PNP-Gesundheitsserie
12 Ernährungsmythen auf dem Prüfstand: Expertin klärt auf

22.11.2020 | Stand 25.10.2023, 10:40 Uhr
Florentina Czerny

Fisch ist gesünder als Fleisch? Ein Mythos, den Ernährungsberaterin Julia Axer im Großen und Ganzen bestätigen kann. −Symbolbild: Kai Remmers/dpa

Eier treiben den Cholesterinspiegel in die Höhe und Abendessen macht dick − kaum ein anderes Thema ist so mit Mythen behaftet wie die Ernährung.

Julia Axer ist Ernährungsberaterin in Kelheim und Regensburg, die vielen Mythen rund ums Essen begegnen ihr regelmäßig. Wir stellen zwölf bekannte Ernährungsmythen vor – die Expertin verrät, was an ihnen stimmt und was nicht.

(Alle Teile der PNP-Gesundheitsserie finden Sie hier auf unserer Sonderseite.)

1. Superfood ist exotisch und teuer

Gojibeeren, Acai und Chia-Samen gelten als Superfood. Dass sie eine positive Wirkung auf den Körper haben, mag stimmen – für die Umwelt aber sind sie schlecht, weil sie oft um die halbe Welt transportiert werden müssen. Dabei muss "Superfood" nicht immer teuer und exotisch sein − auch einheimische Lebensmittel tun uns gut. "Sauerkraut zum Beispiel – das hat wenig Kalorien und ist sehr gut für unseren Darm", erklärt die Expertin. Als Ersatz für die beliebten Chia-Samen empfiehlt sie Leinsamen.

2. Eiweißmangel durch vegetarische oder vegane Ernährung

"Bei vegetarischer Ernährungsweise ist das nicht der Fall", erklärt Julia Axer. Das Eiweiß, das man durch Milchprodukte wie Käse und Joghurt aufnimmt, reiche völlig aus. Auch Veganer können sich so ernähren, dass sie genug Eiweiß zu sich nehmen − allerdings müssen sie sich gezielt wichtige Eiweißlieferanten aussuchen. "Ersatzprodukte und Lebensmittel aus Soya sind zum Beispiel reich an Eiweiß." Auch Hülsenfrüchte wie Kichererbsen liefern den wichtigen Stoff.

3. Eier treiben den Cholesterinspiegel in die Höhe

Der Klassiker unter den Ernährungsmythen − und noch immer gibt es viele Zweifel. Die Expertin klärt auf: "Längerfristig betrachtet hat der Eierverzehr keinen großen Einfluss auf den Cholesterinspiegel." Zumindest wenn er im Rahmen bleibt. Mehr als zwei bis drei Eier pro Woche sollte man nicht essen. Achtung: Hier sind auch die verarbeiteten Eier mitgezählt, zum Beispiel in einem Kuchen.

4. Smoothies sind gesunde Vitaminbomben

Das stimmt – aber sie sind auch oft Kalorienbomben. "Ein bisschen Mango, ein paar Trauben, eine Banane – da hat man schon mal eine Tafel Schokolade zusammen", stellt die Expertin klar. Denn neben Vitaminen steckt in Obst auch viel Fruchtzucker − und der geht, weil die Frucht komplett zerkleinert wurde, direkt ins Blut. Ganz darauf verzichten muss man aber nicht. Julia Axer rät zum maßvollen Genuss – und dazu, das Getränk mit Eiweiß anzureichern, zum Beispiel durch Joghurt. Das hält länger satt.

5. Abendessen macht dick

"Generell sind lange Fastenzeiten für den Darm gut und abends auf mächtige Mahlzeiten zu verzichten kann beim Abnehmen unterstützen", meint Julia Axer. Allerdings nur, wenn man zuvor nicht übermäßig viel gegessen hat. Denn generell gilt: Um abzunehmen, muss man weniger Kalorien zu sich nehmen, als man verbraucht − dabei ist es egal, wann man sie zu sich nimmt. Auf Rohkost wie Salat sollte man direkt vor dem Schlafengehen aber verzichtet − die verlangt dem Körper viel Verdauungsarbeit ab und kann sogar für Alpträume sorgen.

6. Lieber auf Light-Produkte zurückgreifen, um Kalorien zu sparen

"Light-Produkte enthalten tatsächlich weniger Zucker", sagt die Ernährungsberaterin. Ganz so einfach ist es aber nicht, denn stattdessen sind diese Produkte mit Süßstoff angereichert. Und dieser wiederum regt den Heißhunger an und sorgt für die ein oder andere Ess-Attacke, die man eigentlich vermeiden möchte. Tipp: Wer auf seine Limonade nicht verzichten will, sollte sich lieber für die Originalversion entschieden und sie in Maßen zum Essen genießen.

7. Kaffee ist ungesund, weil er dem Körper Wasser entzieht

Dieser Mythos stimmt − aber nur bei denjenigen, die normalerweise keinen Kaffee trinken. Für "Kaffeejunkies", die das Heißgetränk täglich genießen, ist es völlig unbedenklich. "Der Körper hat sich an die Wirkung gewöhnt und sich angepasst", erklärt Julia Axer. Das gilt auch für das Koffein – das bewirkt bei regelmäßigen Kaffeetrinkern keinen Kick mehr. Bei Menschen, die kaum Kaffee trinken hingegen schon.

8. Süßigkeiten sorgen für Pickel

Es kann passieren, dass zu viele Süßigkeiten bei manchen Menschen die Aknebildung fördern, pauschal kann man das aber so nicht sagen. "Das hängt von verschiedenen Faktoren ab", sagt Julia Axer. Eine Veranlagung zu Akne, Lebensmittelunverträglichkeiten oder Vorerkrankungen wie Neurodermitis spielen ebenso eine wichtige Rolle.

9. Schnaps hilft bei der Verdauung

Absolut falsch, sagt die Expertin. "Schnaps legt die Verdauung lahm, weil Alkohol ein Gift ist." Sobald man Schnaps trinkt, ist der Körper damit beschäftigt, ihn abzubauen und kann sich derweil nicht um die Verdauung der Speisen kümmern. Die bessere Alternative: Spazieren gehen. Dabei massiert man seinen Darm automatisch – das ist auch bei Verstopfungen hilfreich.

10. Frisches Gemüse ist gesünder als tiefgekühltes

Dieser Mythos ist nicht wahr. "Das Gemüse wird direkt nach der Ernte schockgefrostet, die Vitamine können gar nicht entkommen", erklärt Julia Axer. Bei frischem Obst und Gemüse ist das anders: Vitamine sind empfindlich und können durch Umgebungseinflüsse wie Licht und Temperatur verloren gehen.

11. Fisch ist gesünder als Fleisch

"Das kann man so sagen", bewertet die Ernährungsexpertin. Sie rät dazu, zwei mal in der Woche Fisch zu essen, denn dadurch führt man seinem Körper wichtige und gute Omega-3-Fettsäuren zu, die man von Fleisch nicht bekommt. Die guten Fette können empfindliche Prozesse im Körper bremsen und sind gut für den Herzkreislauf.

12. Wer schlank ist, ist auch gesund

Das stimmt natürlich nicht. Gesundheit zeichnet sich viel mehr durch ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung ab, als durch eine schlanke Figur. "Manche dünne Menschen haben ähnliche Blutwerte wie Übergewichtige", erklärt Julia Axer. Nicht nur überschüssiges Hüftgold können Anzeichen für einen ungesunden Lebensstil sein, sondern zum Beispiel auch Müdigkeit. "Es ist wichtig, auf seinen Körper zu hören." Wer gesund ist, fühlt sich in der Regel auch so.