„Zuhause auf Zeit“
Jeder Tag ein Marathon: Ronald McDonald Haus Passau feiert sich und seine Gäste beim Jahresempfang

13.04.2024 | Stand 13.04.2024, 7:00 Uhr

Die wichtigsten Gäste des Jahresempfangs waren Michael (4.v.l.) und Franziska Plöchinger (5.v.l.) mit ihrer kleinen Tochter Paula. Sie verbrachten 2023 nach der zu frühen Geburt ihres Kindes vier Wochen im Ronald McDonald Haus. Hier sind sie umringt von (v.l.) Kinderklinik-Geschäftsführer Reinhard Schmidt, Dr. Michael Zeller, Oberarzt der Neonatologie der Kinderklinik, Hausleiterin Theresa Humer, Christian Bäcker von der McDonald’s Kinderhilfe Stiftung und OB Jürgen Dupper. − Foto: Munzinger

Von Johannes Munzinger

Es ist eine harte, bisweilen undankbare Aufgabe, die sich die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter des Ronald McDonald Hauses und seiner Oase aufgebürdet haben. Denn niemand verbringt dort Zeit, weil er Lust darauf hat, sondern weil es sein muss. Familien finden dort seit 2015 ein Zuhause auf Zeit, während ihre kranken oder zu früh geborenen Kinder in der Kinderklinik Dritter Orden nebenan umsorgt werden. Dass diese Familien sich trotz der oft bitteren Umstände hier wohlfühlen, ist das Ergebnis eines „Marathons“, den die Mitarbeiter mit ihren Gästen jeden Tag gemeinsam bewältigen müssen. Kein Wunder, dass sich die Helfer auch einmal selbst feiern müssen. Das taten sie am Donnerstag beim Jahresempfang.

Tatsächlich glich der Empfang im Innenhof der Kinderklinik nicht einem offiziellen Empfang, sondern einem zwanglosen Familienfest. Keine Sitzreihen, keine Platzkarten, kein ellenlanges Programm. Stattdessen lockere Gespräche bei Sekt und Orangensaft in wechselnden Gruppen an kleinen Stehtischen. Wenn der Arbeitsalltag stressig ist, darf wenigstens der Jahresempfang gemütlich ausfallen.

120 Familien fanden ein „Zuhause auf Zeit“ im Ronald McDonald Haus

Einige kurze Reden gab es dennoch zu hören. Theresa Humer, die das Ronald McDonald Haus seit 2018 leistet, begrüßte die vielen Mitarbeiter und Gäste, die der Einladung gefolgt waren. „Wir sind froh und dankbar, dass Sie an unserer Seite sind“, sagte sie in Richtung aller. „Nur dank Ihnen können wir Kindern und Familien ein Zuhause auf Zeit bieten.“ Und es waren viele, die dieses Angebot annahmen. Laut Humer wurden 120 Familien im Jahr 2023 im Elternhaus untergebracht. In der Oase, dem ambulanten Wartebereich, wurden 2500 Familien betreut.

OB Jürgen Dupper verweigerte das Mikrofon, er sprach seinen Dank ganz ohne Hilfsmittel mit Stentorstimme aus: „Dieses Haus ist eine Einrichtung, die es wirklich wert ist, mit offenen Armen empfangen zu werden. Man braucht viele Frauen und Männer, die sich engagieren, damit es funktioniert.“ Gerade in Zeiten der Zentralisierung, „in denen die Wege immer weiter werden“, seien Ronald McDonald Haus und Oase besonders wertvoll.

Danach sprach Christian Bäcker, Direktor Kommunikation & Fundraising der McDonald’s Kinderhilfe Stiftung. Er bezeichnete das Ronald McDonald Haus und seine Oase als ein Vorbild für die 22 anderen Häuser dieser Art in ganz Deutschland: „Wir orientieren uns daran, denn was Sie hier geschaffen haben, ist etwas ganz Besonderes. Es ist ein Ort der Nähe, Geborgenheit und Gemeinschaft.“

Aus dem medizinischen Alltag berichtete Dr. Michael Zeller, Oberarzt der Neonatologie an der Kinderklinik Dritter Orden. „Wir betreuen Frühgeborene hier auf sehr hohem Niveau, und das braucht viel Technik und Zeit.“ Schließlich verbrächten viele Kinder und ihre Familien Monate hier. „Es ist kein Sprint, sondern ein Marathon, den wir hier gemeinsam laufen“, betonte Dr. Zeller. Am anstrengendsten sei der tägliche Lauf für die Eltern. „Wir haben Wochenenden und freie Tage, die Eltern nicht.“ Ihnen neben der Versorgung die nötige menschliche Zuneigung zu zeigen sei ein Kraftakt, „und der steht und fällt mit dem Team“.

Einer der wichtigsten Gäste sprach zuletzt. Michael Plöchinger war mit seiner Frau Franziska und seiner neun Monate jungen Tochter Paula zum Jahresempfang gekommen. Nicht um sich feiern zu lassen, sondern um sich zu bedanken. „Das Haus war unsere Sommerresidenz 2023“, berichtete er. Im Juni wurde bei Franziska Plöchinger eine Schwangerschaftsvergiftung diagnostiziert. Dreieinhalb Wochen lang wurde sie behandelt. Dann wurde die kleine Paula zur Welt gebracht, in der 34. Woche, also gut sechs Wochen zu früh.

„Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“

„Zum Glück haben wir einen Platz im Ronald McDonald Haus bekommen“, sagte der Neureichenauer, der so die „langen vier Wochen, eine gefühlte Ewigkeit“ mit Frau und Tochter verbringen konnte. Es eine schöne Zeit zu nennen, wäre übertrieben, es sei nicht leicht gewesen. „Aber wir waren überglücklich, dass wir so familiär hier aufgenommen wurden, etwas Besseres hätten wir uns gar nicht wünschen können. Man wird getröstet und kann selber anderen Trost spenden, die Ähnliches erleben.“

Vor allem ein Ratschlag sei Michael Plöchinger im Gedächtnis geblieben und habe ihm Kraft gegeben. Er schaute Dr. Zeller an, als er sagte: „Ein weiser Arzt hat mir gesagt: ,Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.‘“

Nachdem Plöchinger sich den längsten Applaus aller Redner abgeholt hatte, kehrten alle zurück zu ihren Tischen, zu Buffet und Sekt, zu Ratsch und Tratsch. Eine Stunde lang feierte sich das Ronald McDonald Haus noch selbst. Dann war Schluss. Schließlich stand am nächsten Tag – wie jeden Tag – der wieder ein Marathon an.