Schönberg/FRG
Wenn grüne Männchen ins Freibad gehen

120 Einsatzkräfte bei Jahresübung des FRG-Gefahrgutzugs beim Großeinsatz im Schönberger EBS

04.05.2024 | Stand 04.05.2024, 5:00 Uhr
Olga Behringer

Gegenseitige Hilfe beim Anziehen der Schutzanzüge.

Von Olga Behringer

Schönberg. Das Unglück nahm im Technikraum des Schönberger Freibades seinen Lauf und es ging um Leben und Tod: Während des Bäderbetriebes mit 150 Badegästen wurde vom Bademeister ätzender Geruch rund um die Chlorgasanlage festgestellt. Sofort alarmierte er die Feuerwehr, die um 13.30 Uhr angerückt war. Maximal 320 Kilogramm Chlorgas sind in der Anlage verfügbar, aber nicht erkennbar, wo das Leck ist und wie viel bereits freigesetzt wurde. Die Feuerwehr Schönberg mit Kommandant Michael Hansbauer erkannte sofort die Gefahrenlage, um den Gefahrgutzug des Landkreises Freyung Grafenau zu alarmieren. Zu Beginn des Einsatzes wurde der Gefahrenbereich festgelegt und das Gelände weiträumig abgesperrt.

Vom Gefahrgutzug mit hochspezialisierten Fahrzeugen und Ausstattung, bestehend aus den Feuerwehren Waldkirchen, Freyung, Neureichenau, Riedlhütte-Reichenberg, Grafenau und Schönberg, wurde in der Jahnstraße eine Übung gezeigt, die realistischer nicht präsentiert werden könnte. Gott sei Dank nur die jährliche Gefahrgutübung mit über 120 Personen im Einsatz, die unter der Leitung von Kreisbrandmeister „Gefahrgut“, Josef Saiko, wie im Ernstfall über die Bühne gebracht wurde. Ausgearbeitet wurde das Szenario vom Schönberger Kommandanten Michael Hansbauer.

Bei Chlorgas-Kontakt besteht Lebensgefahr

Die Jahnstraße wurde zum Großschauplatz eines Schreckensszenarios: Der mögliche Gesundheitsschaden bei Kontakt zu Chlorgas ist als sehr hoch zu bewerten, weil beim Einatmen Lebensgefahr besteht. Chlorgas kann ätzend auf die Atemwege wirken und Lungenödeme verursachen, ist wassergefährdend, nicht brennbar und schwerer als Luft.

Nach dem Eintreffen der Feuerwehren versuchten Personen in Chemikalien-Schutzanzügen das Leck der Leitung abzudichten. Die Badegäste wurden von Atemschutztrupps evakuiert und im BRK-Zelt versorgt und im Dekontaminationszelt „gereinigt“. Gasmessgeräte kamen zum Einsatz, Wasserwände wurden aufgebaut, Kanaldeckel abgeschirmt und Waschstraßen für die Reinigung der Anzüge aufgebaut. Die FFW Grafenau stand mit der Drehleiter parat, um eventuell mit Wasserwerfern das Chlor rund um das Freibadgelände zu verdrängen und die Einsatzkräfte zu schützen. „Mit Wasser wird das Chlorgas bzw. der Großteil des freigesetzten Chlorgases in der Regel nur verdrängt, aber nicht gebunden. Hierbei ist ein großer Wassereinsatz erforderlich“, so Saiko.

Bei einem Gefahrguteinsatz der Feuerwehr geht es um die Eindämmung bzw. Beseitigung von atomaren, biologischen und/oder chemischen Stoffen. „Eine der größten Herausforderungen für die Einsatzkräfte bei einem Gefahrstoffzwischenfall ist die Gefahr einer unkontrollierten Ausbreitung. Darum ist es für die Ersthelfer so wichtig, einen Vorfall so schnell wie möglich einzudämmen“, skizzierte Saiko, der anmerkte, dass bei allen Aktionen der Schutz der Einsatzkräfte, die für andere ihr Leben einsetzen, immer vorrangig sei.

Das Wichtigste einer Übung, die für den Ernstfall lebensnotwendig ist, ist, dass der ganze Ablauf eine Struktur haben müsse, um eine Chaos-Phase zu vermeiden. Nach und nach meldeten sich auch bei der Übung die überörtlichen Kräfte beim Einsatzleiter, der diese in Einsatzabschnitte einteilte und Abschnittsleiter aus den überörtlichen Führungskräften rekrutierte. Somit gab es sehr früh im Einsatz eine funktionierende Einsatzstellenstruktur. Als örtlicher Einsatzleiter (ÖEL) wurde Markus Maier eingesetzt.

Schlagkräftige Einheiten zeigten überzeugend den Ernstfall, wobei der Koordinationsaufwand laut Michael Hansbauer aber immer höher werde, um alles unter Kontrolle zu bekommen.

Zwischendurch wurden bei Besprechungen die einzelnen Abschnitte mit den Fachexperten dargelegt, wo die Klarheit der Lage immer wieder gefordert wurde. Fiktiv musste der Deutsche Wetterdienst wegen der Wetterlage mit Windrichtung kontaktiert werden und auch die Nachbarlandkreise mussten auf die mögliche Gefahr einer Chlorgaswolke hingewiesen werden. Die Polizei wurde eingeschaltet und Bürgermeister Martin Pichler „sorgte“ dafür, dass die „gereinigten“ und verletzten Badegäste von einem Busunternehmen abgeholt und in der Schule verpflegt werden.

„Wir haben 150 Personen in Sicherheit gebracht“

Um 16.30 Uhr gab Josef Saiko die Ansage, dass alles unter Kontrolle sei und dass die Wasserwand rund um das Gelände nicht mehr gebraucht werde. Alle Messungen im Chlorgasraum und rund um das Gelände waren negativ und die CSA-Trupps konnten den Rückzug antreten und sich am Dekon-Platz dekontaminieren lassen. „Wir haben 150 Personen in Sicherheit gebracht und bis 17 Uhr unser Einsatzziel erreicht!“, so lobend Saiko zu den Einsatzkräften. Er bedankte sich für den hochkonzentrierten, routinierten und erfolgreichen Übungsablauf, der in engster Zusammenarbeit reibungslos funktionierte.

Kommandant Michael Hansbauer dankte den Teilnehmern, die an diesem sonnigen Samstagnachmittag ehrenamtlich im Einsatz waren, und allen, die für die Sicherheit verantwortlich zeichneten. Zudem galt sein Dank Bürgermeister Martin Pichler und dem Bauhof.

„Diese Übung war wichtig, um zu zeigen, dass der Ablauf nicht ungesteuert aus dem Ruder läuft und gibt uns allen die Möglichkeit, zu reflektieren, wenn der Ernstfall eintritt!“, sagte Bürgermeister Martin Pichler, der zudem erwähnte, dass bei Spitzenzeiten 600 bis 800 Badegäste im Schönberger Freibad seien. Auch er bedankte sich bei allen Einsatzkräften.

Mit dabei waren Kreisbrandinspektor Thomas Thurnreiter, die Kreisbrandmeister Susanne Bauer, Josef Füller und Heiko Nießner, das BRK Schönberg, die Gefahrguteinheit „CBRN-E“ des BRK-Kreisverbandes, Klärwärter Jürgen Murr, der den Kanalplan bereitstellte, Bademeister Daniel Peschl sowie Bürgermeister Martin Pichler.