Eggenfelden
892 Quadratmeter Hoffnung

03.01.2020 | Stand 20.09.2023, 4:27 Uhr

Dass in der Rottgauhalle das Impfzentrum Rottal-Inn angesiedelt ist, darauf weisen aktuell nur die "Eingang"-Transparente hin. Drinnen stößt man sofort auf den Empfang. −Foto: Wanninger

Auf dem Parkplatz stehen ein paar wenige Autos. Zwei große Transparente mit dem Wort "Eingang" weisen den Weg zur dunkel- braunen Holztür. Warteraum und Arztzimmer drinnen sind noch leer. Es ist die Ruhe vor dem Sturm im Impfzentrum Rottal-Inn in der Rottgauhalle. Doch: So ruhig ist es dort eigentlich gar nicht mehr.

Ein schriller Klingelton. "Impfzentrum Rottal-Inn", meldet sich die freundliche Mitarbeiterin und beantwortet gerne die Fragen des Anrufers. Meist geht es um einen Termin für die Impfung gegen Covid-19. Dabei wird es noch ein wenig dauern, bis auch in der Rottgauhalle das Vakzin von Biontech/Pfizer verabreicht werden kann. Erst einmal braucht man genug Serum.

Nachfrage nach Terminen enorm

An die 200 Telefonate dürften es gewesen sein, welche die zwei oder teilweise drei Damen vom BRK alleine am ersten Tag nach Freischaltung der Nummer geführt haben – bis gestern waren es rund 1000. Sie erledigen die Registrierung, fragen nach etwaigen Allergien, nehmen die persönlichen Daten auf und teilen die Impfwilligen in die jeweilige Prioritätsstufe ein. Ist derjenige an der Reihe, dann bekommt er einen Rückruf und einen Termin angeboten. Momentan ist das Telefonieren noch die einzige Aufgabe der Mitarbeiterinnen am Empfang des Impfzentrums, das wie die mobilen Impfteams im Landkreis vom BRK-Kreisverband betrieben wird. Doch es ist alles bereit für die ersten Kunden.

Hohe weiße Wände, die unterbrochen sind von blauen Feldern, begrenzen die langen Gänge, von denen es zu den einzelnen Räumen geht. Würde man einen Deckel auf die Aufbauten in der Rottgauhalle legen, es könnte eine 892 m² große Praxis sein, in der man sich bewegt. Lediglich der Boden, der ist original. Aber auch nur zum Teil. Denn in die Zimmer, die Impfwillige betreten, wurde eigens heller PVC-Belag verlegt – allein schon aus hygienischen Gründen. Überhaupt präsentiert sich das Impfzentrum freundlich. Das Konzept ist durchdacht.

Sofort nach der Eingangstür wird man am Empfang begrüßt. Name und Termin wegen geprüft, man bekommt einen Aufklärungsbogen, der vor der Impfung ausgefüllt werden muss. Und es wird auch gleich ein Termin für die zweite Corona-Impfung vereinbart, die am besten nach drei Wochen erfolgen soll.

Gleich um die Ecke der Warteraum mit Stehtischen, BRK-Transparent und einem großen Bildschirm. Über diesen erfahren Herr Meier oder Frau Müller per Videosequenzen alles wichtige über die Impfung allgemein, ehe sie dann eines der vier nur ein paar Meter entfernten Arztzimmer gehen dürfen. Es ist eingerichtet mit Liege, Rollschränkchen, Stuhl, Tisch und PC. Dort wird das Serum verabreicht. Ist dies geschehen, legt man sich im benachbarten und unmittelbar angeschlossenen Ruheraum auf die bereitstehenden Liegen.

Nach ein paar Minuten, wenn alles in Ordnung ist, verlassen sie dieses Zimmer auf der anderen Seite, erreichen einen Gang und werden per Beschilderung zum Ausgang geleitet. Alles im Einbahnstraßensystem. Nach 30 bis 45 Minuten, so der voraussichtliche Zeittakt inklusive Vorbereitung und Aufklärungsgespräch, ist man wieder raus aus der Halle – und dem Virus nicht mehr wehrlos ausgesetzt.

Ein Hauch von Gerner

Sollte es jemand nach der Spritze oder aus welchen Gründen auch immer nicht gut gehen, dann ist man im Impfzentrum auch darauf vorbereitet. Mit einem eigenen Notfallraum, wo sofort Hilfe geleistet werden könnte.

Einen Gang weiter sind die Funktionsräume zu finden. Und auch der Aufenthaltsraum für die Mitarbeiter, für die zudem eigene Umkleiden eingerichtet sind. Dort, wo die Damen und Herren des BRK mal eine kleine Pause machen, ein Wasser oder einen Kaffee trinken können, erinnert man sich wieder, wo man ist: in der Rottgauhalle. Zwei Biertische stehen in dem Raum, auf der Wand dahinter ist ein Teil der Bemalung zu erkennen, auf die man sonst beim Gerner blickt. Doch bis man sich hier wieder eine Maß Festbier und ein halbes Hendl schmecken lassen kann, wird es dauern – auf jeden Fall bis 2022.

Für ein halbes Jahr dient die Halle vorerst als Impfzentrum Rottal-Inn. Bis zu zehn Mitarbeiter – Verwaltungsleiter und -kräfte, zwei Ärzte, Pflegekräfte oder medizinisch-technische Assistenten – werden dort sieben Tage in der Woche alles dafür tun, dass möglichst schnell möglichst viele Menschen im Landkreis einen Schutz gegen Covid-19 bekommen. Bis zu 2100 Impfungen sollen in einer Woche möglich sein. Der Startschuss erfolgt möglicherweise in dieser oder der nächsten Woche – je nach Impfstofflieferung und auch Impfbereitschaft.

Derzeit sind aber erst einmal die mobilen Teams des BRK unterwegs, um Bewohner und Beschäftigte in Senioren- und Pflegeheimen sowie den Rottal-Inn-Kliniken zu immunisieren. Neue Dosen von Biontech/Pfizer trafen im Laufe der vergangenen Woche ein. So haben seit Beginn der Impfung am 27. Dezember bis gestern knapp 1000 Menschen im Landkreis das Serum verabreicht bekommen – zwei Drittel Pflegebedürftige, ein Drittel Pflegepersonal. Tausende weitere werden dann im Impfzentrum folgen – und mit jedem wird die Hoffnung auf baldige Normalität größer.

INFOWer sich impfen lassen will, kann sich bereits jetzt registrieren lassen. Der Empfang des Impfzentrums ist aktuell Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr erreichbar unter ✆08721/1209973. In absehbarer Zeit soll auch eine Online-Registrierung möglich sein.

Priorität 1 haben alle Bürger, die 80 Jahre und älter sind. Diese haben vom Landratsamt bereits einen Brief erhalten oder bekommen diesen in den nächsten Tagen. Insgesamt rund 8000 Schreiben werden von der Landkreisbehörde verschickt.

Infos zu den Prioritätsstufen, also wer zuerst geimpft werden soll, gibt es unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ fileadmin/Dateien/3_Downloads /C/Coronavirus/Verordnungen/ CoronaImpfV_-_De_Buette.pdf

Antworten auf allgemeine Fragen erhält man im Internet unter www.rottal-inn.de/impfzentrum oder https://www.stmgp.bayern.de/ coronavirus/impfung/.

Wie wird bei uns die Kühlung organisiert, damit es nicht zu Zwischenfällen wie in Franken kommt? Dazu das Landratsamt: Impfstoff wird vom BioNTech an UTS Standorte bei -70 Grad geliefert. Von dort wird er in aufgetautem gekühlt Zustand an die Impfzentren geliefert. Aufgetaut und stetig gekühlt muss er innerhalb von 120 Stunden verimpft werden. Damit auch die Kühlkette bei der Anlieferung und Aufbewahrung nicht unterbrochen wird, wurden die Impfzentren vom Freistaat Bayern mit Arzneimittelkühlschränken und Kühltaschen ausgestattet.