Bayern will an Strafbarkeit festhalten
Trotz Rat der Expertenkommission: Freistaat lehnt Legalisierung von Abtreibungen ab

16.04.2024 | Stand 16.04.2024, 18:32 Uhr

Die Staatsregierung lehnt eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen - und damit eine Streichung des umstrittenen Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch - ab.  − Symbolbild: Bernd Weißbrod/dpa

Sollte ein Schwangerschaftsabbruch strafbar sein? Experten sprechen sich für eine Legalisierung in der Frühphase der Schwangerschaft aus. Der Freistaat sieht das anders.



Trotz des Rats einer Expertenkommission will der Freistaat an der Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen festhalten. Der vor 30 Jahren gefundene Kompromiss stelle einen guten Zustand her, der Schwangeren helfe, eine Abtreibung straffrei vornehmen zu können, sagte Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) nach einer Kabinettssitzung am Dienstag in München. Die Staatsregierung lehne eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen - also eine Streichung des Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch - deshalb ab.

CSU will Dringlichkeitsantrag einbringen

Die Bundesregierung habe eine Debatte angestoßen, die die ohnehin aufgewühlte Gesellschaft spalte. „Sie gefährdet damit den Zusammenhalt und ich halte das für unverantwortlich“, sagte die Ministerin. Der Konsens sei nach mehr als 20 Jahren streiten und ringen gefunden worden und schaffe einen gesellschaftlichen Frieden. In den letzten 15 Jahren sei in der Bundesrepublik laut Scharf nur eine schwangere Frau wegen des Paragrafen 218 rechtskräftig verurteilt worden.

Die CSU-Fraktion plant am Mittwoch einen Dringlichkeitsantrag zum Thema im Landtag einzubringen. Darin spricht sich die Fraktion für einen Erhalt des Paragrafen aus: „So eine schwerwiegende Frage wie die Abtreibung muss im Strafgesetzbuch geregelt sein“, sagte CSU-Fraktionsvorsitzender Klaus Holetschek der Deutschen Presse-Agentur. Mit der Schwangerschaftskonfliktberatung sei ein gangbarer Weg gefunden worden, einen straffreien Abbruch in den ersten zwölf Wochen zu ermöglichen.

Der Antrag fordert aber dennoch eine gesetzliche Änderung vom Bund: Die Krankenkassen sollen nach den Plänen der CSU-Fraktion die „Pille danach“ für Vergewaltigungsopfer auch nach dem vollendeten 22. Lebensjahr bezahlen. Aktuell haben nur Versicherte einen Anspruch auf die Kostenerstattung von verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln, wenn sie nicht älter als 22 sind. Eine Ausnahme für Opfer von Vergewaltigungen sieht das Gesetz bisher nicht vor. Die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs werden in diesem Fall hingegen übernommen.

Aktuell stehen Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe

Gegenwärtig sind Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch geregelt und stehen grundsätzlich unter Strafe. Das Strafgesetzbuch sieht aber auch Ausnahmen vor: Abbrüche sind innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen faktisch straffrei möglich, wenn die Frau sich zuvor hat beraten lassen. Auch wenn bestimmte medizinische Gründe vorliegen oder nach einer Vergewaltigung können Schwangere abtreiben, ohne sich strafbar zu machen. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission empfahl am Montag eine Legalisierung von Abbrüchen in der Frühphase der Schwangerschaft.

− lby