Plattling/Deggendorf
Drei Jahre Haft für Erntehelferin wegen Totschlags durch Unterlassung

28.03.2017 | Stand 18.09.2023, 1:50 Uhr

Jetzt wurde die Erntehelferin verurteilt. −Symbolbild: dpa

Im Juli 2015 hatte eine damals 24-jährige polnische Erntehelferin auf der Toilette ihrer Gemeinschaftsunterkunft in Plattling einen gesunden Buben geboren. Allerdings kümmerte sich die Mutter zweier Mädchen erst so spät um das Kind in der Kloschüssel, dass dieses bereits tot war, als sie es in den Armen hielt. Sie wurde im vergangenen Jahr zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, doch nun stand sie nach 13 Monaten wegen einer Revision der Staatsanwaltschaft erneut vor Gericht. Drei Jahre Haft lautet das neue Urteil, das am späten Montagnachmittag gesprochen wurde.

Am dritten Verhandlungstag kam der Chefarzt der Forensik am Bezirksklinikum Mainkofen, Dr. Johannes Schwerdtner, als Sachverständiger ausführlich zu Wort. Alles drehte sich um die Schuldfähigkeit der Angeklagten, ob diese psychisch in der Lage gewesen sei, das Baby rasch aus der Kloschüssel zu ziehen und damit den Kindstod hätte verhindern können.

Nach den Plädoyers und einer zweistündigen Unterbrechung verkündete Richter Müller das Urteil: Die Angeklagte wird zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen "Totschlags durch Unterlassung" verurteilt. In seiner Begründung verwies das Schwurgericht auf zwei wichtige Erkenntnisse der Sachverständigen. Erstens: "Das Kind muss mindestens drei Minuten in der Toilettenschüssel gelegen haben", sagte der vorsitzender Richter Horst Müller. Die Versorgung sei in dieser Zeit über den Mutterleib erfolgt. Erst dann könne es zur Atmung des Neugeborenen gekommen sein. Zweitens: Es müssen weitere drei Minuten vergangen sein, in denen das Baby in der Kloschüssel gelegen haben muss. "Durch bloßes Herausnehmen wäre das Kind gerettet worden", urteilte das Schwurgericht. Bei der Strafzumessung habe das Gericht die "teilweise Geständigkeit" und "den Familiendruck" der Angeklagten berücksichtigt. Von einem "minderschweren Fall" habe man nicht mehr ausgehen können. In seinem Urteil sei das Gericht von einem "Gesamtbild der Tat" ausgegangen. Drei Jahre seien "ein mildes Urteil".

− rb

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