Die Welthungerhilfe unterstützt die Projekt-Dörfer nicht nur mit Saatgut. Helfer zeigen den Bewohnern auch, wie sie mit dem, was der Wald und ihre Felder hergeben, ihren Speiseplan erweitern können. Das sorgt für mehr Vielfalt auf den Tellern – und für gesündere Kinder.
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Yams-Püree mit Okraschoten-Sauce und Kartoffelbrot. Das steht heute auf dem Menüplan im Dorf Bassara tief im Osten von Sierra Leone. Heute wird gekocht! Und zwar so richtig. Das ganze Dorf ist auf den Beinen, denn schließlich findet so ein Kochkurs nicht alle Tage statt. Dorfhelferin Lizzy Tarawally will den Frauen und Männern im Dorf heute zeigen, wie sie aus Pflanzen, die auf den Feldern und im Regenwald rund ums Dorf wachsen, schmackhafte und gesunde Gerichte zaubern können.
„Brauchen Alternativen zum Reis“
Die 27-Jährige arbeitet für die lokale Hilfsorganisation MoPADA, die Ernährungsprojekte der Welthungerhilfe in besonders bedürftigen Dorfgemeinschaften in Sierra Leone umsetzt. „Wir brauchen Alternativen zum Reis“, sagt Lizzy. „Die Menschen hier sind es gewohnt, sich fast ausschließlich von Reis zu ernähren. Doch das führt auf Dauer zu Mangelernährung“, erklärt die Helferin. „Alles andere, was hier wächst, ernten die Bauern und verkaufen es auf dem Markt. Vom verdienten Geld wird wieder Reis gekauft. Doch davon müssen wir die Menschen wegbringen. Sie müssen sich vielfältiger ernähren, um gesund zu bleiben. Einseitige Ernährung schadet vor allem den Kindern.“
Außerdem werden sich viele Reis bald nicht mehr leisten können, ergänzt Abdulai Koroma, der Gesundheitsberater der Kommune. Ab 2024 soll importierter Reis – und das sei die große Mehrheit – besteuert werden. „Dann verdoppeln sich die Preise.“
„Sie sehen, dass es anders geht – und besser!“
Also musste ein anderes Ernährungskonzept fürs Dorf her. „Wir bringen den Menschen bei, dass sie einen Teil ihrer Ernte für sich selbst zurückhalten sollen“, erklärt Lizzy. Es gebe ja reichlich. In den Wäldern und Feldern rings um das Dorf wachsen Kokosnüsse, Bananen, Orangen, Mangos, Cassava-Knollen und andere Gemüsesorten. Doch weil Okraschoten, Yams-Wurzeln oder (Süß-) Kartoffeln bisher kaum auf dem Speiseplan der Familien in Bassara standen, müssen Lizzy und Abdulai erst mal Überzeugungsarbeit leisten. „Es ist wichtig, dass die Leute unser Konzept verstehen und ihre Meinung ändern. Durch unsere Kochkurse sehen sie, dass es auch anders geht und sie besser damit fahren.“
Unterstützung erhalten die Helfer dabei von Jattu Koroma. Die 35-Jährige vertritt die Frauen in ihrem Heimatdorf, lässt sich von Lizzy schulen und gibt ihr neues Wissen an die anderen Bewohner weiter. „Solange ich denken kann, haben wir uns nur von Reis ernährt“, sagt Jattu. „Diese neue Art zu kochen, die kannten wir gar nicht. Doch jetzt lernen wir andere Zubereitungsarten kennen und stellen fest: Das schmeckt und sättigt. Die Leute sind viel zufriedener“, hat die dreifache Mutter festgestellt.
„Hier arbeiten die Bauern noch ganz archaisch“
Vor allem die Kinder profitierten von dem neuen Speiseplan, sagt Jattu. „Jetzt können wir ihnen morgens schon etwas zu Essen geben, damit sie in der Schule konzentrierter sind“, erzählt die Mutter, deren Kinder zwischen sieben und 15 Jahre alt sind. „Sie müssen jeden Tag mehr als zwei Meilen zu Fuß in die Schule gehen. Das kostet Kraft, und deshalb ist ein Frühstück wichtig.“
Abdulai weiß, dass viele Familien große Probleme damit hatten, ihre Kinder gesund zu ernähren. „Das Projekt brachte Glück ins Dorf. Es ist eine große Unterstützung für die einzelnen Haushalte“, findet der Gesundheitsberater. Er freut sich bereits auf die nächste Projektphase, wenn die Dorfgemeinschaft von der Welthungerhilfe weitere Setzlinge und Saatgut erhalten soll – und professionelles Werkzeug für ihre Küchengärten. „Hier arbeiten die Bauern noch ganz archaisch mit einem einfachen Grabstock statt mit Hacke und Pflug“, erklärt der 25-Jährige.
Aus weniger wird mehr
Doch auch mit den wenigen Mitteln, die sie bisher zur Verfügung haben, versuchen die Helfer das Beste herauszuholen. Küchenhygiene zum Beispiel ist so ein Punkt, den Lizzy und Abdulai ebenfalls ansprechen. „Wir zeigen den Leuten, wie sie einfache Outdoor-Küchen zimmern können, mit Tischen aus Bambushälften, auf denen sie dann das Essen zubereiten können – und nicht wie bisher auf dem Boden.“ Auch überdachte Feuerstellen seien eine Hilfe für die Familien. „Das Material kostet uns ja nichts, Bambus und Palmenblätter gibt es zuhauf im Wald“, sagt Abdulai.
Doch heute wird erst einmal auf dem Dorfplatz gemeinsam geschnippelt, gerührt und geknetet. Schritt für Schritt erklärt Lizzy die Zubereitung des Kartoffelbrots, während sich Jattu mit anderen Frauen an die Zubereitungs des Pürees aus Yams-Wurzeln macht. Umringt von ihren neugierigen Schülerinnen und Schülern zeigt Lizzy, wie sich Brot aus Kartoffeln und wenigen anderen Zutaten herstellen lässt. Das Kneten des Teigs übernimmt ein kräftiger junger Mann, dessen Hände in der großen Schüssel Schwerstarbeit leisten müssen. Schließlich sollen ja alle Bewohner eine Kostprobe erhalten.
Lizzy setzt auf das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“
Dann ist es geschafft, der Teig wandert in einen großen, mit Bananenblättern ausgelegten Kochtopf, der schon auf der Feuerstelle steht. Deckel drauf – und nun muss das Brot backen. Das Ergebnis kommt gut an und schmeckt vor allem. Am Ende des Tages ist die Dorfgemeinschaft von Bassara um ein leckeres Rezept reicher. Und Lizzy Tarawally einen wichtigen Schritt weiter. „Unsere Hilfe bringt ja nur was, wenn die Menschen mitmachen und unsere Ideen auch umsetzen“, sagt die junge Frau, die auf das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ setzt. In Bassara braucht sich die 27-Jährige keine Sorgen mehr zu machen.
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