Kompliziertes Regelwerk
Corona-Lockerungen Schritt für Schritt: Ein Stück Normalität in Tabellenform

04.03.2021 | Stand 22.09.2023, 1:48 Uhr

Markus Söder (l, CSU), Ministerpräsident von Bayern, und Hubert Aiwanger (Freie Wähler), stellvertretender Ministerpräsident und Staatsminister für Wirtschaft, Landentwicklung und Energie, geben nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts eine Pressekonferenz . −Screenshot: PNP

Fortschritte beim Impfen und Testen sollen weitere Öffnungsschritte ermöglichen. Das komplizierte Regelwerk funktioniert aber nur, wenn die Inzidenz unter 100 liegt.

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Die Vielzahl der unterschiedlichen und sich zeitlich und örtlich ständig ändernden Corona-Regeln und Warnstufen einzuhalten, ist für viele Menschen längst zu einer herausfordernden Sache geworden. Was gilt gerade wo für wen? Selbst gestandene bayerische Staatsminister tun sich bekanntlich manchmal damit schwer.



Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder indes findet, dass es gar nicht so schwierig ist, sich regelkonform zu verhalten: "Ob die Regeln zu kompliziert sind, weiß ich nicht. Glaub ich ehrlich gesagt nicht", sagte er am Donnerstag. Zuvor hatte das Kabinett entschieden, wie die in der Nacht zuvor in der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin vereinbarten neuen Corona-Regeln in Bayern umgesetzt werden sollen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern sind Blumenläden, Bau- und Gartenmärkte sowie körpernahe Dienstleistungen mit Hygiene-Hintergrund bereits seit 1. März geöffnet.



Ab kommendem Montag sind wieder Treffen von zwei Haushalten (bisher: Ein Haushalt plus eine haushaltsfremde Person) möglich, jedoch maximal fünf Personen. Das gilt allerdings nur, wenn die Inzidenz (Neuinfektionen in einer Woche pro 100000 Einwohner) unter 100 liegt – ob dafür der jeweilige Tageswert gilt oder ein längerfristiger, war den Kabinettsmitgliedern am Donnerstag selbst noch nicht ganz klar. Ebenso war unklar, wie es sich verhält, wenn sich zwei Haushalte aus unterschiedlichen Inzidenzgebieten mit einer jeweiligen Inzidenz von unter beziehungsweise über 100 treffen wollen – gilt dann der Wohnort oder der Treffpunkt? Oder wäre ein Treffen dann ganz verboten? "Details müssen wir uns im Vollzug abschauen", sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Donnerstag nur.



Dafür sollen aber in Regionen mit einer Inzidenz unter 35 sogar drei Haushalte mit maximal zehn Personen zusammenkommen dürfen (Kinder bis 14 Jahre werden nicht mitgerechnet). Eingebaut wird eine Notbremse: "Steigt die Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen auf über 100, wird die Möglichkeit zu privaten Zusammenkünften ab dem zweiten darauffolgenden Werktag wieder auf den eigenen Haushalt und eine weitere Person beschränkt", heißt es in einem Staatskanzlei-Papier.

Öffnung des Einzelhandels bei Inzidenz unter 50

Geöffnet werden am Montag in Bayern wieder die Buchhandlungen – begrenzt auf einen Kunden je zehn Quadratmeter für die ersten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche, darüber hinaus dann ein Kunde je 20 Quadratmeter. Das gilt auch für Büchereien, Archive und Bibliotheken. Abhängig von der Inzidenz sind ab Montag auch folgende Öffnungen wieder möglich: Bei einer "stabilen", also mindestens an drei aufeinander folgenden Tagen bestehenden Inzidenz unter 50 darf in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt der Einzelhandel mit der üblichen Begrenzung (wie bei Buchhandlungen, siehe oben) wieder öffnen. Ebenso Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten und Gedenkstätten. Erlaubt wird dann auch kontaktfreier Sport in Gruppen von maximal zehn Personen im Außenbereich.

Bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 in einer Region darf der Einzelhandel lediglich Terminshopping ("Click & Meet") anbieten – mit einem Kunden pro 40 Quadratmeter Verkaufsfläche. In Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten sowie Gedenkstätten kommt man dann nur mit Terminbuchung. Der Individualsport bleibt dann auf maximal fünf Personen aus zwei Haushalten beschränkt. Sport in Gruppen ist möglich für bis zu zwanzig Kinder bis 14 Jahre im Außenbereich.

Weitere Öffnungsschritte gibt es dann frühestens ab dem 22. März – abhängig vom Infektionsgeschehen. Liegt in einer Region die Inzidenz unter 50, dürfen Außengastronomie, Theater, Konzert- und Opernhäuser sowie Kinos öffnen. Kontaktfreier Sport wird dann im Innenbereich erlaubt, Kontaktsport im Außenbereich. Liegt hingegen die Inzidenz zwischen 50 und 100, ist Außengastronomie nur mit Terminbuchung möglich. Und: "Sitzen an einem Tisch Personen aus mehreren Hausständen, ist ein tagesaktueller Covid-19 Schnell- oder Selbsttest der Tischgäste erforderlich", so das Papier. Nur mit Schnell- und Selbsttest sind dann Theatern Konzert- und Opernhäuser sowie Kinos möglich. Tagesaktueller Schnell- und Selbsttest sind dann die Bedingungen für kontaktfreien Sport im Innenbereich und Kontaktsport im Außenbereich.

So sieht es an den Schulen aus:



Und wieder hat die Staatsregierung eine "Notbremse" eingebaut: "Steigt die 7-Tages-Inzidenz über den für die jeweiligen Öffnungen maßgeblichen Inzidenzwert von 50, gelten jeweils die Regelungen für Gebiete mit einer 7-Tages-Inzidenz von unter 100. Übersteigt die 7-Tages-Inzidenz den Wert von 100, gelten wieder die Regelungen, die bis zum bis zum 7.3.2021 gegolten haben", so das Staatskanzlei-Papier. An den Schulen im Freistaat beginnt ab 15. März der Unterricht wieder schrittweise. Bei einer Inzidenz unter 50 gehen alle Grundschulklassen (und Förderschulen) in den Präsenzunterricht, bei einer Inzidenz über 50 in den Wechselunterricht. An allen anderen Schularten in allen Jahrgangsstufen findet Wechselunterricht bei einer Inzidenz unter 100 statt. Steigt in einer Region die Inzidenz über 100, dann findet mit Ausnahme der Abschlussklassen Distanzunterricht statt. Die Unterrichtsform gilt zur besseren Planung immer für eine gesamte Schulwoche.

Im Kita-Bereich erfolgt der Regelbetrieb bei einer Inzidenz unter 50, eingeschränkter Regelbetrieb zwischen 50 und 100 und Notbetreuung über 100. Söder sieht den März als "Phase des Übergangs". Ob es einen "Oster-Urlaub oder einen Oster-Lockdown" gebe, "hängt von jedem Einzelnen ab", mahnte Söder die Bevölkerung, verantwortlich mit den ihr teilweise zurückgegebenen Grundrechten umzugehen.

Was das Impfen angeht, möchte Söder "von einer Mangel-Verwaltung hin zu einem Massen-Management" kommen. Unter anderem soll die "Impf-Bürokratie", die "zu schwerfällig" sei, entschärft werden, indem bald auch die Haus-, Betriebs- und Fachärzte impfen dürfen – und zwar nicht mehr streng nach Priorisierungsgruppen. Schließlich könnten diese über die Notwendigkeit einer Impfung für chronisch Kranke viel besser entscheiden. Und: Söder will, dass in Grenznähe, wo die Inzidenzen noch immer deutlich erhöht sind, mehr geimpft wird – indem "Extra-Impfstoff für Hotspots" zur Verfügung gestellt wird. Der Bezirkstagspräsident von Niederbayern, Olaf Heinrich, richtete deswegen auch einen Appell an Söder.