Plattling
PZ-Sommerinterview: Die Arbeit beim BRK-Tagwerk gibt Stephan Zißler (49) Kraft

03.08.2019 | Stand 18.09.2023, 3:53 Uhr

"Es macht mir Spaß, den Leuten etwas zurückzugeben", sagt Stefan Zißler über seine Arbeit im Lebensmittelladen des BRK-Tagwerks. Die Arbeit hilft ihm, seinem Alltag einen Sinn zu geben. Die Mitarbeiter verteilen dort Obst und Gemüse an Bedürftige. −Foto: Woipich

Stephan Zißler (49) lebt mit der Diagnose Schizophrenie, geht offen mit seiner Krankheit um und arbeitet im Lebensmittelladen des BRK-Tagwerks. Im PZ-Sommerinterview spricht er über den Druck einer Leistungsgesellschaft, fehlendes Verständnis und Stimmen in seinem Kopf.

Herr Zißler, Sie gelten als Frührentner und arbeiten beim BRK-Tagwerk – warum?
Zißler: Ich möchte nicht den ganzen Tag zu Hause sitzen. Das kann ich nicht. Das ist mir zu langweilig. Seit Januar 2009 arbeite ich nicht mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt. Ich bin vier halbe Tage in der Woche da, meistens vormittags für dreieinhalb Stunden und komme damit auf 14 Stunden in der Woche im Rahmen einer Beschäftigungstherapie.

Wie empfanden Sie die Zeit zuvor?
Zißler: Ich hatte Probleme mit der Psyche und war deshalb fast vier Monate im Bezirksklinikum Mainkofen. Die Zeit bis zur Frührente war nicht einfach. Davor habe ich ein halbes Jahr da und ein halbes Jahr dort gearbeitet, immer solange, bis der Arbeitgeber merkte, dass mit mir etwas nicht stimmt. Das war ein ziemliches Auf und Ab. Was arbeiteten Sie vor der Diagnose Schizophrenie?
Zißler: Ich war bei der Post. Durch die Medikamente, die ich wegen meiner psychischen Probleme nehmen musste, bin ich nicht mehr so fit gewesen, einfach langsamer und konnte mich schlechter konzentrieren. Das Problem ist halt, dass die Firmen viel verlangen und man viel leisten muss. Anscheinend hat das bei mir nicht mehr gereicht. Ich wollte es zunächst ja gar nicht glauben.

Sie konnten also nicht mehr so gut mithalten. Wie fühlten Sie sich dabei und wie reagierten die jeweiligen Arbeitgeber?
Zißler: Das ging sehr schlagartig. Mit 31 Jahren hatte ich zum ersten Mal eine Psychose. Es musste aber weitergehen, auch wenn ich danach nicht mehr richtig fit war. Ich wurde immer wieder ausgestellt, jedes Mal verbunden mit großer Enttäuschung.

Wie geht‘s Ihnen beim BRK-Tagwerk?
Zißler: Beim Tagwerk ist es nicht so stressig. Man kann sich auch mal hinsetzen und eine Pause machen mit den Kollegen. In einer normalen Firma regen sie sich schon auf, wenn man mal eine Zigarette raucht. Das ist halt hier nicht so. Hier läuft es bei weitem ruhiger ab. Ich kann mir auch vorstellen, dass bei der Schnelligkeit in unserer heutigen Arbeitswelt mehr Menschen an psychischen Erkrankungen leiden als früher.

Das komplette Interview, geführt von Sarah Woipich, lesen Sie in der Samstagsausgabe, 3. August, Ihrer Plattlinger Zeitung.