderen Maische-Sud-Verfahren und mit anderen Hopfensorten hergestellt.
"Jede Region hat einen anderen Biertyp" findet Fichtel. Und der Erhalt der Vielfalt und der Bierkultur ist ihm wichtig. Deswegen bedauert er auch, wenn eine Brauerei aufgeben muss und nicht gehalten werden kann. Die zur Arco-Brauerei-Gruppe gehörenden Brauereien sollen daher in ihren Produkten unterschiedlich und eigenständig bleiben.
So wird das auch bei der Schlossbrauerei Grünbach und der Schlossbrauerei Irlbach gehandhabt, die Arcobräu 2014 und 2016 übernommen hat. In Grünbach ist es ein in offener Gärung handwerklich gefertigtes Weißbier, das die Brauerei auszeichnet. In Irlbach werde ein gutes Bier gebraut, das von Stammkunden und Bierkennern geschätzt wird und im Bayerischen Wald besonders gut ankomme, berichtete der Brauereidirektor.
In allen vier Brauereien zusammen beträgt der jährliche Ausstoß rund 400000 Hektoliter. Und obgleich der Biermarkt schwierig geworden ist, sieht Fichtel noch Luft nach oben.
Der Erfolg basiert seiner Meinung nach darauf, dass sich Arcobräu nicht nur auf den Kernmarkt beschränkt hat. Es wurde auf die Achse Landshut-München mit hoher Kaufkraft gesetzt. Das alkoholfreie Bier, das durch Entalkoholisierung gewonnen wird, sowie der Export trugen zum Erfolg der Arco-Brauerei-Gruppe bei. Nur durch diese Vier-Säulen-Strategie sei ein zweistelliges Wachstum erzielt worden und eine Stabilität, die auch der Pandemie trotzen kann.
"Aber natürlich ist der Verkauf von Fassbier eingebrochen", gibt Fichtel zu. Dafür, dass manche Gastronomen ihre Biergärten nur öffnen wollen, wenn auch Innengastronomie erlaubt wird, hat der Brauereichef Verständnis. Das hänge von der Struktur ab: Große Biergärten würden sicher öffnen, wer nur einen kleinen Außenbereich habe, für den lohne es sich eher nicht.
Einige Wirte halten sich bisher mit Essen zum Abholen über Wasser. Wie sie hofft Fichtel auf eine baldige komplette Freigabe für die Gastronomie. Ihm tue es um jedes private Wirtshaus leid. Große Gastronomieketten würden überleben, aber kleine Traditionswirtshäuser hätten schwer zu kämpfen, bedauert Fichtel.
Dagegen stemmt sich die Brauerei mit der Wiedereröffnung des seit langer Zeit geschlossenen Bräustüberls in Eschenbach. Nach der Renovierung wird es von einer Wirtin aus dem Ort betrieben. "Wir hoffen, dass es gut angenommen wird, sowohl von Einheimischen als auch von Radfahrern", sagt Fichtel. Überhaupt wünscht er sich, dass Konsumenten ihr Verhalten auf die Stärkung des Mittelstandes ausrichten und nicht auf die Konzerne.
Seine Aufgabe sieht er darin, auf die Entwicklungen im Biermarkt so zu reagieren, dass die Arco-Brauerei-Gruppe in der Zukunft erhalten bleibt und in die nächste Generation geführt wird. Der Frage, ob eine weitere Übernahme denkbar wäre, weicht Fichtel aus. Gänzlich ausgeschlossen ist es vielleicht nicht – aber es käme sicher auf das sich bietende Potenzial an.
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