Therapie
Bioidentische Hormone bei Wechseljahr-Beschwerden: Naturnah, aber nicht harmlos

20.06.2023 | Stand 14.09.2023, 22:56 Uhr

Bioidentische Hormone können als Tablette eingenommen, vaginal als Kapsel verabreicht werden oder über die Haut – als Pflaster, Gel oder Creme – aufgetragen werden, so der Hormonexperte. −Foto: AdobeStock

Auch bioidentische Hormone kommen als Wechseljahr-Therapie in Frage. Ein Hormonexperte aus Regensburg erklärt die Behandlungsmethode.

Schwitzen, Herzrasen oder juckende Haut – während der Wechseljahre geraten manche Frauen in Turbulenzen. Wird der Leidensdruck zu hoch, können bioidentische Hormone helfen: Östradiol und Progesteron. „Das sind Hormone, die mit den körpereigenen Hormonen, wie sie von den weiblichen Eierstöcken produziert werden, strukturell identisch sind“, sagt Hormonexperte Christian Seifarth vom Zentrum für Endokrinologie und Stoffwechsel in Regensburg, einer Gemeinschaftspraxis, die auch Niederlassungen in Passau und Ingolstadt betreibt. Bei der Herstellung von bioidentischen Hormonen werden demnach pflanzliche Ausgangsstoffe verwendet, die in der Yamswurzel und in Soja enthalten sind und pharmazeutisch im Labor zu Östradiol und Progesteron umgewandelt werden.

„Bioidentische Hormone werden meist gut vertragen“

Bioidentische Hormone können als Tablette oder Kapsel eingenommen werden, über die Haut – als Pflaster, Gel oder Creme – oder vaginal als Kapsel verabreicht werden, so der Mediziner. „Die orale Einnahme hat den Nachteil, dass alles, was oral eingenommen wird, in der Leber ab- oder umgebaut wird.“ Der Körper gibt weibliche Hormone dagegen über die Eierstöcke direkt ins Blut ab. Das versucht man durch eine Verabreichung über die Haut oder Scheide nachzuahmen.

Blutungen sind möglich



„In der Regel werden bioidentische Hormone von Frauen gut vertragen und auch gern angenommen“, berichtet Seifarth. Es könne aber zu Blutungen kommen, die der Menstruation ähneln. Grundsätzlich entsprächen die Nebenwirkungen bioidentischer Hormone bei korrekter Dosierung „den normalen Wirkungen von weiblichen Hormonen“. Nachteile gebe es bei Überdosierungen. Wassereinlagerungen und Stimmungsschwankungen sind möglich, ebenso Spannungsgefühle in der Brust, Kopfschmerzen und Schwindel. „Bei oraler Einnahme führt Progesteron gerne zu Müdigkeit, was abends als schlafförderndes Medikament genutzt werden kann.“

Hormone sind grundsätzlich verschreibungspflichtig. Frauen, die ihre Gebärmutter noch haben, brauchen eine Kombinationsbehandlung aus Östradiol und Progesteron. Wurde die Gebärmutter entfernt, reicht allein die Gabe von Östradiol, zum Beispiel als Hautgel, so der Experte. Progesteron sei dagegen kaum hautgängig und müsse geschluckt oder – zur Umgehung der Leber – vaginal eingeführt werden.

Anti-Aging mit Risiko



Neben körperlichen Beschwerden kann der mit den Wechseljahren verbundene Alterungsprozess bei Frauen auch zu einem psychischen Leidensdruck führen. „Wer Hormone nimmt, sieht jünger aus“, sagt Seifarth. Doch dieses Anti-Aging sei nicht ohne Risiko. Wie bei jeder Hormonersatztherapie – auch bei bioidentischen Hormonen – besteht laut Seifarth „ein gering erhöhtes Brustkrebs-Risiko“, vor allem bei einer länger als fünf Jahre dauernden Anwendung. Zwar suggerierten Studien, dass natürliche Hormone besser seien, aber bewiesen sei das nicht.