Corona-Maskenaffäre
Tandler in Masken-Prozess: „Es ging mir niemals darum, zu betrügen“

04.10.2023 | Stand 04.10.2023, 16:37 Uhr
Patrik Stäbler

Die Angeklagte Andrea Tandler (vorne r) wird zu Prozessbeginn von einer Justizbeamtin in den Verhandlungssaal geführt. Andrea Tandler und ihr Partner, zwei Schlüsselfiguren der Maskenaffäre in Bayern, müssen sich wegen steuerrechtlicher Vorwürfe vor dem Landgericht München I verantworten. − Foto: Peter Kneffel/dpa

Im Steuerprozess gegen zwei Schlüsselfiguren einer Corona-Maskenaffäre hat die Angeklagte Andrea Tandler den Vorwurf zurückgewiesen, gezielt Steuern in Millionenhöhe hinterzogen zu haben.





Es ist nur ein untergeordneter Punkt in der zwölf Seiten starken Anklage, in der es vor Millionenbeträgen nur so wimmelt, weshalb die Staatsanwältin sich beim Verlesen im Gerichtssaal hier und da verhaspelt. Und doch ist diese Randnotiz, die als „Subventionsbetrug“ firmiert, vielsagend für den Prozess und die Angeklagte – zumindest aus Sicht jener, die in Andrea Tandler eine raffgierige Unternehmerin mit besten Kontakten in die Politik sehen, die sich in Zeiten des Pandemie-Notstands durch Maskendeals bereichert hat.

Millionen-Provisionen



Jener Subventionsbetrug betrifft einen Antrag auf 9000 Euro Corona-Soforthilfe. Gestellt hat ihn Andrea Tandler im April 2020 – mit der Begründung, dass ihre PR-Agentur unter ausbleibenden Aufträgen leide. Dabei wusste die Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler laut Staatsanwaltschaft München I zu diesem Zeitpunkt genau, dass in wenigen Wochen die Provision für ein Maskengeschäft auf ihrem Konto eintreffen würde – satte 14 Millionen Euro.

Insgesamt erhielten die 40-Jährige und ihr Geschäftspartner Darius N. mehr als 48 Millionen Euro dafür, dass sie im März 2020 mehrere Deals einfädelten, bei denen eine Schweizer Firma Masken, Schutzanzüge und Einmalhandschuhe für mehr als 700 Millionen Euro an die Gesundheitsministerien des Bundes sowie der Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen verkaufte. Diese Geschäfte, bei denen Tandler maßgeblich von ihrem Namen und ihren hervorragenden Kontakten in die Politik profitierte, waren an sich legal – ebenso wie das Einstreichen der Provision.

Vorwurf: 23,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen



Jedoch wirft die Staatsanwaltschaft der Unternehmerin vor, im Zuge der Maskendeals 23,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Seit Mittwoch muss sich Tandler daher vor dem Landgericht München I verantworten, Mit ihr auf der Anklagebank sitzt Geschäftspartner Darius N., der bei der Steuerhinterziehung geholfen haben soll.

Anders als im Masken-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags, wo Tandler mit Kappe, Sonnenbrille und Maske erschien, betritt sie den Gerichtssaal an diesem Vormittag unvermummt – in Turnschuhen und blauem Sommerkleid. Seit Januar sitzen sie und ihr Geschäftspartner wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Dies habe ihr Leben und das ihrer Familie „komplett aus den Angeln gehoben“, sagt die 40-Jährige in einer zweistündigen Erklärung, die sie am ersten Prozesstag verliest.

„Es ging mir niemals darum, zu betrügen“



„Ich kann mir vorstellen, welche Gedanken sich diejenigen machen, die den Prozess verfolgen“, sagt sie. „Da sitzt sie, die Tochter eines CSU-Amigos, die politische Kontakte ihres Vaters genutzt hat, um Millionen abzuzocken.“ Doch dieses in der Öffentlichkeit gezeichnete Bild sei falsch, betont Tandler. „Ich habe diese Geschäfte nach bestem Wissen und Gewissen gemacht und wollte immer, dass alles steuerlich korrekt abgewickelt wird.“ „Es ging mir niemals darum, zu betrügen“, sagte die Tochter von Gerold Tandler.

Genau das ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber nicht passiert. Vielmehr soll Andrea Tandler mit den Maskendeals 8,7 Millionen Euro Einkommensteuer hinterzogen haben. Im Weiteren wirft ihr die Anklagebehörde vor, dass sie Darius N. einen Teil der Provisionen über die gemeinsame Little Penguin GmbH zuschanzte, ohne die dafür fälligen 6,6 Millionen Euro Schenkungssteuer zu entrichten.

Das droht den Angeklagten



Und auch bei der Gewerbesteuer soll Tandler gemogelt haben – und zwar, indem sie ihre in München ansässige Firma in Grünwald anmeldete, um von dem kaum halb so hohen Steuersatz dort zu profitieren. Hierzu habe die Little Penguin GmbH in der als Steuerparadies verschrienen Gemeinde ein 15 Quadratmeter großes Zimmer angemietet, wo neben dem „Zwergpinguin“ noch 20 weitere Gesellschaften gemeldet waren. Auf diesem Wege seien 8,2 Millionen Euro Gewerbesteuern hinterzogen worden, so die Staatsanwaltschaft.

Sollten sich all diese Vorwürfe bewahrheiten, dann muss Andrea Tandler wohl für mehrere Jahre im Gefängnis bleiben. Noch gilt freilich die Unschuldsvermutung – für sie ebenso wie für ihren Geschäftspartner. Für den Prozess am Landgericht München sind acht Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte demnach Mitte November fallen.