Fatale Piepstöne
Kontrolle geht völlig schief: Deggendorfs Schach-Großmeister Narayanan fühlt sich gedemütigt

09.12.2022 | Stand 09.12.2022, 22:37 Uhr

Für den SV Deggendorf in der Schach-Bundesliga am Brett: Sunilduth Narayanan. −Foto: Grabmeier

Die Sorge vor elektronischem Betrug treibt seit den Vorgängen um Großmeister Hans Niemann die Schach-Szene um – und hat inzwischen zu teils drastischen Gegenmaßnahmen geführt.

So werden vor Bundesliga-Begegnungen ausgeloste Spieler mit Scannern auf verborgene technische Hilfsmittel untersucht. Aber der Check und dessen Abwicklung wollen gelernt sein, wie der SV Deggendorf bei seinem Bundesliga-Spiel in Mülheim schmerzvoll erfahren musste. Was war passiert?

Unter den für die Examinierung ausgelosten Spielern befand sich auch der indische Großmeister in Reihen der Deggendorfer, Sunilduth Lyna Narayanan (24). Der Spitzenspieler (ELO 2669), Nummer 71 der Schach-Welt, war aus Jerusalem angereist, wo er für das Nationalteam seines Landes bei der FIDE-WM im Einsatz gewesen war. Bei den vorgeschriebenen Kontrollen werden die Spieler mit Scannern, wie man sie vom Flughafen kennt, abgetastet. In Mülheim wurde dabei, wie der Deggendorfer SV-Vorstand Johannes Grabmeier berichtet, von den Schiedsrichtern „alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte“.

So habe die Untersuchung nicht wie vorgeschrieben in einem Nebenraum stattgefunden, sondern vor aller Augen. Auch sei der Ort nicht vorab untersucht worden. So konnte das Unheil seinen Lauf nehmen: Narayanan war der erste, der sich der Kontrollprozedur zu unterziehen hatte. Grabmeier: „Nachdem der Scanner bei den Füßen ausschlug, musste er die Schuhe ausziehen. Wieder Ausschlag. Dann musste er die Socken ausziehen: Ausschlag. Ohne Ergebnis wurde dann der nächste Spieler untersucht, bis man endlich herausfand, dass im Boden Metall war, was den Ausschlag verursachte.“ Nach den fatalen Piepstönen spricht Grabmeier von unprofessionellem Vorgehen der Verantwortlichen in Mülheim. Diese hätten dadurch seine Mannschaft und insbesondere Spitzenspieler Narayanan komplett aus dem Konzept gebracht. Die Deggendorfer unterlagen 2,5:5,5.

Inzwischen haben die Vorgänge im unreinen Prüfungsraum auch international Kreise gezogen, nachdem Narayanan, wütend und enttäuscht, das Geschehen in einem Twitterbeitrag schilderte. „Heute fühlte ich mich gedemütigt. Und wenn ich dazu lieber schweige, werde ich mir und anderen Sportlern, die ähnliche Erfahrungen machen, nicht gerecht“, schrieb Narayanan und löste mit seiner Klage daheim in Indien eine intensive und empörte Medienberichterstattung aus.

Die Schachbundesliga hat inzwischen reagiert und Vorsitzendem Grabmeier ein Schreiben zukommen lassen, in dem Präsident Markus Schäfer die Vorfälle bedauert und Maßnahmen skizziert, „damit so etwas nicht wieder passiert“, wie Grabmeier berichtet. Die Deggendorfer und insbesondere ihr Spitzenspieler Narayanan verlassen sich drauf.

− mjf