Russische Invasion
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

06.05.2024 | Stand 07.05.2024, 6:13 Uhr

Orthodoxe Ostern in der Ukraine - Die Ukrainer feiern das orthodoxe Osterfest, und die Soldaten der ukrainischen Streitkräfte halten sich auch an der Front an die nationalen Traditionen. - Foto: Andriy Andriyenko/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa

Der Krieg in der Ukraine kennt keine Pause. Auch das Fest der Auferstehung Christi wird von Explosionen und dem Dröhnen von Panzermotoren übertönt.

Ohne Rücksicht auf das orthodoxe Osterfest haben russische Einheiten ihre Angriffe entlang der ukrainischen Fronten fortgesetzt. Gestern seien 103 Kampfhandlungen registriert worden, teilte der Generalstab in Kiew in seinem Lagebericht mit.

Brennpunkt sei das Gebiet westlich von Bachmut und Awdijiwka in der Ostukraine gewesen, in dem die ukrainischen Verteidiger 56 russische Angriffe, unterstützt von Artilleriefeuer, zurückgeschlagen hätten. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Über eventuelle Verluste beider Seiten lagen zunächst keine Angaben vor. Das orthodoxe Osterfest wird sowohl in der Ukraine als auch in Russland gefeiert.

Die ukrainischen Militärs berichteten zudem von zahlreichen russischen Luftangriffen, unter anderem auf die Großstadt Charkiw im Osten des Landes. Dort wurden nach Angaben der örtlichen Militärverwaltung mindestens 15 Menschen verletzt. Auch aus Poltawa in der Zentralukraine wurden russische Angriffe gemeldet. 100 russische Luftangriffe seien sowohl auf ukrainische Stellungen an den Fronten als auch zivile Wohngebiete registriert worden. „Infolge dieser terroristischen Angriffe hat es leider Opfer unter der Zivilbevölkerung gegeben“, heißt es in dem Bericht des Generalstabs.

Selenskyj drängt auf Tempo bei versprochenen Waffenlieferungen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat auf ein höheres Tempo bei den Lieferungen der versprochenen Waffen aus dem Westen gedrängt. „Den politischen Entscheidungen muss eine echte Logistik folgen – der tatsächliche Erhalt der Waffen durch unsere Soldaten“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Dazu müsse die Zusammenarbeit mit den Partnern, speziell den USA, besser koordiniert werden. Es müsse rund um die Uhr an der Beschleunigung gearbeitet werden, sagte er.

Die USA hatten nach einer monatelangen Blockade im Repräsentantenhaus vor etwa zwei Wochen ein militärisches Hilfspaket an die Ukraine im Wert von 61 Milliarden Dollar (57 Milliarden Euro) freigegeben. Nach Angaben aus dem Weißen Haus und dem Pentagon sollten die Waffenlieferungen daraufhin innerhalb weniger Tage beginnen. 

Trotzdem ist die Ukraine weiter in der Defensive. Der Oberkommandierende Olexander Syrskyj, von dem sich Selenskyj einen Lagebericht geben ließ, schrieb von einer schweren Lage an der Front. Der Feind habe weiter mehr Personal, Waffen und technische Ausrüstung zur Verfügung und greife daher täglich ukrainische Stellungen an. Die Hauptkräfte des russischen Militärs zielen demnach auf die Städte Kurachowe und Pokrowsk im ostukrainischen Gebiet Donezk.

Moderne Waffensysteme nur bei russischen Elitetruppen

Die russischen Streitkräfte in der Ukraine sind unterschiedlich gut ausgerüstet. „Nur Elite-Brigaden, wie etwa Marineinfanterie oder Luftlandetruppen, erhalten relativ neue Waffentypen oder bestenfalls aufgewertete sowjetische Systeme“, sagte Iwan Timotschko, Vorsitzender des Reservistenverbandes der ukrainischen Bodentruppen. „Alle anderen Einheiten kämpfen mit denselben Golf-Karren, die sie in China über Dritte kaufen, oder mit Ural-Lastwagen, die sie mit Eisengittern verstärken und zum Angriff schicken.“

Aktuell setzten die russischen Streitkräfte auf den Einsatz von Infanterie, sagte Timotschko. Zugleich versuchten sie, ihre gepanzerten Fahrzeuge so gut wie möglich zu schützen, mehr aus Angst vor Drohnen- als vor Artillerieangriffen. Dabei gebe es ungewöhnliche Versuche, die Fahrzeuge zu schützen - entweder mit Eisen- oder Blechplatten, aber auch Nylonnetze seien bereits gesehen worden. Vor kurzem erst waren Fotos von russischen Panzern veröffentlicht worden, die Schutzschilde wie Schildkrötenpanzer trugen.

Russland verschärft Regelungen über „ausländische Agenten“

Russland hat indes seine viel kritisierte Regelung über sogenannte ausländische Agenten noch weiter verschärft. Das Parlament in Moskau billigte laut Agentur Interfax eine Gesetzesänderung, die als „ausländischen Agenten“ eingestuften Personen das passive Wahlrecht entzieht. Betroffene können sich damit künftig weder bei Wahlen auf nationaler noch auf regionaler und kommunaler Ebene als Kandidaten registrieren lassen. Zudem dürfen „ausländische Agenten“ nicht mehr als Wahlbeobachter tätig sein.

In Russland sind zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, kritische Medien sowie Einzelpersonen als „ausländische Agenten“ gebrandmarkt. Die Einstufung geht für die Betroffenen oft mit großen beruflichen Nachteilen bis hin zu Risiken für ihre Sicherheit einher. Sie gilt deshalb als Mittel politischer Repression, um Kritiker mundtot zu machen. Insbesondere seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor mehr als zwei Jahren geht Russlands Staatsapparat hart gegen Andersdenkende vor.

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