Schrauben locker
Boeing reißt während Flug auf: iPhone übersteht unversehrt Sturz aus 5000 Metern

09.01.2024 | Stand 10.01.2024, 15:15 Uhr

Das Foto – herausgegeben vom National Transportation Safety Board (NTSB) – zeigt das verlorene Teil. Bei einem Flug von Alaska Airlines am Freitag riss das Teil plötzlich kurz nach dem Start im Steigflug heraus. − Foto: National Transportation Safety Board / AFP

Nach dem Beinahe-Unglück einer Maschine der Alaska Airlines ist ein nahezu intaktes Handy gefunden worden, das aus rund 5000 Metern Höhe aus dem Flugzeug gefallen sein soll.



Ein Anwohner aus der Nähe von Portland im US-Bundesstaat Oregon fand das Mobiltelefon nach eigenen Angaben unter einem Busch am Straßenrand und übergab es der US-Behörde für Transportsicherheit (NTSB), die den Zwischenfall untersucht. „Es überlebte einen Sturz aus 16.000 Fuß (knapp 4900 Meter) unbeschadet“, schrieb der Finder Sean Bates auf X (vormals Twitter).



Ein NTSB-Sprecher sagte unter anderen dem Sender CNN, der Zeitung „USA Today“ und dem britischen „Guardian“, dass das Telefon „wahrscheinlich“ aus der havarierten Maschine stammt. Das Gerät sei inzwischen an Alaska Airlines übergeben worden, hieß es in den Berichten vom Montag (Ortszeit).

Laut Bates war das halb aufgeladene Handy praktisch unversehrt und befand sich im Flugmodus. Auf dem ungesperrten Bildschirm sei eine Quittung für zwei aufgegebene Gepäckstücke des Alaska-Airlines-Fluges zu sehen gewesen. In dem Gerät steckte demnach außerdem ein abgerissenes Ladekabel.

Teil während Flug verloren



Der Zwischenfall hatte sich am Freitag ereignet: Auf dem Flug einer Boeing 737-9 Max von Portland nach Ontario flog plötzlich ein Teil aus dem Rumpf, das eine bei dieser Variante nicht benötigte Türöffnung verschließt. Die Piloten der Fluggesellschaft Alaska Airlines konnten die Maschine zwar sicher landen – und die 171 Passagiere kamen weitgehend mit dem Schrecken davon. Doch die US-Luftfahrtbehörde FAA ordnete ein vorläufiges Flugverbot für weltweit gut 170 Maschinen und umgehende Inspektionen an.

Das herausgerissene Teil sowie Gegenstände aus der Maschine - darunter laut NTSB auch ein weiteres Handy - waren später in Portland und Umgebung gefunden worden.

Astrophysiker: „Durchaus möglich“



Es sei durchaus möglich, dass ein Mobiltelefon einen Sturz aus dieser Höhe überstehen könne, sagte der Physiker Duncan Watts vom Institut für Theoretische Astrophysik der Universität Oslo der Zeitung „Washington Post“. „Die grundlegende Antwort ist der Luftwiderstand“, erklärte er. Dadurch sei das Gerät abgebremst worden. Wenn das Handy auf einen harten Untergrund aufgeschlagen wäre, wäre es sicherlich trotzdem beschädigt worden. Aber es sei anscheinend im Gras gelandet, und dies habe den Sturz ebenfalls abgefedert.

Lose Schrauben bei weiteren Boeings



Nachdem das Rumpf-Teil der Boeing 737 Max 9 im Flug herausbrach, haben zwei US-Airlines an der Stelle Probleme bei weiteren Maschinen dieses Typs entdeckt. Alaska Airlines und United Airlines berichteten am Montag (Ortszeit) nach ersten Überprüfungen von losen Schrauben und Teilen. Wie viele Maschinen bisher betroffen sind, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Dem Hersteller Boeing droht neuer Ärger mit der 737 Max, wenn sich Hinweise verdichten sollten, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt.

Die US-Luftfahrtaufsicht FAA hatte am Wochenende angeordnet, Flugzeuge des Typs am Boden zu lassen und zu inspizieren. Das Bauteil verschließt bei der Modellvariante eine nicht benötigte Türöffnung. Bei einem Flug von Alaska Airlines am Freitag riss das Teil plötzlich kurz nach dem Start im Steigflug heraus.

Weltweit 170 Maschinen im Umlauf



Nach Informationen der Website „The Air Current“ wurden die losen Schrauben und andere Probleme mit dem Bauteil bei mindestens fünf Maschinen von United Airlines gefunden. United hat 79 Flugzeuge des Typs, Alaska laut Medienberichten 65 – und weltweit sind es gut 170 Maschinen. In der Europäischen Union sind laut der hiesigen Behörde EASA keine Flugzeuge von Stilllegungen und Inspektionen betroffen.

Die 171 Passagiere bei dem Alaska-Flug am Freitag kamen weitgehend mit dem Schrecken davon. Experten zufolge ist das auch glücklichen Umständen zu verdanken: Niemand saß unmittelbar an dem herausgebrochenen Teil und alle Passagiere waren im Steigflug noch angeschnallt.

United und Alaska begannen noch nicht mit den von der FAA vorgeschriebenen offiziellen Inspektionen, weil dafür die nötigen Unterlagen formalisiert werden müssten. Die Airlines fingen aber bereits damit an, Sitzreihen zu entfernen und die Innenverkleidung abzunehmen, um an die Stelle am Flugzeugrumpf zu kommen. Einer Tür an der Stelle statt der Abdeckung ist bei Konfigurationen der 737 Max 9 mit mehr Sitzplätzen vorgesehen. Die kleinere Variante 737 Max 8 hat die Türöffnung nicht.

Die 737 Max ist zwar ein Boeing-Bestseller, stürzte den Konzern aber bereits in eine tiefe Krise. Nach zwei tödlichen Abstürzen mussten Maschinen des Typs von März 2019 an mehr als eineinhalb Jahre lang am Boden bleiben, bis es Nachbesserungen an einem Flugassistenzsystem gab.

− dpa