Die unrühmlichen Vorfälle beim Relegations-Hinspiel in Wiesbaden werden für Zweitligist Arminia Bielefeld ein Nachspiel haben. Zunächst müssen aber Vorkehrungen für das Rückspiel getroffen werden.
Die Hilflosigkeit im Umgang mit der Gewalt der eigenen Fans war bei Arminia Bielefeld nach dem Abpfiff ebenso groß wie zuvor die sportliche beim 0:4-Debakel im Relegations-Hinspiel um die Zweitligazugehörigkeit gegen den SV Wehen Wiesbaden.
Trainer Uwe Koschinat und Vereins-Idol Fabian Klos verkniffen sich jegliche Kritik am skandalösen Auftritt der Arminia-Anhänger, die beinahe einen Spielabbruch provoziert hätten, und luden die Schuld dafür auf das Team.
Bielefeld-Coach: Team hat auf ganzer Linie versagt
«Soll ich sauer auf die Fans sein? Kann ich nicht», sagte Klos mit Tränen in den Augen. «Es geht um das Bild, das der Verein abgibt. Die Fans reagieren auf das, was dieses sogenannte Team auf den Platz gebracht hat. Ich kann mich nicht vor diese Mannschaft stellen.»
Auch Koschinat äußerte Verständnis für die heftigen Reaktionen. Diese seien zwar «nicht in Ordnung» gewesen. «Aber die Ursache haben ja wir gegeben. Die Menschen haben keine Toleranzgrenze mehr, das zu ertragen, was wir heute oder letzte Woche angeboten haben.» Wie schon am letzten Spieltag der 2. Fußball-Bundesliga beim 0:4 in Magdeburg habe sein Team «auf ganzer Linie versagt».
Arminia: «Inakzeptable Grenzüberschreitungen»
Der Verein entschuldigte sich in einer schriftlichen Stellungnahme und bezeichnete das Verhalten der eigenen Anhänger als «inakzeptable Grenzüberschreitungen». «Wir entschuldigen uns bei unseren Gastgebern im sportlichen Wettbewerb. Dieses Verhalten diskreditiert das Fairplay und es passt nicht zu unserem Verständnis, wie wir in der Gesellschaft und beim Fußball miteinander umgehen wollen», hieß es in dem Statement von Arminia Bielefeld.
Wegen der massiven Ausschreitungen hatte Schiedsrichter Benjamin Brand beide Teams kurz vor Schluss in die Kabinen geschickt. 21 Minuten lang war die Partie unterbrochen, nachdem Bielefelder Anhänger wiederholt Pyrotechnik auf den Rasen geschossen und einige sogar versucht hatten, den Platz zu stürmen.
«Zwei Meter neben mir hat ein Böller eingeschlagen. Das war extrem gefährlich. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich hatte Angst», sagte Wehen Wiesbadens Stürmer Benedict Hollerbach zu den skandalösen Vorfällen. Erst als die Polizei vor dem Gäste-Fanblock aufmarschierte, ging es weiter. «Der Schiedsrichter hat gesagt, wenn noch ein Feuerwerkskörper explodiert, bricht er das Spiel ab», berichtete Klos später.
Armina kündigt Dialog mit den Fans an
Der Arminia droht nun eine drastische Bestrafung durch den Deutschen Fußball-Bund. Auswirkungen für das Rückspiel am Dienstag müssen die Bielefelder aufgrund der Kürze der Zeit aber wohl nicht fürchten. Das ist ganz im Sinne von Wehen Wiesbadens Trainer Markus Kauczinski. «Ich habe kein Interesse an einem leeren Stadion. Ich will kein Geisterspiel», sagte der 53-Jährige. Allerdings forderte er die Verantwortlichen der Ostwestfalen dazu auf, gemeinsam mit den Fans für eine sichere Durchführung der Partie zu sorgen.
Bielefelds Geschäftsführer Christoph Wortmann kündigte umgehend einen Dialog mit den Anhängern an. «Wir werden mit den Vertretern der Fans reden und hoffen, dass wir in Bielefeld ein Spiel hinbekommen, bei dem wir positive Stimmung erzeugen können. Wir werden alles versuchen, dass Arminia Bielefeld nicht noch einmal solch ein Gesicht auf und neben dem Platz zeigt», sagte der 46-Jährige.
Das Verhalten der Fans kritisierte er scharf. «Bei allem Frust und aller Enttäuschung, die ich nachvollziehen kann, geht das, was hier passiert ist, zu weit. Da reden wir auch über mögliche Körperverletzungen», sagte Wortmann. Doch auch er wollte die Profis von einer Mitschuld an den unrühmlichen Vorkommnissen nicht freisprechen: «Ich kann mich bei den Fans nur für die Leistung der Mannschaft entschuldigen. So kann man ein Spiel nicht angehen.»
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