Nach Tod des Kreml-Kritikers
„Mörder“ verwischen laut Nawalny-Team Spuren – Tausende fordern Herausgabe der Leiche

18.02.2024 | Stand 18.02.2024, 14:33 Uhr

Nawalny starb am 16. Februar im Alter von 47 Jahren nach Angaben der Justiz in einem sibirischen Straflager. − Foto: Christoph Schmidt/dpa

Nach dem Tod des prominenten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny haben dessen Unterstützer den russischen Behörden vorgeworfen, zur Vertuschung eines Mordes eine Übergabe von dessen Leichnam zu verhindern.



„Es ist offensichtlich, dass die Mörder ihre Spuren verwischen wollen und seinen Leichnam deshalb nicht übergeben und sogar vor seiner Mutter verstecken“, erklärte Nawalnys Team am Samstag im Onlinedienst Telegram. Die russischen Behörden gingen derweil mit Festnahmen gegen das öffentliche Gedenken an Nawalny vor.

Laut Nawalnys Sprecherin Kira Jarmisch teilten die Ermittlungsbehörden einem Anwalt des Oppositionspolitikers am Samstag mit, dass die Ursache für den Tod des 47-Jährigen noch unklar sei und der Leichnam weiter untersucht werden müsse. Mit Ergebnissen sei demnach erst in der kommenden Woche zu rechnen.

Sprecherin forderte die unverzügliche Übergabe



Die im Exil lebende Sprecherin forderte die unverzügliche Übergabe des Leichnams an Nawalnys Familie. Seine Mutter Ljudmila Nawalnaja hatte demnach am Samstag vergeblich eine Leichenhalle in dem Polarkreis-Ort Salechard aufgesucht, um die sterblichen Überreste ihres Sohnes in Empfang zu nehmen. Nawalnys Anwalt wurde demnach entgegen vorherigen Angaben gesagt, der Leichnam befinde sich nicht dort.

Wie Jarmisch in einem Online-Video berichtete, besuchte die Mutter des Oppositionspolitikers am Samstag gemeinsam mit dem Anwalt auch die Strafkolonie IK-3 in Charp, in der ihr Sohn inhaftiert war. Dort hätten die Behörden sie zwei Stunden warten lassen, bevor ihr eine offizielle Bescheinigung über den Tod ihres Sohnes überreicht worden sei. Demnach starb Alexej Nawalny am Freitag um 14.17 Uhr Ortszeit (10.17 MEZ).

Körper des Toten soll blaue Flecken aufweisen



Die Leiche des in Haft ums Leben gekommenen Kremlkritikers Alexej Nawalny wird einem Medienbericht zufolge im Bezirkskrankenhaus der Stadt Salechard im hohen Norden Sibiriens aufbewahrt. Eine Obduktion habe zumindest bis Samstag noch nicht stattgefunden, berichtete die kremlkritische „Nowaja Gaseta Europa“ am Sonntag unter Berufung auf eigene Informanten. Zudem soll der Körper des Toten blaue Flecken aufweisen.

Eine offizielle Bestätigung für diese Angaben gab es zunächst nicht. Die Angehörigen Nawalnys haben bisher keinen Zugang zum Leichnam des 47-Jährigen erhalten.

Nawalnys Tod ereignete sich einen Monat vor Präsidentschaftswahl



Die russischen Strafvollzugsbehörde gab an, Nawalny habe sich am Freitag nach einem Gang im Freien in seiner Strafkolonie „schlecht gefühlt“ und sei zusammengebrochen. Zahlreiche westliche Politiker machten die russische Führung und Putin selbst für den Tod seines prominenten Widersachers verantwortlich. Nawalnys Tod ereignete sich einen Monat vor der Präsidentschaftswahl Mitte März, bei der mangels wirklicher Opposition Putins Wiederwahl erwartet wird.

Der Druck auf die russischen Behörden zur Herausgabe der Leiche des Kremlkritikers Alexej Nawalny an seine Hinterbliebenen wächst: Mehr als 12.000 Menschen hätten einen entsprechenden Aufruf an das russische Ermittlungskomitee unterstützt, teilte die Bürgerrechtsplattform OWD-Info am Sonntag auf Telegram mit. OWD-Info hatte den Aufruf selbst erst am späten Samstagnachmittag gestartet. „Die Herausgabe der Leiche muss so schnell wie möglich erfolgen. Wenigstens nach seinem Tod sollte Alexej Nawalny bei seinen Angehörigen sein“, heißt es in der Erklärung.

− dpa/afp