Nach Merz-Forderung: Hochschulen für Militärforschung

Hochschulverband sieht Selbstverpflichtung zu ausschließlich ziviler Forschung ebenfalls kritisch

14.07.2023 | Stand 14.09.2023, 21:16 Uhr |
Julian Alexander Fischer

Die Aussagen von Friedrich Merz (CDU) im Interview mit der Mediengruppe Bayern finden vielfach positives Echo. −Foto: dpa

Die Forderungen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz in der Mediengruppe Bayern nach ungehindertem Zugang der Bundeswehr zu Schulen und der Streichung der Zivilklauseln an Hochschulen haben überwiegend positive Reaktionen hervorgerufen.

Der Deutsche Hochschulverband zeigte sich bezüglich der Selbstverpflichtung vieler Hochschulen zu ausschließlich ziviler Forschung ebenfalls kritisch. „Zivilklauseln, die jedwede militärisch nutzbare Forschungsaktivität unterbinden wollen, haben ohnehin lediglich Empfehlungscharakter. Der Deutsche Hochschulverband hält Zivilklauseln für rechtlich angreifbar und steht ihnen skeptisch gegenüber“, sagte Matthias Jaroch, Sprecher des Deutschen Hochschulverbandes, der Mediengruppe Bayern. Zudem sei eine trennscharfe Grenzziehung zwischen militärisch nutzbarer und ziviler Forschung in vielen Fällen nicht möglich. Allerdings verwies der Hochschulverband auch auf die eingeschränkten Möglichkeiten der Rüstungsforschung an Hochschulen, etwa durch strenge Anforderungen an Geheimhaltungspflichten oder den Schutz vor Spionage.

Hochschulrektorenkonferenz befürwortet Möglichkeiten zu militärischer Forschung



Auch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) befürwortet Möglichkeiten zu militärischer Forschung an Hochschulen. So seien die Klauseln ohnehin nicht die Regel. „Da, wo sie in den letzten Jahrzehnten eingeführt wurden, tragen sie vor allem dem Umstand Rechnung, dass Forschung manchmal sowohl zu zivilen als auch zu militärischen Zwecken genutzt werden kann“, betonte HRK-Präsident Walter Rosenthal gegenüber unserer Zeitung. So seien solche Klauseln vor allem für eine ethische Reflexion über Folgen der eigenen Forschung gemacht.

Weniger eindeutig wollte sich die Kultusministerkonferenz (KMK) äußern. „Eine abgestimmte KMK-Position zu den Zivilklauseln der Hochschulen gibt es derzeit nicht“, erklärte Sprecher Torsten Heil. In Bezug auf Bundeswehrbesuche an Schulen deutete die KMK hingegen eine skeptische Haltung zumindest an und verwies auf das „Kontroversitätsgebot“, wonach gesellschaftlich kontroverse Themen auch im Unterricht kontrovers diskutiert werden müssten. Das bedeutet wohl: Einseitige Bundeswehrbesuche zur reinen Präsentation der Truppe würden diesem Gebot möglicherweise widersprechen.

Lehrer haben kein Problem mit Unterrichtsbesuchen



Kein Problem mit Unterrichtsbesuchen hat derweil der Deutsche Lehrerverband. Dessen Präsident Stefan Düll erklärte, dass vielen Schulen bereits Jugendoffiziere zu Vorträgen einladen würden. Es gebe kein Verbot dafür, zumal die Bundeswehr Bestandteil der demokratischen Grundordnung sei. „Es ist daher sinnvoll, die sicherheitspolitischen und geopolitischen Herausforderungen für die Außen- und Wirtschaftspolitik aus fachkundigem Mund kennenzulernen“, sagte Düll.
Zustimmung zu Merz’ Forderungen als Oppositionsführer kam sogar von den Regierungsparteien. „Eine engere Zusammenarbeit zwischen Bildung, Forschung und Bundeswehr macht in dieser Zeit Sinn, weil beide Bereiche Teil unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung sind und zu unserer inneren und äußeren Sicherheit beitragen“, sagte Stephan Seiter, forschungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion.
Auch der bildungspolitische Sprecher der SPD, Oliver Kaczmarek, sieht die Anwesenheit der Bundeswehr bei Ausbildungsmessen oder an Schulen als Zeichen der Verankerung in der Gesellschaft, mahnte aber zu einer ausgewogenen Darstellung: „Ein ungehinderter Zugang zu Schulen, der das nicht berücksichtigt, ist eine Forderung, die dem Schulalltag jedoch nicht gerecht wird.“

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