Russische Invasion
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

23.01.2024 | Stand 24.01.2024, 5:48 Uhr

Charkiw - Rettungskräfte arbeiten am Schauplatz eines durch einen russischen Raketenangriff beschädigten Gebäudes in Charkiw. - Foto: Andrii Marienko/AP/dpa

Erneut überzieht Russland die Ukraine mit heftigen Raketenangriffen. Es gibt Tote, Dutzende werden verletzt. Deutschland fügt derweil seiner Rüstungshilfe für das angegriffene Land neues Fluggerät hinzu. Der Überblick:

Durch schwere russische Luftangriffe mit Dutzenden Raketen sind in der Ukraine erneut mehr als zehn Menschen getötet worden. Alleine aus der ostukrainischen Großstadt Charkiw wurden am Dienstag acht Todesopfer und mehr als 50 Verletzte gemeldet. Eine Frau starb zudem in Pawlohrad im Gebiet Dnipropetrowsk. Zwei Menschen starben durch den Angriff eines russischen Kampfjets auf ein Dorf in der Südukraine im Gebiet Cherson.

Zur Abwehr des seit fast zwei Jahren dauernden Angriffskrieges ist die Ukraine dringend auf westliche Hilfe angewiesen, die zuletzt eher schleppend geflossen ist. Deutschland kündigte an, erstmals Militärhubschrauber aus Beständen der Bundeswehr zu liefern. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) habe dem Land sechs Mehrzweckhubschrauber vom Typ Sea King Mk41, Zubehör- und Ersatzteilpakete sowie die Ausbildung dafür zugesagt, teilte das Verteidigungsministerium in Berlin mit. Zuvor hatten sich die Unterstützer der Ukraine im sogenannten Ramstein-Format zu Beratungen zusammengeschaltet.

Nächtlicher Angriff mit mehr als 40 Raketen

Das russische Militär setzte bei den morgendlichen Angriffen laut ukrainischem Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj 41 Raketen unterschiedlichen Typs ein. Nur rund die Hälfte konnte demnach abgefangen werden. Immerhin über Kiew, das dank westlicher Unterstützung verhältnismäßig gut mit Luftverteidigungssystemen ausgestattet ist, konnten den Militärangaben zufolge alle Raketen abgeschossen werden.

Trotzdem wurden in der Hauptstadt offiziellen Angaben zufolge mehr als 20 Menschen verletzt. Mehrere Wohnhäuser seien beschädigt worden, teilte der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko auf Telegram mit. In einer Wohnung sei ein nicht explodierter Raketensprengkopf entdeckt worden. Das gesamte Haus sei mittlerweile evakuiert.

Deutsche Hubschrauber für die Ukraine

„Der Sea King ist ein bewährter und robuster Hubschrauber, der den Ukrainern in vielen Bereichen helfen wird: bei der Aufklärung über dem Schwarzen Meer bis hin zum Transport von Soldaten. Es ist die erste deutsche Lieferung dieser Art“, teilte Pistorius dazu mit. Für den Schutz der ukrainischen Bevölkerung und Infrastruktur bleibe Luftverteidigung die Priorität Nummer 1. Außerdem sei mehr Tempo bei der Rüstungsproduktion nötig. Seit Kriegsbeginn umfassen die militärischen Lieferungen aus Deutschland nach Angaben des Verteidigungsministeriums etwa sechs Milliarden Euro.

Die Nato schloss unterdessen mit Unternehmen aus Deutschland und Frankreich Rahmenverträge über die Lieferung von Artilleriemunition im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro ab. Die 155-Millimeter-Geschosse sollen in Waffensystemen vom Typ Caesar und Panzerhaubitze 2000 eingesetzt werden können, wie die Nato-Beschaffungsagentur NSPA mitteilte. Beide werden auch von der Ukraine genutzt. Die Aufträge gingen den Angaben nach an das französische Unternehmen Nexter Munitions (KNDS) und das deutsche Unternehmen Junghans Microtec.

Selenskyj und Weber fordern Freigabe von EU-Hilfen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), forderten eine Freigabe von 50 Milliarden Euro EU-Geld. Selenskyj sagte bei einem Treffen in Kiew, sein Land setze auf die Freigabe der mehrjährigen Finanzhilfen bei einer Sondersitzung des Europäischen Rats am 1. Februar. Die Europäische Union müsse bei den Finanzhilfen liefern, sagte auch Weber. „Es gibt keine Option des Scheiterns in der nächsten Woche“, sagte der Vorsitzende der christdemokratischen Fraktion im Europaparlament.

Russen stehen Schlange für Präsidentschaftsbewerbung von Kriegsgegner

In Russland stößt unterdessen die Präsidentschaftsbewerbung des erklärten Kriegsgegners Boris Nadeschdin auf unerwartet großes Interesse. „Wir sammeln derzeit etwa 15.000 Unterschriften pro Tag“, sagte Nadeschdin in einem auf dem Youtube-Kanal Chodorkowski Live ausgestrahlten Interview. Auf Fotos und Videos in sozialen Netzwerken waren in verschiedenen Städten lange Schlangen von Bürgern zu sehen, die dem Oppositionspolitiker mit ihrer Unterschrift zur Kandidatur verhelfen wollen. Ob er am Ende von der russischen Wahlkommission aber tatsächlich offiziell als Kandidat für die Wahl am 17. März registriert wird, ist noch ungewiss.

Laut Nadeschdins Wahlkampf-Webseite haben seine Unterstützer mit Stand Dienstagfrüh schon mehr als 100.000 Unterschriften gesammelt. Die Zentrale Wahlkommission fordert 105.000, die bis zum 25. Januar in verschiedenen Regionen gesammelt werden müssen.

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