Trotz rückwirkender Amnestie
Bayerns Polizei wird Cannabis-Verstöße auch bei Legalisierung bis zum 31. März ahnden

21.03.2024 | Stand 22.03.2024, 12:36 Uhr

Die Polizei in Bayern soll Cannabis-Delikte noch bis 31. März ahnden, auch wenn sie von einer Amnestie betroffen wären. − Foto: Picture Alliance

Großer Knackpunkt bei der geplanten Cannabis-Legalisierung: Die einhergehende Amnestie zurückliegender Fälle. Die Justiz spricht von einer Aktenflut, die bewältigt werden muss. Trotzdem wird die bayerische Polizei Cannabis-Straftaten bis zum letzten Tag ahnden – auch wenn das Gesetz am Freitag den Bundesrat passiert.



„Die Polizei ist verpflichtet, entsprechende Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz auch dann zur Anzeige zu bringen, wenn sich die Rechtslage in absehbarer Zeit ändern sollte“, sagte ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums auf Anfrage der Mediengruppe Bayern. Heißt: Auch wenn die Cannabis-Legalisierung wie geplant zum 1. April in Kraft tritt, und dann bis dato laufende Verfahren wegen der rückwirkenden Straffreiheit manuell geprüft werden müssen, wird die bayerische Polizei entsprechende Verstöße noch bis 31. März mit Aktenzeichen versehen. Somit für neue Fälle und neue Akten bei den Staatsanwaltschaften sorgen.

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Justiz klagt wegen enormer Zusatzarbeit durch Amnestie

Die bayerische Justiz wiederum klagt heute schon aufgrund der massiven Flut an Arbeit, dann aufgrund der vorgesehen Amnestie auf sie zukommt. Allein in Bayern seien es knapp 30.000 Akten, die dann wieder aufgemacht und geprüft werden müssten, so ergab eine Umfrage der Deutschen Richterzeitung. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) kritisierte: „Der Zusatzaufwand durch den Cannabis-Gesetzentwurf ist für die Justiz bereits jetzt enorm. Die Bundesregierung belastet die Justiz unnötig, statt sie zu entlasten.“

Dem widerspricht allerdings das bei der Legalisierung federführende Bundesgesundheitsministerium. Geprüft werden müssten ja nur die „komplexeren Verfahren“. Gemeint sind damit Fälle, in denen Straffällige wegen mehrerer Delikte inhaftiert wurden. Bundesweit seien das an die 7500 Fälle. Hier gehe es dann um die Auswirkung des Cannabis-Delikts auf das Gesamtstrafmaß.

Amnestie greift nur bei noch nicht abgeschlossenen Fällen

„Aus Sicht der Bundesregierung ist die Amnestieregelung unverzichtbar“, heißt es auf Anfrage. Die greife allerdings nur bei Verfahren, bei denen die Strafe noch nicht vollstreckt wurde oder gerade vollstreckt wird. Daher kann das Ministerium keine Zeitraum für die rückwirkende Amnestie angeben. Urteile, bei denen die Strafe bereits verbüßt wurde, seien von der Amnestieregelung nicht betroffen, diese blieben bestehen.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) findet die Kritik an der Amnestie der Cannabisstraftäter aus den Reihen der Justiz und der Opposition „massiv übertrieben“. Er beschwichtigt aber zugleich: Die Justizbeamten müssten nicht fürchten, in irgendeiner Weise wegen der Dauer der Aufarbeitung belangt zu werden. Also wenn jemand nicht sofort nach Inkrafttreten der Legalisierung frei gesprochen würde, hat der Betroffene laut Lauterbach keine Regressansprüche gegen die zuständige Justizbehörde. „Die Gerichte brauchen ihre Zeit, das ist okay.“