Pfarrkirchen
150 Jahre Landwirtschaftsschule Pfarrkirchen

20.09.2022 | Stand 25.10.2023, 10:45 Uhr

Freuen sich auf viele Besucher anlässlich des Jubiläums: die Leiterin der Landwirtschaftsschule, Hauswirtschaftsdirektorin Rosemarie Thalhammer, sowie der Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Leitender Landwirtschaftsdirektor Josef Eichenseer. −Foto: Kolb

Die 1871 gegründete Landwirtschaftsschule Pfarrkirchen am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Landau-Pfarrkirchen begeht am kommenden Wochenende ihr 150-jähriges Bestehen mit einer Feier und zwei "Tagen der offenen Tür". Im eigentlichen Jubeljahr 2021 konnte wegen Corona nicht gefeiert werden.

Zur Historie: "Mit hoher Regierungsentschließung vom 9. Juni des Jahres wurde die Errichtung einer landwirtschaftlichen Winterschule in der Stadt Pfarrkirchen genehmigt, und wird dieselbe mit dem 2. November eröffnet werden. In derselben finden Knaben, welche das 13. Lebensjahr vollendet haben und sich über ihre Entlassung aus der Elementarschule ausweisen können, dann Jünglinge bis zu dem Alter von 18 Jahren Aufnahme. Der Unterricht wird unentgeltlich erteilt …", so verbreitete das Königliche Bezirksamt, bzw. Kgl. Bezirksamtmann Burgmaier, seine Bekanntmachung am 4. Oktober 1871 im "Pfarrkirchner Wochenblatt".

1871 waren es nur vier Schüler

Zu finden ist diese in dem zu Weihnachten 1971 erschienenen Festschrift-Buch "100 Jahre Landwirtschaftsschule Pfarrkirchen" von Oberregierungslandwirtschaftsrat Ing. Dr. agr. Oskar Seitz, Schulleiter in Pfarrkirchen 1973 bis 1994 (1981 bis 1993 auch Eggenfelden). Das Jubiläum wurde damals unter Schulleiter Hans Kohlbauer mit einer Messe in der Gartlbergkirche und einer Großkundgebung in der Stadthalle im Januar 1972 gefeiert.

In der Schulhistorie nimmt Dr. Seitz eine herausragende Position ein, denn er schrieb mehrere Bücher über die Landwirtschaftsschulen in Pfarrkirchen und Eggenfelden sowie seine Dissertation über "Die Landwirtschaftsschule Pfarrkirchen und ihr Einfluss auf die Landwirtschaft im niederbayerischen Rottal". Dabei handelt es sich um einen detailreicher Fundus mit viel statischem Material. Der Leiter des AELF, Leitender Landwirtschaftsdirektor Josef Eichenseer, (Schulleiter von 2005 bis 2021) nutzte dies für seinen Rückblick, der hier einfließen darf. Aus Eichenseers Sicht ist es Amts- und Schulleiter Dr. Seitz zu verdanken, dass die Schule in Pfarrkirchen bestehen blieb, der Standort Eggenfelden jedoch geschlossen wurde.

Prägende Persönlichkeit für die Weiterentwicklung der Schule in den ersten vier Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war Landwirtschaftsdirektor Albert Ruhwandl (Ökonomierat und Landwirtschaftsrat I. Klasse), der die Schule von 1906/07 bis 1944/45 leitete. Mit Ruhwandls Berufung als Hauptlehrer an der "Königlich landwirtschaftlichen Winterschule" und Wanderlehrer für die Rottaler Amtsbezirke Pfarrkirchen/Eggenfelden/Griesbach "beginnt ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Fachschule und der Aufbau des Beratungswesens im Rottal", stellt Dr. Seitz in seiner Festschrift heraus. Laut Seitz hat Ruhwandl "mit Verständnis und Güte die nicht gerade einfach zu handhabenden Bauern des Rottals gewonnen". Die Folge war: "Die Ruhwandl-Schule in Pfarrkirchen war ein Begriff in Stadt und Land." Zudem führte Ruhwandl "für die bildungswillige weibliche Landjugend" eine Ausbildung ein. Ab Herbst 1920 gab es "sechswöchige Haushaltungs- und Kochkurse für Bauernmädchen."

Mehrere verschiedene Standorte in Pfarrkirchen

Der Start der "Landwirtschaftlichen Winterschule" für die genannten Rottaler Bezirksamtsbezirke in Pfarrkirchen im Obergeschoss des "Gallmeierschen Hauses" (bis 1896) unter dem Kgl. Bezirksamtmann Bartholomäus Burgmaier als Schulvorstand (1871/72 bis 1883/84) verlief etwas holprig. So kamen am 2. November 1871 nur vier Schüler, sodass man den Betrieb nach 14 Tagen wieder einstellte. Im darauffolgenden Schuljahr waren es bereits zehn Schüler, "die sich gegen die enormen Vorurteile ihrer Zeitgenossen freiwillig oder auf Wunsch ihrer Eltern auf die Schulbank setzten, um landwirtschaftliches Wissen zu erlernen und ihre Allgemeinbildung zu verbessern", so Dr. Seitz in seiner Festschrift über diese "Pioniere". Der Altersdurchschnitt der Schüler betrug damals 13 Jahre und fünf Monate.

Von 1896 bis 1906 war die Schule im Knabenschulhaus (heute Rathaus 2) untergebracht, seit 1900 als fünfklassige Landwirtschaftsschule. Die Stadt Pfarrkirchen übernahm 1901 vom Bezirksamt Pfarrkirchen die Trägerschaft und hatte diese bis 1952 inne. Die inzwischen zweijährige "Königliche landwirtschaftliche Winterschule" zog 1907 in das von der Stadt errichtete Gebäude der Höheren Landwirtschaftsschule (Vorläufer des Gymnasiums) an der Arnstorfer Straße. Ab 1918 lautete die Bezeichnung wieder "Landwirtschaftliche Winterschule", aus der 1921 die "Landwirtschaftsschule" wurde. In den 30ern führte die Stadt die Schule einige Jahre als "Städtische Realschule mit landwirtschaftlicher und Handelsabteilung nebst Lateinklassen", bis der bayerische Staat die Realschule übernahm und eine Aufbaustufe anschloss.

Als die Stadt auch das Gebäude dem Staat übereignet hatte, fand die Schule ab 1942 mit männlicher und weiblicher Abteilung im ehemaligen Waisenhaus "Josefsheim" in der Lindnerstraße 15 bis Mai 1945 eine Heimat. 1946 bis 1950 diente das Alte Rathaus als Schule. Ab 1946 fanden fünfmonatige Kurse für Mädchen und Frauen statt. Die Abteilung Landwirtschaft zog 1950 in das vom Landkreis erworbene "Waltenbergerhaus" in der Eggenfeldener Straße 26. Die Abteilung Hauswirtschaft bezog 1951 einen Neubau im Lärchenweg 12 und bestand dort bis 1972. Der Landkreis Pfarrkirchen übernahm zum 1.April 1953 von der Stadt die Landwirtschaftsschule.

Landwirtschaftsschule auch in Eggenfelden

Wachsendes Interesse führte zur Einrichtung von Landwirtschaftsschulen in den Nachbarlandkreisen: 1948 in Eggenfelden unter der Trägerschaft des Landkreises Eggenfelden, ab 1972 Rottal-Inn) mit der Abteilung Landwirtschaft bis 1993 und der Abteilung Hauswirtschaft von 1961 bis 2000. Die Landwirtschaftsschule Pfarrkirchen – seit 1972 unter der Trägerschaft des Landkreises Rottal-Inn – blieb am Lärchenweg 12 ansässig. 1987 wurde die Abteilung Landwirtschaft herverlegt, 2001 die Abteilung Hauswirtschaft wiedereröffnet.

Im Laufe der 150 Jahre haben sich natürlich auch die Lerninhalte geändert. So haben die landwirtschaftlichen Kernfächer wie Pflanzenbau, Tierhaltung, Technik und Betriebslehre enorm an Bedeutung gewonnen – von 25 Prozent der Unterrichtszeit im Jahr 1872 auf mittlerweile 80 Prozent. Dafür stehen kein berufsbezogener, allgemeinbildender Unterricht sowie keine naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer mehr auf dem Stundenplan.

Hauswirtschaftsdirektorin Rosemarie Thalhammer übernahm mit Zusammenlegung der zwei Ämter in Pfarrkirchen und Landau an der Isar im Juli 2021 die Bereichsleitung Landwirtschaft und die Leitung der Landwirtschaftsschule in Pfarrkirchen. Im nächsten Wintersemester sind in der Abteilung Landwirtschaft 18 Studierende für das erste Semester angemeldet, ebenfalls 18 Studierende werden das dritte Semester besuchen. Die Abteilung Hauswirtschaft (Teilzeitform, 22 Monate Unterricht) hat im laufenden Semester 16 Studierende.

Optimistischer Blick in die Zukunft

Für die Zukunft sind sich AELF-Chef Josef Eichenseer und Schulleiterin Rosemarie Thalhammer einig: "Der Wert der regionalen Landwirtschaft hinsichtlich nachhaltiger Ernährungssicherstellung und Rohstofflieferung wird zunehmen." Zudem sei wegen der erhöhten gesetzlichen Anforderungen und der Energieabhängigkeit der Landwirtschaft zu erwarten, dass die belastende langjährige Überschusssituation bei vielen wichtigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen ein Ende finden könne. Zwar würde sich für die Betriebe die Erzeugung verteuern. Auf der anderen Seite sollte sich hoffentlich aber auch die Situation bei den Erlösen verbessern.

Für Eichenseer und Thalhammer stehen fest: "Die Anforderungen an Ausbildung und Managementfähigkeiten der Betriebsleiter werden steigen, was den Stellenwert der fachschulischen Bildung, Fort- bzw. Weiterbildung und damit die Bedeutung dieser Fachschulen weiter steigern kann."

Großes Festprogramm am Wochenende

Die Landwirtschaftsschule (Lärchenweg 12) feiert ihr Jubiläum am Samstag von 11 bis 17 Uhr sowie am Sonntag von 10 bis 17 Uhr mit zwei "Tagen der offenen Tür". Studierende der Abteilungen Hauswirtschaft und Landwirtschaft haben hierfür viele Aktivitäten vorbereitet.

An verschiedenen Stationen können sich die Besucher über Berufe der Landwirtschaft und Hauswirtschaft, über das Programm "Erlebnis Bauernhof" für Schulklassen sowie über Gewässerschutz und Biodiversität informiert.

Die Besucher lernen in der Abteilung Hauswirtschaft den Schulalltag kennen. Auf dem Programm steht eine Kochvorführung zum Thema "Vom Korn zum Brot". Zudem kann man sich von den herbstlichen Dekorationen und dem Rezeptbuch der Studierenden inspirieren lassen. Außerdem werden Kränze, Körnerkissen und fruchtige Geschenke zum Verkauf angeboten.

Die Abteilung Landwirtschaft präsentiert sich mit Hofporträts, der Hofgeschichte eines Studierenden-Betriebs, dem Getreideanbau im Landkreis aber auch der Tierhaltung und dem Tierwohl in der Milchviehhaltung. Natürlich wird auch der technische Fortschritt in der Landwirtschaft dargestellt.

Gezeigt wird anlässlich des Jubiläums auch der neue Imagefilm über die Landwirtschaftsschule, der zusammen mit Fachkräften und Studierenden erstellt worden ist. Dieser informiert über die Ausbildung in den Abteilungen Hauswirtschaft und Landwirtschaft. Interviewt wurden auch erfolgreiche Ehemalige, die erzählen, wie sie ihr Fachwissen erfolgreich in der Praxis in Haus und Hof umgesetzt haben.

Begleitend dazu findet in Zusammenarbeit mit dem Bezirksverband für Gartenkultur und Landespflege Niederbayern, Arbeitskreis Pomologie, eine große Obstausstellung mit vielen Informationen in der Aula statt. Außerdem wird frisch gepresster Saft serviert. Vor Ort sein wird auch die neue Rottaler Mostkönigin Laura Roll. Die Kinder erwartet ein eigenes Programm mit Betreuung.

Für das leibliche Wohl der Besucher sorgen an den beiden Tagen die Studierenden mit Mittagsverpflegung sowie Kaffee und Kuchen.