Jawort, leicht gemacht
Vor Gott heiraten in Rekordzeit: „Trauung to go“ zum Valentinstag in Oberbayern

11.02.2023 | Stand 17.09.2023, 3:19 Uhr

−Symbolbild: dpa

Trauen sich die Menschen noch - vor den Traualtar? Just zum Valentinstag wollen evangelische Kirchengemeinden im oberbayerischen Dekanat Rosenheim ein Signal senden: Das Jawort ist leicht, der Aufwand klein.



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Ledig rein in die Kirche - und als Ehepaar wieder raus: Kann Heiraten so einfach sein? Auch wenn es rein rechtlich betrachtet nicht ganz so flott geht: Im weithin katholisch geprägten Oberbayern beschreitet ein evangelischer Pfarrer neue Wege. Günter Nun, Pfarrer der Kirchengemeinde Oberaudorf im Landkreis Rosenheim, bietet die Trauung to go an - am Valentinstag, natürlich. Verliebte können dann spontan vor Gott den Bund fürs Leben schließen. Mehrere Medien hatten darüber berichtet.

„Es ist nicht die bessere Form oder die neue Form - sondern es ist ein Eingehen auf Bedürfnisse von Menschen“, sagt Nun. Viele seien „überschwemmt von Dingen, die unbedingt sein müssen, wenn man kirchlich heiratet: großes Fest, Band, Restaurant, viele Gäste“. Die Bürokratie und die Erwartungen des Umfelds schreckten viele ab. Segnungen für Liebende sind um Valentinstag nichts Ungewöhnliches. Auch katholische Pfarreien im Erzbistum München und Freising laden Paare an dem Tag zu besonderen Gottesdiensten und Segensfeiern ein.

Weg zum Eheglück ohne stressige Vorbereitung

Beim Oberaudorfer Pfarrer Nun aber geht es um eine Trauung. Auch im nahen Rosenheim können Liebende am Valentinstag den spontanen Weg zum Eheglück ohne stressige Vorbereitung beschreiten.

Dagmar Häfner-Becker, Dekanin des Dekanats Rosenheim und Nuns Vorgesetzte, bietet einen Hochzeits-Slot von 16.00 bis 19.00 Uhr an. Auf die Idee sei sie durch einen Bericht über eine Taufe to go gekommen. „Wir wollen deutlich machen: Es ist einfach, sich trauen zu lassen.“ Die Frage sei: „Was sind zeitgemäße Formen?“ Hier wolle man experimentieren. Für die kirchliche Trauung seien standesamtliche Trauurkunde und Ausweise nötig. Das gegenseitige Versprechen, bis zum Tod zusammenzubleiben, ist noch einmal etwas anderes als ein Segen.

Ein Paar ist schon angemeldet: Stephan Pflaum will mit seinem Partner vor den Altar treten. „Wir haben schon zwei Mal geheiratet: 2005 mit der eingetragenen Lebensgemeinschaft und 2019 standesamtlich. Wir hatten schon lange damit gespielt, den kirchlichen Segen zu empfangen“, sagt Pflaum. „Mir ist wichtig, dass wir vor Gott noch einmal Ja sagen.“ Allerdings habe immer die Gelegenheit gefehlt. „Die schnelle Trauung kam uns ganz gelegen: Wir sind immer offen für Neues - auch für den kirchlichen Segen in neuem Format.“

48-Jähriger will den Tag nur mit seinem Partner feiern

In legerer Kleidung mit Sakko, aber ohne Krawatte will er zur legeren Hochzeit erscheinen. Trotz der unkonventionellen Form sei es ein wohlüberlegter Schritt: „Es ist eine sehr emotionale Sache für uns.“ Der 48-Jährige will den Tag nur mit seinem Partner feiern - die große Party soll zu dessen 50. Geburtstag folgen.

Bei Pfarrer Nun gibt es um 19.19 Uhr die Chance auf ein leicht gemachtes Jawort, eine unkonventionelle Zeit für ein unkonventionelles Projekt. „Für mich selbst ist es spannend“, sagt er: Ansturm - oder leere Kirchenbänke? Letzteres fürchtet er nicht, denn sein „Gottesdienst für Verliebte“ hat Tradition und füllte schon in den Vorjahren problemlos die Kirche.

Das neue Angebot kündigte er im Gemeinde-Rundbrief an: Es sei „keine verrückte Idee eines überspannten Pfarrers“, sondern „ein wohlüberlegtes, ernstgemeintes Angebot, das in Übereinkunft mit der Ordnung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern steht und nicht weniger als jede andere kirchliche Trauung zählt“.

Zum Schnapszahldatum 22.2.22 gab es ähnliches Angebot in Schleswig-Holstein

Völlig neu ist die Idee nicht. Zum Schnapsdatum 22.2.22 hatten Kirchen in Schleswig-Holstein etwa in Flensburg und Lübeck frisch standesamtlich Verheiratete und langjährige Ehepaare eingeladen, sich spontan kirchlich trauen oder segnen zu lassen.

Auch die evangelische Landeskirche in Bayern wirbt mit „Einfach Heiraten! Stressfrei und ohne Tamtam“. Die landesweite Aktion ist am 23. März geplant. „Man möchte den Zugang zum kirchlichen Segen für ein partnerschaftliche Beziehungen erleichtern“, sagt Sprecher Johannes Minkus. Anders als in der katholischen Kirche ist die Ehe bei den Protestanten kein Sakrament. Die Landeskirche stellt aber klar: „Einfach heiraten ersetzt kein Standesamt.“ Wer die kirchliche Trauung in den Kirchenbüchern haben will, muss die standesamtliche Urkunde vorweisen, einer der Eheleute muss evangelisch sein.

Pfarrer Nun geht lockerer heran. Er traut die, die getraut werden möchten, auch jenseits konfessioneller Zugehörigkeit. Ohne Vorgespräch und ohne vorherigen Blick auf Personalien und standesamtliche Heiratsurkunde will er Paare den Bund fürs Leben schließen lassen. Wenn es um den Eintrag in die Kirchenbücher gehe, müssten die Dokumente vorgelegt werden. Auch ohne diese würde er eine solche Ehe aber bezeugen, er und die Gemeinde seien Zeugen gewesen.

Dass ohne Kontrolle von Dokumenten ein Ehemann eine andere heiraten könnte, während die Ehefrau ahnungslos daheim sitzt, sei theoretisch möglich, aber unwahrscheinlich. Nun: „Wir vertrauen den Menschen.“

− dpa