Ist das erfolgversprechend?
Pantoffel-Portfolio: Geld anlegen auf die bequeme Tour

14.08.2023 | Stand 21.09.2023, 19:08 Uhr

Eine Person zählt Geldscheine - Jeden Monat etwas Geld zur Seite legen, damit sich das Ersparte im besten Fall vermehrt: Das kann keine schlechte Idee sein. Wer es bequem mag, kann aufs Pantoffel-Portfolio setzen. - Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Gemütlich zusehen, wie das Geld mehr wird: Pantoffel-Portfolios können dafür eine Möglichkeit sein. Sie vereinen sichere und risikoreichere Anlagen und machen wenig Arbeit.

Im weltweiten Vergleich gelten die Bundesbürger als Aktienmuffel. Sie setzen eher auf sicheres Festgeld. Auch dann, wenn das wegen niedriger Zinsen und hoher Inflation kaum Ertrag bringt.

Ein Pantoffel-Portfolio dagegen verspricht beides: Rendite und wenig Risiko - und punktet darüber hinaus mit Einfachheit. Anleger und Anlegerinnen brauchen sich - theoretisch jedenfalls - nur selten um ihr Investment zu kümmern. Aufgrund dieser Bequemlichkeit heißt die Anlageform wie sie heißt: Pantoffel-Portfolio.

Im Kern geht es um eine Strategie: Risikobehaftete und sichere Anlagekomponenten werden so gemischt, dass sie zuverlässig und langfristig Profit generieren, ohne viel Arbeit zu machen. Das ist ein Vorteil, gerade für Einsteigerinnen und Einsteiger am Aktienmarkt. Hinzu kommt, dass Anleger das Portfolio ihrer persönlichen Risikobereitschaft entsprechend maßschneidern können.

Als sichere Anteile kommen Tages- und Festgeld ins Portfolio. Der risikoreichere Anteil besteht in der Regel aus breit gestreuten Exchange Traded Funds (ETF) auf Basis globaler Aktien. ETF bilden die Wertentwicklung eines Börsenindex ab, was höhere Rendite verspricht als Festgeld. Zudem verursachen sie meistens geringere Kosten im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds.

Selbstbau-Portfolio nach Risikogewichtung

Das Portfolio stellen Anleger und Anlegerinnen je nach Risikoprofil zusammen. «Offensive Anleger nehmen 75 Prozent ETF oder Aktienquote und 25 Prozent Tagesgeld, defensive machen es umgekehrt. Und wer sich nicht entscheiden kann, nimmt ausgewogen eine 50-zu-50-Quote.» So beschreibt Olaf Stotz, Professor für Asset Management und Pension Economics an der Frankfurt School of Finance, drei typische Profile sowie die daraus abgeleiteten Anlageoptionen. Deren Grundidee wurde Stotz zufolge in den 1960er Jahren in den USA entwickelt; die Zeitschrift «Finanztest» machte sie in Deutschland bekannt.

In welche ETF und Aktien das Geld fließt, bleibt jedem selbst überlassen. Im Internet gibt es zur Orientierung zahlreiche Websites, die auf den deutschen Markt zugeschnittene Musterportfolios abbilden. Dazu gehören drei von «Finanztest» entworfene. Diese sind nach ausgewogen, defensiv und offensiv diversifiziert und tragen die «Pantoffel» im Namen.

Im Internet gibt es zahlreiche Vorbilder

Außerdem finden sich im Netz Vorlagen, die auf Anlagekonzepten von Versicherungen, Fonds oder Vermögensverwaltungen basieren. Wer ihnen folgen will, kauft entsprechend, um das eigene Portfolio genauso zu mixen. «Im besten Fall kann man eins zu eins nachbauen», sagt Adrian Englschalk von der Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Gleichzeitig mahnt er zur Vorsicht: «Der Begriff Pantoffel-Portfolio ist nicht geschützt.» Die Seriosität der Website müsse deshalb immer geprüft werden. Englschalk rät, sich vor dem Einstieg Gedanken über das Ziel des Investments zu machen. Wie in einem Steckbrief sollten Anlagebetrag, das angestrebte Sparziel, geplante Laufzeit und Schwankungen aufgelistet werden. Verluste und deren Abfederung sind ebenfalls zu bedenken. «Darauf muss ich mich einstellen, um ehrlich auszuloten, wohin mein Investment geht», sagt der Berater.

Die Analyse verschafft zum einen Klarheit über die Gewichtung der Anlageklassen. Zum anderen bildet sie die Grundlage für die Entscheidung, wie viele und welche ETFs ins Depot kommen. Diese können über einen Sparplan oder auf einen Schlag als Einmalanlage gekauft werden.

In aller Ruhe umschichten

Eigentlich reicht es, die Zusammenstellung einmal jährlich anzusehen. Geprüft wird, ob das ursprünglich festgelegte Verhältnis von sicheren und risikobehafteten Anteilen noch stimmt. Wenn nicht, wird neu ausbalanciert. «Pantoffelhelden», wie Stotz Fans der einfachen Anlagestrategie nennt, müssen ihr Vermögen also hin und wieder bewegen, damit die Rendite stimmt.

Häufiges Umschichten widerspricht dem Gedanken der Strategie - ihr langfristiger Horizont verlangt Geduld. Es sei denn, Anleger nehmen sie zum Ausgangspunkt für ein anspruchsvolleres Engagement. Dann könne von lazy - übersetzt: faulen - Portfolios wie sie in den USA heißen, aber keine Rede mehr sein, meint Engschalk. Für Aktien-Anfänger seien komplexe Gebilde ungeeignet.

Alter und Restvermögen werden zu wenig berücksichtigt

Olaf Stotz' Kritik setzt dagegen am relativ einfachen deutschen Modell an. Es bleibe weitgehend außer Acht, dass junge Menschen sich intensiver um ihr Geld kümmern und anders anlegen müssten, um fürs Alter vorzusorgen als Menschen um die 60, meint er. Ein anderer Nachteil sei, dass Assets wie Rente, Immobilien und Aktien genauso vernachlässigt werden wie Einkommensrisiken, etwa von Selbstständigen.

Mit unterschiedlichen Folgen: Wohlhabende Anleger vergeben die Chance auf ein Mehr, wenn sie - von Bequemlichkeit geleitet - in zu defensive Portfolios investieren. Die wiederum sind passend für Anleger, die wenig Geld haben und Sicherheit beim Vermögensaufbau brauchen. «Der Lebenszyklus kommt zu kurz, und Menschen mit unterschiedlichem Vermögen werden über einen Kamm geschert», resümiert der Wissenschaftler.

Fazit: Pantoffel-Portfolios sind praktisch. Bei der Zusammenstellung sollten Anleger und Anlegerinnen aber ihre individuellen Zielanforderungen sauber definieren. Alter, Vermögensstand und Risikobereitschaft sind zentrale Parameter.

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