Die FDP strebt die Senkung der Steuern für Unternehmen an. Ein Paket für Firmen ist in Arbeit. Doch SPD und Grüne sind dagegen. Sie haben anderen Prioritäten.
Es ist der Moment der Appelle, der Briefe an den Finanzminister. In wenigen Wochen will die Regierung die Rahmendaten für den Haushalt 2024 festzurren. Was dann nicht bedacht ist, hat geraume Zeit schlechte Chancen auf Umsetzung. Acht Verbände, von der Deutschen Industrie- und Handelskammer bis zum Gesamtverband der Versicherer haben in einem Schreiben an Christian Lindner (FDP) ihre Forderungen in puncto Entlastung der Unternehmen zusammengestellt. Der Brief liegt der Mediengruppe Bayern vor. Darin heißt es: „Ziel muss eine Anpassung der Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau sein.“
Verbände fordern Senkung der Unternehmenssteuer
Die Verbände beklagen, dass die nominelle Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften hierzulande bei etwa 30 Prozent liege, EU-weit aber nur bei 21,2 Prozent. Man wolle deshalb dafür werben, „auch mit den Mitteln der Unternehmensbesteuerung zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und damit des Wirtschaftsstandorts beizutragen.“ Übersetzt: Die Steuern für Firmen sollen runter.
Seit der Pleite bei der Berlin-Wahl hat die FDP, deren Chef ja der Finanzminister ist, das Thema Steuern wieder nach ganz oben auf die Agenda gerückt. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte unserer Zeitung: „Um Deutschland als Wirtschaftsstandort zu stärken, müssen wir jetzt darüber sprechen, wie wir schnell und nachhaltig für Wachstum sorgen können. Das Finanzministerium prüft aktuell die verschiedenen Instrumente. Fest steht: Wir werden nicht wettbewerbsfähig bleiben können, wenn wir Spitzenreiter bei der Steuer- und Abgabenlast bleiben. Deshalb ist es sinnvoll, Unternehmen zu entlasten.“
Ob das Finanzministerium (BMF) in seinem geplanten Steuerpaket für die Unternehmen eine Senkung der Steuern vorschlägt, ist noch nicht bekannt. Die Koalitionspartner winken aber bereits ab. „Wir sind zu konstruktiven Gesprächen über Anpassungen der Unternehmensbesteuerung bereit, die zu einer zielgenauen Anreizung von Zukunftsinvestitionen beitragen. Eine generelle Absenkung von Unternehmenssteuern steht für uns nicht auf der Tagesordnung“, sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Schrodi, der Mediengruppe Bayern. Indirekt wirft Schrodi dem Finanzminister vor, geplante Maßnahmen nicht schnell genug umzusetzen. „Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, die Thesaurierungsbegünstigung und die Option für Personengesellschaften zur Körperschaftsteuer zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen. Wir warten hier auf einen Evaluierungsbericht des BMF. Außerdem sind wir auf die Vorschläge für eine Investitionsprämie zur Unterstützung der digitalen und klimaneutralen Transformation gespannt.“ Thesaurierungsbegünstigung bedeutet, dass Firmen lediglich die entnommenen Gewinne versteuern müssen, die übrigen Gewinne dagegen mit einem Satz von nur 28,25 Prozent. Den Sozialdemokraten geht es vor allem um „gezielte steuerliche Impulse für Investitionen und für Forschung und Entwicklung“.
Auch die Grünen haben offenbar andere Prioritäten. „Rote Linien verbieten sich. Aber es geht um einen Haushalt, der das Land krisenfest macht, der für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz steht“, sagte Parteichef Omid Nouripour in Berlin. Sascha Müller, Grünen-Obmann im Finanzausschuss, präzisierte gegenüber unserer Zeitung: „Allgemeine Steuersenkungen für Unternehmen erscheinen uns in der aktuellen Situation nicht vordringlich und zielführend. Wir bevorzugen hingegen zielgerichtete Transformationsanreize in Sachen Klimaschutz und Digitalisierung, um unsere Wirtschaft zukunftsfähig aufzustellen.“
SPD und Grüne verweisen auf die Schuldenbremse
Grüne und SPD spielen den Vorwurf, der ihnen so oft von der FDP vorgehalten wird, sie würden mit ihren Ideen die Schuldenbremse nicht einhalten, an den Finanzminister zurück. Ihm sei bisher „keine seriöse Gegenfinanzierung der großen Mindereinnahmen bekannt, die die Steuersenkungen verursachen würden. Einem soliden Haushaltsausgleich stehen diese Steuersenkungen entgegen“, sagt Schrodi. Generell ist die SPD in puncto Schuldenbremse ja nicht so streng. So sprach sich SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bei RTL/ntv dafür aus, „dass wir die haushalterischen Spielräume erweitern“. Das würde bedeuten: Schulden machen. Das schließt die FDP aus.
Auch Grünen-Politiker Müller führt beinahe süffisant die Schuldenbremse ins Feld. „Es liegt an der FDP zu erklären, wie sie ihre Pläne zur Absenkung der Unternehmenssteuersätze und die Einhaltung der Schuldenbremse unter einen Hut bringen will, ohne dass es zu Mehrbelastungen in weiten oder gar den ärmsten Teilen der Bevölkerung kommt.“
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