Es geht um 25 Millionen Euro
Anhebung der Parteienfinanzierung für verfassungswidrig erklärt

24.01.2023 | Stand 24.01.2023, 13:37 Uhr

Das Bundesverfassungsgericht hat die Anhebung der Parteienfinanzierung für verfassungswidrig erzählt. −Foto: Uli Deck/dpa

25 Millionen Euro mehr haben die Parteien seit einigen Jahren vom Steuerzahler bekommen. Begründet wurde die Aufstockung mit den Folgen der Digitalisierung. Nun hat das höchste deutsche Gericht darüber entschieden, ob der satte Anstieg gegen die Verfassung verstößt.



Das Bundesverfassungsgericht hat eine Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung um 25 Millionen Euro für nichtig erklärt. Der 2018 von den Regierungsfraktionen der Union und SPD im Bundestag beschlossene Anstieg auf damals 190 Millionen Euro pro Jahr sei verfassungswidrig, urteilte das höchste deutsche Gericht am Dienstag in Karlsruhe.

Grüne, Linke und FDP drängten auf Überprüfung



Es gab damit 216 Abgeordneten von Grünen, Linkspartei und FDP - damals allesamt Oppositionsparteien - Recht. Diese hatten die Verfassungsmäßigkeit der Erhöhung überprüfen lassen. Auch wenn sie selbst genauso von der Erhöhung profitieren, hielten sie das Plus für unverhältnismäßig und fürchteten den Eindruck einer Selbstbedienung.

Mit Stimmen von Union und SPD hatte der Bundestag seinerzeit die satte Aufstockung beschlossen. Die Parteien begründeten das in erster Linie mit den wachsenden Herausforderungen durch die Digitalisierung wie Hackern, Fake News und Datenschutz im Netz. Um derartige Aufgaben bewältigen zu können, sei mehr Geld nötig.

Hintergrund des Verfahrens sind zwei Grenzen für den staatlichen Anteil der Parteienfinanzierung. Diese wurde nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1992 neu geregelt.

Davon hängt die Finanzierung für Parteien ab



Wie viel Geld Parteien vom Staat bekommen, hängt vor allem davon ab, wie sie bei den letzten Wahlen abgeschnitten haben. Die staatlichen Mittel werden an die Teuerungsrate angepasst, steigen so regelmäßig. Andere Einnahmequellen sind etwa Mitgliederbeiträge und Spenden. Eine absolute Obergrenze für die staatliche Teilfinanzierung legt die Summe fest, die an alle anspruchsberechtigten Parteien ausgezahlt wird. Hierum ging es in dem Verfahren in Karlsruhe. Im vergangenen Jahr waren das nach einer Anpassung um 2,5 Prozent 205.050.704 Euro.

Da aus dem Grundgesetz ein Verbot überwiegend staatlicher Parteienfinanzierung abgeleitet wird, darf der staatliche Anteil aber nicht jenen überschreiten, den Parteien selbst erwirtschaften - etwa über Mitgliederbeiträge und Spenden. Das ist die relative Obergrenze.

Experten: Parteien müssen Gelder nicht zwingend zurückzahlen



Obwohl das Bundesverfassungsgericht eine Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung um 25 Millionen Euro für nichtig erklärt hat, müssen die Parteien das bisher erhaltene Geld nach Einschätzung von Fachleuten nicht zwingend zurückzahlen. Die Entscheidung darüber obliege der Bundestagsverwaltung, erklärten Parteienforscherin Sophie Schönberger und Rechtswissenschaftler Joachim Wieland am Dienstag in Karlsruhe. Schönberger hatte in dem Verfahren die klagenden Abgeordneten von Grünen, FDP und Linkspartei vertreten, Wieland war Bevollmächtigter der Bundestags.

Schönberger sagte, es sei rechtlich nicht einfach, an bestandskräftigen Bescheiden über die Zahlungen der vergangenen Jahre zu rütteln. Das stehe im Ermessen der Bundestagsverwaltung. „Das ist eine Verwaltungsentscheidung, die die Bundestagsverwaltung vor gewisse Herausforderungen stellen würde“, sagte Wieland.

Das spricht gegen eine Rückforderung



Gegen eine Rückforderung spricht aus seiner Sicht, dass das Gericht anerkannt hat, dass infolge der Digitalisierung ein Mehrbedarf bestand. „Deswegen schiene mir eine elegantere Lösung zu sein, wenn der Gesetzgeber das durch ein rückwirkendes Gesetz klären würde.“ Alle Tatsachen lägen auf dem Tisch, so dass das innerhalb weniger Monate geschehen könne - dann müsste die Bundestagsverwaltung nicht unbedingt vorher eine Regelung festsetzen, sagte der Experte. Für die für den 15. Februar geplante Festsetzung der neuen Höhe der staatlichen Mittel für die anspruchsberechtigten Parteien reiche die Zeit wohl nicht, sagte er. Da gelte zunächst die alte Rechtslage.

− dpa