Erfolgreiches Projekt
Wie das Wirtschaftsforum Passau ausländischen Fachkräften den Berufseinstieg erleichtert

17.04.2024 | Stand 17.04.2024, 12:53 Uhr

Die russische Expertin für Social Media Marketing und Video-Editing Anastasiia Isakova hat durch die Unterstützung des Marketingreferenten Phil-Levin Scholz neuen Mut für die Jobsuche geschöpft. − Fotos: Forum

Fachkräfte aus dem Ausland haben es oft nicht leicht auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Die Netzwerke fehlen, die Bewerbungsstrategien sind oft nicht bekannt und die Orientierung fällt schwer. Das Wirtschaftsforum der Region Passau unterstützt deshalb seit November zugewanderte Akademiker mit einer „Mentoring-Partnerschaft“.



Dabei begleiten ehrenamtliche Mentoren 16 Fachkräfte aus neun verschiedenen Ländern, geben Tipps und helfen bei Bewerbungen, um ihnen schließlich den beruflichen Wiedereinstieg in Deutschland zu ermöglichen.

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Oft ist es für ausländische Fachkräfte schwer, eine Anstellung zu finden

Wie das schon nach kurzer Zeit funktionieren kann, zeigt das Beispiel von Mohammad Mansoor Ebadi. Der 33-Jährige hat in seinem Heimatland Afghanistan Wirtschaftswissenschaften studiert und über zehn Jahre für eine deutsche Organisation gearbeitet. Im Oktober 2021 musste er nach der Machtübernahme der Taliban nach Deutschland fliehen. Doch trotz seiner guten Ausbildungen und den Bemühungen, schnell Deutsch zu lernen, war es für Mansoor schwer, wie er berichtet, eine Anstellung zu finden: „Ich habe sehr viele Bewerbungen für verschiedene Stellen abgeschickt, und zurück nur Absagen oder gar keine Rückmeldungen erhalten.“



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Durch die Mentoring-Partnerschaft lernt er schließlich seine Mentorin Siska Thiele, Geschäftsführerin von S&K Solutions, kennen, die sofort von ihm begeistert ist: „Mohammad Mansoor ist motiviert und hat bereits bei unserem ersten Gespräch gesagt, dass er wieder beruflich Fuß fassen möchte. Bei unseren Treffen haben wir über seine Vorstellungen gesprochen, Klarheit geschaffen und neue Ziele gesetzt.“

„Deutschland hat mir bereits so viel gegeben, dass ich gerne etwas zurückgeben möchte“



Nach einer Hospitanz beginnt er eine geringfügige Beschäftigung bei dem Passauer Unternehmen. „So können wir ihn gezielt unterstützen und er hat die Möglichkeit, die Fachsprache zu lernen und anzuwenden, das Arbeitsleben kennenzulernen sowie die deutsche Kultur und die Erwartungshaltung im Job zu verstehen“, sagt Thiele. Bei entsprechender Entwicklung könne Mohammad Mansoor dann auch als Vollzeitkraft eingestellt werden, worüber er laut eigener Aussage sehr glücklich ist: „Die Mentoring-Partnerschaft hat mir geholfen, das Unbekannte zu entdecken, Zeit und Energie bei der Jobsuche gespart und mir verschlossene Türen geöffnet. Deutschland hat mir bereits so viel gegeben, dass ich gerne etwas zurückgeben möchte.“

Das will auch Anastasiia Isakova. Die 35-Jährige folgte 2018 ihrem Mann von aus Russland nach Deutschland. In ihrer Heimat hatte sie öffentliche und kommunale Verwaltung studiert und war Beamtin. In Deutschland musste sie sich allerdings neu orientieren und entdeckte in verschiedenen Kursen ihre Leidenschaft für Social Media Marketing und Video-Editing. Um die erlernten Fähigkeiten in die Praxis umzusetzen, unterstützt sie nun Mentor Phil-Levin Scholz, Marketingreferent bei Micro-Epsilon. Zusammen erarbeiteten sie, wo noch Verbesserungspotenzial besteht und wie sich Isakova auf dem Arbeitsmarkt positionieren kann, bevor es dann in die Praxis ging und sie eine Bewerbungsschreiben samt Lebenslauf verfasste.

„Win-win-Situation“ – auch für Mentoren und Wirtschaft



Die gemeinsame Arbeit sei dabei für beide Seiten ein Gewinn, wie sie erzählen. So sagt Mentor Scholz: „Eine der wichtigsten Lehren für mich ist die Kraft der Empathie und des aktiven Zuhörens. Indem ich die persönlichen und kulturellen Hintergründe meiner Mentee verstehe, kann ich sie bei ihren Wünschen besser unterstützen. Das hilft nicht nur Anastasiia, sondern bereichert auch mich.“ Und Anastasiia Isakova ergänzt: „Die gemeinsame Arbeit hat mich sehr vorangebracht. Phil-Levin hat mich motiviert und ich bin nun überzeugt, dass ich einen guten Job finden kann.“ Gerade ist sie auf der Suche nach einer Anstellung im Bereich Social Media Marketing und Video-Editing. Langfristig wolle sich Isakova, so sagt die 35-Jährige, aber selbstständig machen.

Für die Koordinatorin des Projekts Tatiana Cerescu ist daher klar, dass es sich bei der Mentoring-Partnerschaft um eine „Win-win-Situation“ handelt – für die zugewanderten Fachkräfte, die Mentoren sowie die regionale Wirtschaft.

In diesem Frühjahr startet der zweite Durchgang

Wegen des gelungenen Auftakts mit 16 Partnerschaften startet, wie Cerescu erklärt, noch in diesem Frühjahr ein weiterer Durchgang. Dafür sucht das Wirtschaftsforum weitere Mentoren sowie ausländische Fachkräfte. Letztere müssen dabei einen akademischen Abschluss vorweisen, Deutsch mindestens auf B1-Niveau beherrschen sowie eine hohe Lernbereitschaft und Motivation mitbringen. Mentoren können „Studierende, Young Professionals, berufserfahrene Fach- oder Führungskräfte sein, die offen und bereit sind, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben“, erklärt Cerescu. Interessierte können sich bei ihr per Mail an tatiana.cerescu @wifo-passau.de oder telefonisch unter 0851/96625615 melden. Weitere Informationen gibt es unter www.migranet.org/angebote/ratsuchende/die-mentoring-partnerschaft/standort-passau.

− red/jkr