Schlechte Stimmung nach vier Pleiten in Folge
Streit in 1860-Vereinsgremien gärt: Führung droht Fanblog mit rechtlichen Schritten

20.09.2023 | Stand 20.09.2023, 18:28 Uhr

Etwas gequält wirkte das Lächeln von Löwen-Trainer Maurizio Jacobacci am Dienstag beim Wiesn-Besuch. Links der Marketing-Chef des Klubs, Anthony Power.  − Foto: Imago Images

Auch wenn die Münchner Löwen am Dienstag zu ihren traditionellen Wiesn-Besuch im Hackerzelt „Himmel der Bayern“ antraten, sind sie derzeit eher auf dem Weg in die Hölle. Jedenfalls was die Stimmungslage und die fußballerischen Darbietungen beim TSV 1860 München betrifft.

Nach vier Niederlagen in Folge, was es zuletzt 2019 unter der Löwen-Ikone Daniel Bierofka gab, befinden sich die Mannen von Trainer Maurizio Jacobacci in der 3. Liga im freien Fall und rangieren auf Platz 16 nur knapp vor der Abstiegszone. Klar, dass da auch der 60-jährige Schweizer Coach in die Bredouille gerät.

Zumal sich das Muster wiederholt. Dreimal lagen die Löwen zuletzt in Führung, dreimal gaben sie diese nicht nur aus der Hand, sondern unterlagen auch noch. „Es kotzt einen an. Wir bringen uns wieder selbst in Schwierigkeiten“, tobte Abwehrchef Jesper Verlaat nach dem 1:2 im Derby bei Michael Köllners FC Ingolstadt.

Jacobacci fokussierte sich in seiner Manöverkritik auf den folgenschweren Fehler Tim Rieders vor dem 1:1. „Es war überhaupt nicht nötig, den Ball nach hinten zu spielen. Das darf uns nicht passieren“, schimpfte der Löwen-Coach über den Rückpass Rieders zu Torwart Marco Hiller. Der Ball landete allerdings bei FCI-Stürmer Jannik Mause, der zum Ausgleich einschoss – die Partie kippte.

Jacobacci: „Müssen mehr Persönlichkeit an den Tag legen.“



Fraglich allerdings auch, warum Jacobacci Rieder in diesem Derby nach siebenmonatiger Verletzungspause überhaupt ins kalte Wasser warf. Ja, Marlon Frey war gelbbelastet, aber mit Niklas Tarnat, der bis dahin jedes Spiel bestritten hatte, hätte auch ein anderer Akteur mit Matchpraxis auf der Sechserposition parat gestanden. Zudem hatte Jacobacci taktisch nicht auf die Umstellung seines Kollegen Köllner, der das Mittelfeld stärker besetzte und somit nach der Halbzeitpause ein Übergewicht erzwang, reagiert, sondern lediglich personell gewechselt. Jacobacci forderte derweil: „Wir müssen mehr Persönlichkeit an den Tag legen.“

Inwieweit der Aufsichtsrat, der am Dienstag vor dem Oktoberfest-Besuch tagte, zu einer einträchtigen Analyse kam, ist fraglich. Zumindest im Audi-Sportpark deutete sich nicht an, dass sich das angespannte Klima im Verein schnell verbessert. Auf der Tribüne saßen Präsident Robert Reisinger auf der einen Seite und Geschäftsführer Marc Pfeifer, Aufsichtsratsvorsitzender Saki Stimoniaris, Marketingboss Anthony Power und Vizepräsident Hans Sitzberger in der gleichen Reihe unweit daneben, ohne sich während der Partie eines Blickes zu würdigen, geschweige denn auszutauschen.

1860-Stellungnahme beklagt „gänzlich haltlose Anschuldigungen“



Die Nerven in der Führungsebene liegen aber blank. Auf einen kritischen Artikel beim Fanportal sechzger.de zur Kaderzusammenstellung und dem Sommertransferfenster reagierte die Führung der Profifußball-Firma der Löwen am Mittwoch mit einer Stellungnahme, in der „gänzlich haltlose Anschuldigungen“ beklagt und rechtliche Schritte angedroht wurden.

Immerhin hat Jacobacci die Derby-Pleite mit seinen Spielern bereits aufgearbeitet und sich auch mit seinen Kapitänen ausgetauscht. Der Italo-Schweizer gibt sich kämpferisch: „Sicher, wir haben jetzt vier Spiele verloren. Aber wir können auch vier Spiele hintereinander gewinnen. Es gilt jetzt die Köpfe freizukriegen – nicht auf das, was war, draufzuhämmern.“ Am Samstag (16.30 Uhr) beim Halleschen FC haben die Löwen die nächste Chance zur Kehrtwende. Dann wieder mit Morris Schröter, dessen Adduktorenprobleme abgeklungen sind.