PNP-Spendenaktion 2023
Schwer unternährt und wie ihre Mutter HIV-positiv: Sorgenkind Kadie

20.12.2023 | Stand 20.12.2023, 10:14 Uhr

Vier Jahre und sieben Monate ist Kadie alt, doch ohne die Hilfe ihrer Mutter Fudia Sheriff kann die Kleine kaum alleine stehen. Das Mädchen ist schwer unternährt und wie ihre Mutter HIV-positiv. Im Distrikt-Krankenhaus in Kenema versuchen die Ärzte und Schwestern das Mädchen wieder zu stabilisieren. − Foto: Fischl

Als ob Hunger und Mangelernährung nicht schon reichten. Wenn zum allgemein schlechten Zustand eine HIV-Infektion hinzukommt, kann das für Kinder in Sierra Leone das Todesurteil bedeuten. Auch die kleine Kadie kämpft ums Überleben.

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Als der Körper der kleinen Kadie immer heller wurde, wusste Fudia Sheriff, dass sie handeln musste. „Ich hatte Angst um ihr Leben“, sagt die 31-jährige Mutter. „Sie war so schwach, sie konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten“, erzählt Fudia Sheriff von den schlaflosen Nächten Mitte November, als sie zusehen musste, wie ihr das Mädchen immer mehr entglitt. Mit letzter Kraft schafften es die beiden in eine Gesundheitsstation. Ein Doktor dort diagnostizierte akute Anämie und schwere Mangelernährung bei dem Kind und schickte die beiden sofort ins Distrikt-Krankenhaus in Kenema. „Sie sagten mir, dass es sehr ernst sei“, flüstert Fudia Sheriff.

„Hoffen, dass wir die Kleine stabilisieren können“

Sie weiß, dass es auch ihre Schuld ist, dass es der Kleinen so schlecht geht. Dass das Mädchen wieder ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. „Fudia und ihre Tochter sind schon zum zweiten Mal hier“, erklärt Safinatu Bokarie, die diensthabende Krankenschwester. „Wir hoffen sehr, dass wir die Kleine stabilisieren können, dass sich das Kind wieder fängt. Kadie ist nicht nur körperlich schwer angeschlagen, sie hat auch schon mentale Entwicklungsstörungen.“

Mutter und Tochter sind beide HIV-positiv. Aids ist heute eine behandelbare Krankheit, die nicht mehr zu einem frühzeitigen Tod führen muss. Antiretrovirale Medikamente versuchen die Ausbreitung des Virus im Körper zu hemmen und so das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Menschen mit HIV können heute sehr lange mit dem Virus leben. Vorausgesetzt, die Krankheit wird früh genug erkannt und richtig behandelt. „Fudia ist keine schlechte Mutter. Aber sie vergisst manchmal, Kadie die Medikamente zu geben oder hält sich nicht an den Behandlungsplan“, sagt Safinatu Bokarie. „Deshalb schlägt die Behandlung bei der Kleinen nicht richtig an.“

Jeder Tag ein neuer Kampf ums Überleben



Fudia und ihre Jüngste leben in extremer Armut. Die 31-Jährige hat keine Arbeit, sie lebt von Almosen, die ihr andere Menschen zustecken. Fudia wuchs bei einer Tante auf, ging nie zur Schule, kann bis heute nicht lesen oder schreiben. Sie hat bereits drei ältere Töchter im Alter von 7, 9 und elf Jahren. Doch diese sind im Haus ihrer Großmutter bei Verwandten untergekommen, die sich nun um die Mädchen kümmern. Fudia war dazu nicht mehr selbst in der Lage. Der Vater ihrer Jüngsten will offenbar nichts mehr von den beiden wissen. Fudia hat keinen Kontakt mehr zu ihm. Wer weiß, ob er überhaupt noch lebt.

Für Fudia bedeutet jeder Tag ein neuer Kampf ums Überleben. „Wir haben oft nichts zu essen“, sagt die 31-Jährige. „Manchmal eine Handvoll Reis oder ein paar Cassava-Blätter.“ Für Fisch, Fleisch oder andere nahrhafte Lebensmittel fehlt ihr das Geld. Deshalb ist ihre Tochter auch schwer unterernährt. Die fast fünfjährige Kadie wirkt wie eine Zweijährige, kann ihr Körpergewicht kaum halten, weder richtig sitzen noch stehen. „Sie konnte doch schon gehen, aber jetzt hat sie keine Kraft mehr“, sagt ihre Mutter. „Ich habe Angst, dass sie sich nicht mehr erholt. Dabei wünsche ich ihr nichts mehr, als dass sie wieder aktiv wird. Ich möchte doch, dass sie mal eines Tages in die Schule gehen kann. Dass sie ein besseres Leben führen kann als das, das ich ihr bieten kann.“

Gegen die bittere Not ist auch die Klinik machtlos

Hier in der Klinik wird Kadie mit kalorienreicher Erdnusspaste gefüttert, und die Schwestern kümmern sich darum, dass das Mädchen seine Medikamente regelmäßig und in der richtigen Dosierung erhält. Safinatu Bokarie redet Fudie Sheriff ins Gewissen, ermahnt sie, wie wichtig die Tabletten für sie und ihre Tochter sind. Doch gegen die bittere Not ihrer Patientin ist auch die strenge Krankenschwester machtlos. Sie weiß: Solange sich an den Verhältnissen im Land nichts ändert, wird es immer wieder so tragische Fälle wie Kadie geben.

Die Welthungerhilfe unterstützt die Menschen in Sierra Leone in ihrem Kampf gegen den Hunger und die hohe Kindersterblichkeit. Die Hilfsorganisation hat das westafrikanische Land in den Fokus genommen und dort ein Ernährungsprojekt gestartet. Sie will besonders bedürftige Dorfgemeinschaften mit Saatgut, Werkzeug und Wissen unterstützen. Ihr Ziel: Kleinbauern sollen einen Weg heraus aus der Armut finden, bessere Ernteerträge einfahren und ihre Familien langfristig gesünder ernähren können. Mit jeder Familie, die so dem Teufelskreis aus Armut und Hunger entkommt, werden immer weniger Mütter auf den Kinderstationen der Krankenhäuser um das Überleben ihrer Kinder bangen müssen.