Vermisste kündigt ihren Job

Lisa Ninnemann schickt Faxe an ihren Arbeitgeber: Krankheit als Ursache für ihr Abtauchen

11.05.2021 | Stand 21.09.2023, 22:37 Uhr

Mit diesem vielfach geteilten Foto suchten die Angehörigen auf Facebook nach Lisa Ninnemann.

Schönberg. Womöglich eine überraschende Wendung im Vermisstenfall Lisa Ninnemann: Sie hat am Freitagabend zwei Faxe an ihren Arbeitgeber, die Verwaltungsgemeinschaft Schönberg, geschickt. Einmal eine Abmeldung des Wohnsitzes in Innernzell, einmal eine Kündigung ihrer Arbeit im Grund- und Gewerbesteueramt des Marktes. Sie sei aus gesundheitlichen Gründen im Ausland. "Ich wünsche euch alles Gute", stand darauf zu lesen. Und: Es tue ihr leid, "euch so im Stich zu lassen".

Schönbergs Bürgermeister Martin Pichler rief am Montagmorgen die Mitarbeiter im Rathaus zusammen. Gleich nachdem er Kenntnis vom Eingang der beiden Faxe hatte, informierte er Ninnemanns Arbeitskollegen ebenso wie die Angehörigen der Vermissten über die aktuellsten Entwicklungen.

Wie Pichler anschließend auf Anfrage der Heimatzeitung betont hat, seien die Mitarbeiter und er froh über die Lebenszeichen der 28-jährigen Innernzellerin gewesen, die er als sehr fleißig und akkurat, jedoch auch als Frau ohne große Kontakte in der Verwaltung bezeichnete. "Sie ist am Leben", lautete wohl der Gedanke, der allen durch den Kopf geschossen ist. Denn je länger die Ungewissheit andauerte, desto mehr schossen die Vermutungen in der Öffentlichkeit ins Kraut. Auch ein Verbrechen oder ein Suizid konnte nicht ausgeschlossen werden.

Wie mehrfach berichtet, war Lisa Ninnemann vor zwei Wochen spurlos verschwunden. Am 20. April soll sie sich ziemlich lange am Parkplatz des Grafenauer Freibads aufgehalten haben. Dort fanden Angehörige dann auch ihren verlassenen silbernen Skoda Fabia.

Von der Vermissten, die ca. 1,82 Meter groß ist und schulterlange braune Haare hat, fehlte bis zum gestrigen Montag jegliches Lebenszeichen. Die Familie war verzweifelt und bat mehrmals in den sozialen Medien um die Hilfe der Bevölkerung. Diese Hilferufe wurden auch ins Tschechische übersetzt.

"Wir sind mit unseren Kräften am Ende, schlaflose Nächte und die schlimmsten Vorstellungen/Spekulationen belasten uns Tag für Tag mehr", postete ihr Bruder Simon beispielsweise auf Facebook. Über zehntausend Mal wurde der bewegende Beitrag geteilt. Kommentare darunter stammten aus ganz Niederbayern.

Es gebe keine Anhaltspunkte, was mit Lisa passiert sein könnte, oder wo sie sich aufhält, stand auch noch am Montagvormittag dort zu lesen. Lisas Handy sei ausgeschaltet, im Auto fand man ihre Jacke und Pfandflaschen − nichts, was Hinweise auf ihren Aufenthaltsort geben könnte.

Die beiden Computerfaxe tragen als Absendedatum den 7. Mai 2021. Abgeschickt wurden beide am letzten Freitag um 17.59 Uhr, eine Zeit also, in der im Schönberger Rathaus niemand mehr im Dienst war. Ein weiteres Detail im Faxkopf weist auf Spanien als möglichen Absendeort hin.

Bürgermeister Pichler hält die beiden Schreiben für authentisch. Wie er diesbezüglich auf Anfrage der Heimatzeitung betont, würden darin Details aus von ihm mit Lisa Ninnemann persönlich geführten Gesprächen auftauchen.

Das Abmeldungsfax des Wohnsitzes ist sehr sachlich gehalten ("ich befinde mich aus gesundheitlichen Gründen im Ausland"), das Kündigungsfax ist länger – und emotionaler. In ihm erläutert Ninnemann die Gründe ihrer fristlosen Kündigung, die rein gesundheitlich bedingt seien. Im Rahmen ihrer letzten längeren Krankheitsphase habe sie schon damals zu einem Ort gefunden, der es ihren Atemwegen ermöglicht habe, sich zu erholen. "Es tut mir leid, euch so im Stich zu lassen. Ich möchte mich bei euch für all die wunderbaren Jahre sowie das entgegengebrachte Verständnis sowie die Unterstützung bedanken".

Die PI Grafenau hat auf Anfrage der Heimatzeitung den Eingang der Faxe bestätigt. Weitere Auskünfte können aber derzeit im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen nicht gegeben werde, sagt stellvertretender PI-Leiter Andreas Fuchs.